Claus Preisinger erntet seine Pinot-Noir-Trauben auf der Parndorfer Platte, wo es kühler ist als auf den Abhängen zum Neusiedler See.

Claus Preisinger erntet seine Pinot-Noir-Trauben auf der Parndorfer Platte, wo es kühler ist als auf den Abhängen zum Neusiedler See.
© Hans Schubert

Österreichs Pinot Noir – Die Rote Diva

Pinot Noir gilt als besonders kapriziös, sowohl im Weingarten als auch im Keller – für jeden Winzer eine Herausforderung. Und doch werden in Österreich hervorragende Pinots gemacht. Eine Auswahl.

Pinot Noir oder Blauburgunder zählt in den heimischen Rebbergen zu jenen Sorten, mit denen man die längste Erfahrung hat. Und dennoch ist die Zahl der Winzer, die sich ernsthaft mit ihr befassen, stets eine kleine Minderheit geblieben.
Die Legende besagt, dass die Zisterziensermönche bereits Ende des 14. Jahrhunderts in ihren Weingärten unweit von Gumpoldskirchen Pinot Noir kultiviert haben, eine Urkunde aus 1394 soll diese Mär belegen. Sicherlich wurden im Laufe der Jahrhunderte immer wieder neue Versuche unternommen, dieser edlen Sorte auch in unseren Breiten zum Durchbruch zu verhelfen, man hatte aber mit dem Ergebnis nicht immer Grund zur Freude.
Auch für die Weinliebhaber ist diese ka­priziöse Sorte eine Herausforderung, denn einen einheitlichen österreichischen Stil in Sachen Pinot Noir gibt es nicht. Das wundert wenig, wenn man sich die Herkunft der Weine vor Augen führt. Blauburgunder wird nämlich in allen heimischen Anbaugebieten – nur die Weststeiermark bildet eine Ausnahme – auf insgesamt rund 600 Hektar erzeugt. Das bedeutet regional bedingt höchst unterschiedliche Böden, Kleinklimata und dazu noch allerlei höchstpersönliche Stilansprüche der Winzer selbst. Die tatsächliche Gemeinsamkeit der den Blauburgunder kultivierenden Winzer ist, dass sie alle den Pinot Noir als ihren absoluten Herzenswein anführen, und dass ihr persönlicher Lieblingswein mit großer Sicherheit im Burgund wächst, und zwar völlig unabhängig davon, ob ihr Produktionsschwerpunkt bei Weiß- oder Rotwein liegt.
Nur wahre Burgunderliebhaber werden auch wirklich guten Pinot Noir erzeugen. Falstaff richtete an die besten Produzenten von Blauburgunder die Frage, welche Folgen der unübersehbare Klimawandel für den Pinot Noir in Österreich mit sich bringt und ob man sich von der Idee der »Cool Climate«-Stilistik langsam, aber sicher verabschieden muss.

In den veränderten Bedingungen sieht Paul Achs aus Gols tatsächlich eine echte Herausforderung, da Pinot Noir eine sehr frühe Sorte ist und es bei der Lese Ende August, Anfang September sehr heiß sein kann. Dann geht es mit der Reife zu schnell und die Eleganz leidet, wenn die Trauben zu warm gelesen werden. »Auch wenn Gols das wärmste Gebiet in Österreich hat, haben wir eine Durchschnittstemperatur von 11°C, und damit sind wir immer noch auf der kühleren Seite.« Michael Malat sieht die Sorte langfristig weiter nordwärts und in kühlere Gebiete wandern. »Nachdem es in Österreich noch genügend Fläche in diesen Gebieten gibt –wie etwa das nördliche Weinviertel –, sind die Voraussetzungen zumindest einstweilen noch einige Zeit gewährleistet.« Gerhard Markowitsch relativiert diese Vorstellung: »Man muss auch nachdrücklich sagen, dass Kühle alleine viel zu wenig ist. Wie wir aus Erfahrung wissen, haben wir heute geraden in warmen Jahren die besten Ergebnisse – auch beim Pinot Noir. Und ja, wenn kühle Lagen wahrscheinlich mehrheitlich in Niederösterreich mit idealen geologischen Bedingungen gefunden werden, kann man mit Sicherheit neue Gebiete erschließen.«
In den wärmeren Gefilden wird viel von der Art der Bewirtschaftung abhängen, wie Claus Preisinger aus Gols unterstreicht: »Man wird einige wichtige Parameter wie gezielte Biodynamie, Laubwandmanagement, Ertrag, Bodenbewirtschaftung, Vergärung und auch den Ausbau ändern müssen, um Frische und Frucht zu gewährleisten. Wer smart im Weingarten arbeitet, wird auch zukünftig mit ansprechenden Pinots belohnt werden.«
Die Frage über die zukünftige Weiterentwicklung des Pinot Noirs beantworten Österreichs beste Winzer unisono vorsichtig positiv, wobei sie unterschiedliche Argumente ins Treffen führen. Etwas mehr Blauburgunder kann sich Michael Malat aus Palt vorstellen, weil das Konsumentenverhalten eher zu alkoholärmeren, eleganteren Weinen tendiert.
Paul Achs hält dem entgegen, Pinot sei »keine massentaugliche Sorte, dafür ist die Farbe zu hell und die Tannine zu leicht«. Einigkeit herrscht darüber, dass Blauburgunder keine Zukunft als preiswerter Alltagswein hat. Wo Genuss statt Menge im Vordergrund steht, wird es funktionieren, mit einer »Geiz ist geil«-Philosophie sicher nicht, wie Karl Schnabel aus der Südsteiermark anmerkt.

Punkten kann man mit hochwertigen Pinots im Export, wo man an entsprechende Preise gewöhnt ist und eine kühle, frischere Stilistik schätzt. Claus Preisinger exportiert rund 70 Prozent seines Pinot Noirs: »Die Sorte kann ein Türöffner zu gewissen Märkten sein, die mit den typisch österreichischen Rotweinsorten noch nicht so viel anfangen können.« Auch Gerhard Markowitsch sieht den Pinot als Exportsorte: »Die Rebfläche wird konstant bleiben bis leicht ansteigen. Da Pinot Noir extreme Terroiransprüche stellt, wird sich in naher Zukunft nicht sehr viel ändern.« Fritz Wieninger, der seit Jahren mit seinem Grand Select zeigt, was Wien in Sachen Pinot Noir zu bieten hat, ergänzt: »Am Markt ist eine gewisse Sättigung des Bereichs ›dicker, fetter Rotwein‹ zu bemerken, die Tendenz geht eher Richtung mehr Feinheiten und Eleganz, daher bin ich klar davon überzeugt, dass wir eher ein Wachstum sehen werden.
Pinot Noir fordert dem Winzer sehr viel Wissen, aber auch Einfühlungsvermögen ab und wird sich daher nur bei den Profis nachhaltig verbreiten können.« Warum sich immer wieder Winzer finden werden, die sich mit ganzem Herzen für Pinot Noir engagieren, fasst Hannes Reinisch vom Johanneshof in der Thermenregion zusammen: »Pinot Noir ist eine Diva und zählt zur Königsdisziplin unter den Rotweinrebsorten. Du brauchst ein halbes Leben, um sie ein bisschen zu verstehen, und das hält bestimmt sehr viele Winzer davon ab, sich mit dieser Rebsorte zu beschäftigen. Sie verzeiht keinen Fehler, egal ob im Weingarten, im Keller, aber auch beim Gast, wo das richtige Glas und die passende Temperatur viel ausmachen. Wenn alles zusammenpasst, gibt es kein schöneres Trinkerlebnis als Weine dieser Rebsorte zu genießen.«
Oder wie Karl Schnabel sagt: »Solche Weine sind Abenteuer pur, auch für den Genießer, da erspart man sich den Kinobesuch.« Heinrich Hartl aus der Thermenregion erhofft sich deshalb zukünftig einen stärkeren Fokus auf das Terroir: »Mein Traum ist, unseren Kunden mehrere Lagenweine dieser Sorte anbieten zu können und ihnen somit, wie im Burgund üblich, die beeindruckende Bandbreite von Pinot Noir, geprägt durch die Herkunft, verkostbar zu machen.«
Fazit: Österreichs Pinot-Noir-Spezialisten werden auch in Zukunft viel Herzblut in die Entwicklung ihrer Lieblingssorte stecken, die Weinfreunde werden es ihnen mit Treue danken.

Erschienen in
Falstaff Nr. 01/2019

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Peter Moser
Peter Moser
Wein-Chefredakteur Österreich
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