Prestige-Faktor Wein

Kein anderes Genussmittel hat einen so hohen Stellenwert in der heutigen Gesellschaft wie der Wein. Und zu keiner Zeit waren so viele Menschen fasziniert davon, was gehobene Weinkultur zu bieten hat.

Das Produkt Wein wird immer mehr zu einem echten Prestige-Faktor, der in der Lage ist, das soziale Ansehen des Konsumenten zu erhöhen. Und dabei muss man keineswegs an die völlig überzogenen Preise denken, die chinesische Spekulanten auszugeben bereit sind, um sich gegenseitig zu übertrumpfen. Gerade in unseren Breiten hat sich die kultivierte Befassung mit guten Weinen zu einer Frage des Lebensstils entwickelt, an der nicht nur die Reichen und Schönen, sondern relativ breite Bevölkerungsschichten teilnehmen.

Besonders bemerkenswert daran ist, dass die tatsächlich Weininteressierten immer jünger werden. Die Zahl der Zwanzig- bis Dreißigjährigen, die zu Weinpräsentationen kommen und sich auf den Weg machen, um Winzer und Weingüter persönlich zu besuchen, nimmt merklich zu.

Neue Generation
Was veranlasst aber die Menschen dazu, sich immer mehr im Detail für Wein zu interessieren? Die Antwort liegt in der gesellschaftspolitischen Karriere, die das Produkt an sich, aber auch seine Hersteller in den letzten Jahrzehnten hingelegt haben. Eine völlig neue Generation von Weinproduzenten ist die Grundlage dieses regelrechten Booms. Aus Weinbauern im Rustikal-Look sind welt­gewandte Winemaker und Marketingspezialisten geworden, die es sehr gut verstehen, ihre Erzeugnisse zeitgemäß zu präsentieren. Diese neue Generation ist bes­tens ausgebildet und weiß auch um die Bedürfnisse ihrer jungen Klientel bestens Bescheid. Die Preispolitik und die Verpackung spielen eine Rolle, aber auch das Image des Winzers als ­Persönlichkeit ist von großer Bedeutung.

Leo Hillinger legt auf modernes Ambiente Wert / Foto: beigestellt

Der Weinfreund kauft einen Wein von Winzerpersönlichkeiten, die er schätzt, aber auch um jenen etwas zu sagen, mit denen er den Wein gemeinsam genießt. Oft ist der Erzeugername für das Prestige des Konsumenten daher wichtiger als die Rebsorte des Weins. Kaufte man früher noch seinen ganzen Jahresbedarf bei einem Winzer des Vertrauens, so wird heute spielerisch von einem interessanten Erzeuger zum nächsten gewechselt.

Zugehörigkeit
Nicht zu unterschätzen sind Promotoren des unkomplizierten Weingenusses wie Leo Hillinger, der breite Schichten eines jungen Weinpublikums durch seine zahlreichen media­len Aktivitäten längst als »Kultwinzer« anspricht und dadurch erreicht, dass sich seine Weine entsprechenden Zuspruchs erfreuen. Mit der Wahl eines Weins kann ein Konsument auch im positiven Sinne seine Zugehörigkeit zu einer gesellschaftlichen Gruppe ausdrücken, die im Fall ­Hillingers vielleicht »jung, welt­offen, sportlich« heißen könnte. Konsumenten, die vermehrt auf Weine aus biodynamischen Trauben setzen, werden möglicherweise eher philosophische Gedanken für ihre Wahl ins Treffen führen, sich mehr für Nachhaltigkeit und Natürlichkeit interessieren als andere.

Wein & Co als Pionier
Was aber die Bedeutung des Qualitätsweins in Österreich wesentlich beeinflusst hat, ist der unkomplizierte Zugang zu einer breiten Vielfalt an Weinen. Es ist das Verdienst der ­österreichweit vertretenen Weinhandelsgruppe Wein & Co, vielen an Wein Interessierten die Schwellenangst genommen und ihnen ermög­licht zu haben, sich einfach an die Produkte aus aller Welt heranzutrauen. Hier stand dem Weinsortiment stets ein Schulungsangebot ­hilfreich zur Seite. Statt Respekt einflößender, in graue Arbeitsmäntel gehüllter Vinothekare, die nur im äußersten Notfall geneigt sind, ihr möglicherweise vorhandenes Fachwissen mit dem devoten Kunden zu teilen, bietet Wein & Co eine Schar junger, aufgeschlossener Kundenberater auf, bedient seine Kundschaft mit einer großen Zahl unkompliziert und leicht verständlich gehaltener Broschüren und investiert in eine informative Homepage.

»Die Zeit des  Etikettentrinkens ist vorbei« - Wein & Co CEO Heinz Kammerer im Interview

Breites Angebot
Zu einer weiteren Demokratisierung führen die sehr guten Sortimente der führenden Lebensmittelhändler, ja selbst Diskonter wie Hofer halten einem kritischen Blick in diesem Segment mit Bravour stand, und wenn man sich die Liste der Lieferanten ansieht, stößt man wieder auf die bekannten Namen wie Hillinger & Co. Eine wachsende Anzahl von attraktiven Gebietsvinotheken löst immer öfter den direkten Besuch beim Winzer ab. Diese regionalen Weinläden bieten die Weine heute meist ebenso zum Ab-Hof-Preis an und machen das Angebot wesentlich besser vergleichbar. Es ist für den Konsumenten nicht mehr nötig, sich bei den wenigen noch immer hoch­näsigen Zuteilern unter den Spitzenwinzern eine persönliche Abfuhr zu holen, wenn man den gleichen Wein im Handel einfach aus dem Regal nehmen und in den Einkaufskorb legen kann.

Im Keller des Palais Coburg ruht einer der weltgrößten W­einschätze / Foto: beigestellt

Dank des heute umfassenden Angebots an Weinen und des einfachen Zugriffs stellt die ­Versorgung keine Hürde mehr dar. Was nun, nachdem das Interesse an der Materie geweckt worden war, als nächster Schritt folgte, konnte man so nicht erwarten. Das Weininteresse endet heute nicht mehr beim Konsum, sondern sehr viele wollen zusätzlich ihr Wissen rund um ihr Lieblingsthema erweitern.

Weinwissen ist gefragt
Einsteigerkurse, die die Grundzüge des Weinwissens vermitteln, sind genauso ausgebucht wie jene, die bereits profunde Vorkenntnisse in der Materie verlangen. Die Weinakademie Österreich verzeichnet bereits seit Jahren eine wachsende Nachfrage und kommt mit der Eröffnung neuer Exposituren kaum nach. Österreichs oberster Weinlehrer und Chef der Weinakademie, Dr. Josef Schuller, MW: »Das Bedürfnis nach mehr Wissen rund um den Wein findet man heute quer durch alle ­sozialen Schichten und Altersgruppen. Die Weinakademie bietet allen Interessierten passende Kurse an.« Ausgehend vom britischen Ins­titute of Masters of Wine werden in vielen Ländern Weinkurse durchgeführt, die mit Dip­lomen des WSET (Wine & Spirits Education Trust) zertifiziert werden, und in diesen Kursen sitzen keineswegs nur Menschen, die professionell mit dem Thema Wein zu tun haben. Der überwiegende Teil studiert aus Leidenschaft und in seiner Freizeit.

»Der Wein lebt« – Christian Thielemann im Falstaff-Interview

Den gesamten Artikel inklusive Österreichs Top 10 Weine mit Kultpotenzial und den Top 10 gesuchtesten Weinen des Landes sowie einem ausführlichen Teil zum Thema »Verkosten wie die Profis« lesen Sie im Falstaff Nr. 7/2011 - Jetzt im Handel!

Text von Peter Moser

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