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ÖTW: Lagen mit Tradition

Österreichische Traditionsweingüter: Seit 1992 ist es ihre Aufgabe Weinberglagen zu klassifizieren. Dadurch konnten jene Terroirs identifiziert werden, die heute als »ERSTE LAGEN« bezeichnet werden.

Michael Moosbrugger, Obmann der Österreichischen Traditionsweingüter, erklärt den Masterplan ­der Lagen-Klassifikation: »Nicht überall, wo Reben gepflanzt sind, wächst die gleiche Qualität heran. Es ist eine alte Weisheit unter Winzern, dass es Weinberge gibt, die – bei sorgfältiger Pflege – konstant jedes Jahr außergewöhnliche Weine hervorbringen, während anderswo vielleicht nur gute oder mittelmäßige Weine entstehen. Einige Parameter, die einen he­rausragenden Weinberg ausmachen, sind uns bekannt. Man kann sie aber nicht isoliert betrachten, denn ein karger Boden alleine etwa macht noch lange keinen großen Wein.« Wesentlich sei immer das Zusammenspiel aus Bodenstruktur, Niederschlagsmenge, Luftströmungen, Exposition, Hö­­henlage und natürlich der Temperaturentwicklung im Laufe des Jahres und insbesondere zwischen Tag und Nacht. »Es war uns Menschen bisher nicht möglich, einen wissenschaftlich fundierten Vergleich und eine Bewertung der Terroirs dieser Welt zu erstellen. Die Winzer allerdings, und insbesondere jene, die seit Generationen am gleichen Ort im Weinbau tätig sind, wissen, in welchen Lagen Jahr für Jahr stets die besten, langlebigsten, finessenreichsten und charakterstärksten Weine entstehen. Auf Basis dieser Überlegungen wurde im Jahr 1992 der Verein der Österreichischen Tra­ditionsweingüter gegründet. Zielsetzung war, ebendiese herausragenden Weinbergs­lagen im Donauraum zu klassifizieren, um dem Konsumenten eine Orientierungshilfe in der großen Vielfalt der Weine dieser Welt zu geben.«

Der Verein Österreichische Traditionsweingüter zählt heute in der Region Donau bereits 36 Mitglieder.
© Herbert Lehmann
Der Verein Österreichische Traditionsweingüter zählt heute in der Region Donau bereits 36 Mitglieder.

Seit 2011 wächst die ÖTW-Familie

Rund zwanzig Jahre lang haben die Mitgliedsbetriebe ihre Weine aus den Lagen entlang der Donau in den Weinbaugebieten Kamptal, Kremstal, Traisental und Wagram zunächst gemeinsam beobachtet und ihre Entwicklung genau und kritisch analysiert. Das Ergebnis dieser Untersuchungen wurde mit der »Klassifikation 2010« vorgestellt, in der 53 Weingärten als »Erste Lagen« gekennzeichnet wurden. In den kommenden Jahren soll dieser Prozess weiter verfeinert und verifiziert werden. Das heißt, dass sich manche Weingärten als bedeutend he­rauskristallisieren und andere sich vielleicht langfristig nicht bewähren. Seit 2011 wird auch der Kreis der an der Klassifikation mitarbeitenden Betriebe sukzessive erweitert. Der erste Schritt war die Klassifikation der »ERSTEN LAGEN«. Die Klassifikation der »GROSSEN LAGEN« wird dann be­­gonnen, wenn die Klassifikation der »ERSTEN LAGEN« abgeschlossen ist. Daher versteht sich auch die Klassifikation als ­»Work in Progress«, die sich noch die nächsten Jahre – wenn nicht Jahrzehnte – hinziehen wird. Langfristiges Ziel ist es, die Klassifikation im Weingesetz zu verankern. In der aktuellsten »Klassifikation 2018« sind es bereits insgesamt 60 Weinlagen, die vom Verein mit dem Prädikat »ÖTW ­ERSTE LAGE« ausgezeichnet wurden. Dabei handelt es sich – wie auch bei der DAC-Regelung – ausschließlich um die beiden traditionellsten Sorten im Donauraum, Grüner Veltliner und Riesling, jeweils in trockener Stilistik. Im Jahr 2018 haben sich zwei weitere Regionen den ÖTW angeschlossen. In Wien sechs Weingüter und in Carnuntum 20. Damit sind es nun insgesamt 62 Mitglieder.

Michael Moosbrugger ist Obmann der Österreichischen Traditionsweingüter.
© Regina Hügli
Michael Moosbrugger ist Obmann der Österreichischen Traditionsweingüter.

Erste Lage – Charakter und Eigenständigkeit

Betrachtet man den Aufbau der Appella­tionsstruktur, die im Herkunftsbezeichnungsmodus DAC bereits für das Kamptal, Kremstal und Traisental umgesetzt ist, dann kann man die Weine in die drei Kategorien Gebietswein, Ortswein und Riedenwein unterteilen, wobei Letzterer die Spitze der Qualitätspyramide darstellt. Die eigenständigsten und charakterstärksten Rieden ­wurden von den Traditionsweingütern als »ERSTE LAGEN« definiert, sie machen etwa 15 Prozent dieses Spitzensegments aus.
Die für die Zukunft geplanten »GROSSEN LAGEN« werden etwa fünf Prozent des Topsegments ausmachen. Neu erarbeitet wurde auch das Booklet zur Lagen-Klassifikation, das mit vielfältigen Informationen zu den 60 »ERSTEN LAGEN« aufwartet – dieses kann man bei allen Mitgliedsbetrieben beziehen. Insgesamt wurden bei der diesjährigen Verkostung nicht weniger als 143 Weine mit der Klassifikation »ERSTE LAGE« aus 2017 vorgestellt. Am Vorabend der Präsentation wurden für die aus aller Welt angereisten Fachjournalisten auch gereiftere Weine gezeigt. Ausgewählte Grüne Veltliner sowie Rieslinge aus den beiden Jahrgängen 2013 und 2008 zeigten das Reifepotenzial der auf »ERSTEN LAGEN« gewachsenen Kreszenzen auf. Falstaff hat die Verkostung dokumentiert, Sie finden die Notizen im Tastingbereich dieser Ausgabe.

Erschienen in
Falstaff Nr. 07/2018

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