Nach Ebbe die Flut - die Gourmetszene erholt sich

2010 war in Wien ein gastro­no­misches Schrumpfjahr. 2011 scheint für Gourmets ungleich nahrhafter - eine Zusammen­fassung der wichtigsten Highlights.

Die beiden sind eigentlich befreundet und fühlen sich auf einer Wellenlänge: die Spitzenköche Joachim Gradwohl und Silvio Nickol. »Wir kommen gut miteinander aus«, sagt Nickol, und Gradwohl ergänzt: »Wir sehen uns gar nicht so sehr als Kon­kurrenten.« Schön gesagt. Doch ausgerechnet die zwei befreundeten Herdkünstler werden 2011 die Küchenmesser wetzen und gegeneinander in eine hitzige Schlacht ziehen. Denn beide treten im Frühjahr ihren neuen Job an und gelten durch ihre bisherige Performance als mögliche Anwärter für einen dritten Michelin-Stern. Gradwohl war jahrelang Küchenchef im »Meinl am Graben« und wird künftig im Hotel Shangri-La am Schubertring ein Gourmetrestaurant führen. Und Silvio Nickol, Schüler von Harald Wohlfahrt und ehemaliger Küchenchef im »Schlossstern« in Velden, ist als zukünftiger Küchenchef für ein neues Restaurant im Wiener Palais Coburg vorgesehen.

Kulinarischer Rückblick 2010
Es schien nämlich einige Zeit so, als sei die Luft in der Wiener Top-Gastronomie reichlich dünn geworden. Zuerst verließ der jahrelang gefeierte Reinhard Gerer das »Korso« – heute ein belangloses Hotelrestaurant. Dann machte das »Palais Coburg« mit Starkoch Christian Petz dicht, gefolgt vom »Mörwald im Ambassador«, und zuletzt verließ auch noch der hoch talentierte Küchenchef Joachim Gradwohl das Restaurant »Meinl am Graben« – heute ebenfalls ein eher durchschnittliches Lokal, das vorwiegend von Touristen fre­quentiert wird. Fazit: In der Top-Liga ragte plötzlich als einzige Adresse nur noch das »Steirereck« im Stadtpark heraus – für eine Großstadt ein ziemlich mageres Angebot.

Interessante Neuzugänge
Mit dem neuen »Sofitel Vienna Stephansdom« am Donaukanal, direkt gegenüber dem  neuen »Motto am Fluss«, wird der ­erste Paukenschlag gesetzt. Denn für die Küche des ­Restaurants »Le Loft« im 18. Stock konnte der Elsässer Drei-Sterne-Koch An­toine Wes­termann verpflichtet werden. Der Großmeister, der seinen Namen mit Erfolg in der ganzen Welt vermarktet, gibt dabei allerdings nur die Linie vor. Für die Küchenleitung und damit für die tägliche Arbeit am Herd ist Raphael Dworak verantwortlich.

Anfang 2011 wird Tafelspitz- koryphäe Mario Plachutta mit seinem sechsten Lokal ins Rennen gehen. In der Walfischgasse nahe der Oper werden ­deshalb gerade die ehemaligen Gasthäuser »Paulus- stuben« und »Königsbacher« zu einem neuen Rindfleischtempel umgebaut. Dazu äußert sich Plachutta gegenüber Falstaff erstmals etwas konkreter: »Von der Anmutung her dient uns mein Hietzinger Lokal ›Mario‹ als Vorbild, allerdings werden wir keine mediterrane, sondern eine Wiener Küche anbieten. Das werden alle Wiener Klassiker sein, aber auch Gerichte wie Grammelrisotto, Gabelbissen in Schweinshaxerlsulz, Steaks und auch leichte Sachen.«

Palais Schwarzenberg mit Toni Mörwald
Seit Langem angekündigt ist auch die Wiederbelebung des Palais Schwarzenberg durch Scheich Al Jaber. Der Kopf der JJW-Gruppe, zu der auch das Grand Hotel Wien und das Hotel »The Ring« gehören, hat schon vor geraumer Zeit die Nutzungsrechte für das längst in die Jahre gekommene Palais Schwarzenberg erworben. Im Multigastronomen Toni Mörwald hat der Scheich einen umtriebigen Fachmann für alles Kulinarische und damit auch für das ­geplante Luxusrestaurant an seiner Seite. Da der Umbau allerdings noch gar nicht ­begonnen hat, wird sich der ursprüngliche Eröffnungstermin im Jahr 2011 wohl kaum ausgehen. Toni Mörwald knapp: »Vor 2012 ist mit einer Eröffnung nicht zu rechnen.«

Koch des Jahres mit neuen Luxusrestaurant
Für das wohl spektakulärste Projekt in den Bundesländern sorgt Hermann Döllerer. Döllerer, der vor ­einiger Zeit zwei Nachbarhäuser ­neben seinem Genießerhotel im Zentrum Gollings erworben hat, will in einem davon ein ganz neues Luxusrestaurant der Superlative errichten lassen. Umgebaut wird Ende 2011, eröffnet werden soll im Frühjahr 2012. Döllerer: »Es wird ein hochmodernes Lokal. Dort soll mein Sohn Andreas seine kreative Küche noch besser verwirklichen können.«

Den vollständigen Text lesen Sie im Falstaff Nr. 8/2010

Text von Herbert Hacker

Foto von Ingo Pertramer

Herbert Hacker
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