Spezialitäten aus dem Hause Gerstner

Spezialitäten aus dem Hause Gerstner
© Bill Lorenz

Opernball: Süßes Taumpaar

Bereits als die Wiener Staatsoper anno 1869 ihre Pforten öffnete, servierte k. u. k. Hoflieferant
Anton Gerstner die passenden Häppchen zur Pause. Eine Erfolgsgeschichte à deux.

Anton Gerstner war gerade einmal zwanzig Jahre alt, als es das Schicksal so richtig gut mit ihm meinte: Im Rahmen der Weltausstellung in Paris 1867 räumte der Wiener Zuckerbäcker einen Preis nach dem anderen ab, sodass sich auch die Wiener Gesellschaft mehr und mehr nach den kulinarischen Krea­tionen des Müllersohns sehnte.

Als schließlich 1869 die Wiener Staatsoper feierlich eröffnet wurde, war es kein Wunder, dass der Kaiser höchstselbst Gerstner – zu dem Zeitpunkt bereits Lieferant des Hofes – damit beauftragte, das dazugehörige Pausen-Buffet zu bespielen. Immerhin haben uns Werke wie »La Tra­viata« und »Don Giovanni« gelehrt: Oper, Essen und Trinken gehören einfach zusammen. »Erfrischungen«, so heißt es im Jahrbuch des k. k. Hofoperntheaters zu Beginn, »werden in den Zwischenakten aus der Theater-Konditorei des Herrn Gerstner verabreicht. Das Foyer und die Loggia, im ersten Stock der Ringstraße zu gelegen und mit einem Konditorei-Buffet versehen, sind zum Gebrauch des Logen-, Parquet- und Parterrepublikums bestimmt ...«

Opernball nach der Wiedereröffnung der Wiener Staatsoper.
Foto beigestellt
Opernball nach der Wiedereröffnung der Wiener Staatsoper.

Ab 1877 oblag Anton Gerstner, mittlerweile kaiserlich-königlicher Hofzuckerbäcker, die kulinarische Gestaltung aller Empfänge und Soireen in der Wiener Staatsoper. 1921 belieferte er die erste Staatsopernredoute, 1935 die erste Veranstaltung unter dem offiziellen Namen »Wiener Opernball«. Und wie die Oper ging auch Gerstner, der eine Reihe gekrönter Häupter im Haus am Ring bewirtete, stets mit der Zeit. Heute beispielsweise muss kein Opern­besucher die lange Schlange vor dem Buffet mehr fürchten – mittels App können kulinarische Leckerbissen für die Pausenbuffets bis fünf Minuten vor Vorstellungsbeginn vor­bestellt werden.

Ihre Bestellung, bitte! Menü-Karten vom Buffet sind heute fast obsolet – inzwischen können Snacks auch per App bestellt werden. Rechts: eine alte Menü-Karte vom Opernball anno 1961. Damals gab's ein Mayonnaise-Ei um 12 Schilling, Preblauer um zehn.
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Ihre Bestellung, bitte! Menü-Karten vom Buffet sind heute fast obsolet – inzwischen können Snacks auch per App bestellt werden. Rechts: eine alte Menü-Karte vom Opernball anno 1961. Damals gab's ein Mayonnaise-Ei um 12 Schilling, Preblauer um zehn.

Ganz so einfach läuft es am Opernball freilich nicht, weiß Oliver W. Braun, heute Gerstner- Geschäftsführer: »Ein Theatergebäude wie die Staatsoper ist eigentlich nicht für Ballveranstaltungen konzipiert – enge Wege, Gäste auf mehreren Etagen und wenig Platz sind eine enorme Herausforderung.« Umso mehr, als im Zuge einer rauschenden Ballnacht in einer einzigen Opernball-Loge bis zu 400 Gläser geleert werden. 40.000 Gläser, 5.000 Besteckteile und 600 Sektkübel müssen bereitstehen. Drei Sattelschlepper braucht es, um 27 Tonnen Speisen, Getränke und Equipment anzuliefern. Erfahrung ist unverzichtbar, will man ein so komplexes Bankett organisieren.

Aber Gerstner schöpft ja aus eineinhalb Jahrhunderten Praxis im Staatsopern-Catering. Und kredenzt heuer unter anderem in der Crystalbar und im Mahler-Saal Häppchen wie getrüffelte Chips von der Violetta im Stanitzel, Beef Tatar mit grünem Spargel oder frische Austern.

Erschienen in
Opernball Spezial 2019

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Ursula Macher
Ursula Macher
Chefredakteurin
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