Plötzliches Aus für das Restaurant »Vincent«

Investor Haselsteiner zieht sich überraschend zurück - die Mannschaft will weiter machen.

Die Top-Gastronomie ist ein hart kalkuliertes Geschäft. Hoher Wareneinsatz und enorme Personalkosten – zusammen rund 80 Prozent des Umsatzes – sind eine Herausforderung für jeden Betreiber. Zuletzt lief jedoch wieder alles rund im Vincent. Nach erfolgreich abgeschlossenem Insolvenzverfahren und dem Rückzug von Patron Frank Gruber im März diesen Jahres schien wieder Stabilität in das mit drei Hauben, drei Falstaff-Gabeln sowie einem Michelin-Stern dekorierten Traditionslokal in der Wiener Leopoldstadt eingekehrt zu sein. Die Buchungslage war hervorragend. Mit der Familie Haselsteiner wurde ein potenter Investor gefunden. Junior Johannes Haselsteiner sollte sich als Geschäftsführer um das Tagesgeschäft kümmern. Maitre Mario Raaber, Kompetenzzentrum in Sachen Speis und Trank, charmierte in bewährter Weise die Gäste. Und der umtriebige Koch Alexander Mayer konnte seinen kompromisslosen Qualitäts- und Produktfetischismus kreativ ausleben.

Schlussakt
Doch nun ist plötzlich wieder alles anders: Die Familie Haselsteiner zieht sich aus nicht genannten, wohl persönlichen Gründen, zurück. Das Vincent schließt noch diese Woche für unbestimmte Zeit seine Pforten. Eine kuriose Situation laut Mario Raaber: »Der Mai war ein unerwartet guter Monat für uns. Am heutigen Freitag und am Samstag sind wir völlig ausgebucht.« Die Mannschaft will bleiben, ein neuer Betreiber wird gesucht.

Rückblende
Das »Vincent« hat eine wechselvolle Historie hinter sich. Im Jahr 1973 – der zweite Bezirk galt damals als kulinarische Wüste – von Frank Gruber als Studentenlokal gegründet, vollzog man ab den frühen 1990er-Jahren einen radikalen Schwenk Richtung Gourmet-Restaurant mit französisch-inspiriertem Einschlag. Meinrad Neukirchner eroberte erst eine, dann zwei, schließlich drei Hauben, große Namen wie Harald Riedl, Oliver Hoffinger und Peter Zinter werkten in der Küche. Seit Herbst 2013 steht Alexander Mayer am Herd, der begnadete Sommelier und Restaurantleiter Mario Raaber ist schon Jahrzehnte an Bord. Trotz vielfacher Auszeichnungen blieb der wirtschaftliche Erfolg aus, weshalb im Herbst 2014 ein Insolvenzverfahren eingeleitet werden musste. Nach erfolgreicher Abwicklung desselben war Hans Peter Haselsteiner als Geldgeber eingestiegen. Auch das ist nun wieder Geschichte. Am Samstag 13. Juni hat das »Vincent« wie wir es kennen zum letzten Mal geöffnet.

(Marko Locatin, Bernhard Degen)

Vincent
Große Pfarrgasse 7
1020 Wien
T: +43/(0)1/214 15 16
Di.–Sa. ab 17.30 Uhr
www.restaurant-vincent.at