Franz Höllhuber ist einer der Pioniere in Oberösterreich.

Franz Höllhuber ist einer der Pioniere in Oberösterreich.
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Most - die Essenz der Streuobstwiesen

Oberösterreichischer Most liegt im Trend: Ob Cider, reinsortiger Most oder liebliche Cuvées - die Vielfalt scheint grenzenlos.

Florianer Rosmarin, Rheinischer Bohnapfel, Winawitzbirne oder Schmalzbirne – beim Most wird die Sorte immer wichtiger. Eines der Lieblingsgetränke der Österreicher erlebt gerade eine Entwicklung wie der Wein vor dreißig Jahren: Die Qualität wird immer besser, das Wissen der Konsumenten fundierter und das Angebot differenzierter. Oberösterreich steht an der Spitze der neuen Mostqualität. Über eine Million Streuobstbäume werden von den Bauern bewirtschaftet, die rund 110.000 Tonnen Äpfel und Birnen ernten. Ein guter Teil der Bäume ist hundert Jahre und älter. 
Die Geschichte des Mosts reicht bis in die Anfänge von Ackerbau und Viehzucht in der Jungsteinzeit zurück. Bildhaft gesprochen, kann es also durchaus sein, dass schon »Ötzi« vergorenen Obstsaft getrunken hat. Im Mittelalter war Most Haustrunk der Bauern; Adel und Bürgertum tranken hingegen Wein. Heute holt Most kräftig auf und hält Einzug in der heimischen Spitzengastronomie.
Neben trendigen Produkten wie dem Cider sind es vor allem die traditionellen »Mischlinge«, also Cuvées aus Äpfeln und Birnen wie die von Höllhuber im Steyrtal, die den oberösterreichischen Most so gschmackig machen. Als Turbo auf dem Weg zu höherer Qualität kann die »Culinarix«-Qualitätsmostprämierung angesehen werden – ein Preis des Landes Oberösterreich, der erstklassige Qualität auszeichnet und die Wettbewerbsfähigkeit steigert.
Zur Jause in einer traditionellen Mostschank schmeckt der Most aber noch immer am besten. Was Oberösterreich zum Land der »Mostschädeln« macht, ist aber nicht nur das vielschichtige Angebot, sondern auch der Pro-Kopf-Verbrauch. Während der österreichweite Mostkonsum bei 1,28 Litern liegt, trinken die »erwachsenen Oberösterreicher« statistisch gesehen 3,5 Liter Most im Jahr.

Natur pur: Klaus Bauernfeind fertigt Most aus dem Obst seines »Köglerhofs«.
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Natur pur: Klaus Bauernfeind fertigt Most aus dem Obst seines »Köglerhofs«.

Moderner Most

Den neuen Most-Boom begründeten auch zielstrebige Frauen wie Irene Wurm, die zuvor in der Werbebranche und in Städten wie Wien, Hamburg, Berlin und Zürich arbeitete. Trotz der kosmopolitischen Karriere zog es sie zurück an den heimischen Hof in St. Florian, wo sie den Familienbetrieb übernahm. 
Die Hofgeschichte der Familie Wurm reicht bis ins 12. Jahrhundert zurück. Vater und Tochter leben vor, wie sehr Tradition und Moderne voneinander profitieren können.
Im Gespräch mit Falstaff skizziert sie Trends und Chancen für oberösterreichischen Most. Die Bedeutung von Qualitätsmost unterstreicht auch der Mühlviertler Produzent Klaus Bauernfeind vom Köglerhof in Gramastetten: »Wir können stolz sein, diese Produktkennzeichnung erwirkt zu haben.« Der Obstbauer sagt aber auch, dass begleitende Marketingmaßnahmen notwendig sein werden, da die neue Prüfnummer noch nicht verkaufsrelevant ist. Die aktuellen Erfolge sieht Bauernfeind auf den alten Sorten aus den Streuobstanlagen begründet. 
Bauernfeinds bevorzugte Sorte bei den Äpfeln ist der Rheinische Bohnapfel, der durch ein intensives Säure-Zucker-Spiel und eine feinfruchtige, exotische Aromatik besticht. Bei den Birnen bevorzugt er die Speck­birne mit ihrer milden Säure und duftigen Aromatik, im Saftbereich weiß die Rote Pichl­birne zu überraschen. »Neben modernen Produkten wie Cider gewinnen trockene, sortentypische und reinsortige Produkte zunehmend an Bedeutung«, weiß Bauernfeind. Der Produzent von Qualitätsmost ist von der Kombinierbarkeit von Fisch und Most begeistert. Feinfruchtige Apfelmoste, aber auch trockene Apfel-Birne-Cuvées können hier ihre Stärken ausspielen.
Most ist ein idealer Speisenbegleiter, da der Fokus nicht auf Primärfrucht, sondern auf dem Spiel aus Süße und Säure am Gaumen liegt. Ein Genusserlebnis sondergleichen.

Irene Wurm stellt prämierten Most her. 2013 gewann »Kronprinz Rudolf« den »Culinarix«-Preis.
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Irene Wurm stellt prämierten Most her. 2013 gewann »Kronprinz Rudolf« den »Culinarix«-Preis.

Mostbäuerin Irene Wurm im Interview

FALSTAFF: In fast ganz Österreich wird Apfel- und Birnenmost produziert. Was ist an oberösterreichischem Most anders?
Irene Wurm: Der oberösterreichische Most zeichnet sich durch seine Vielfalt in der Mischung aus. Im Vergleich zu anderen Bundesländern, die sich vorwiegend auf Moste spezialisieren, die nur aus Äpfeln oder Birnen bestehen, konzentriert sich Oberösterreich schon seit langer Zeit auf die »Mischlinge«. Die Basis dafür finden wir in ganz Oberösterreich – in den Streuobstwiesen mit althergebrachten Sorten, wie etwa Florianer Rosmarin, Kronprinz Rudolf, Brünnerling, Bohnapfel, Winawitzbirne, Landlbirne, Dorschbirne, Grüne und Rote Pichlbirne.
Welche Mostprodukte erfreuen sich ­steigender Nachfrage?
Aktuell lässt sich erkennen, dass besonders reinsortige Moste sowie Moste mit leichtem Restzucker eine steigende Nachfrage erfahren. Was interessanterweise auch immer wieder zu beobachten ist, ist das Angebot verschiedener Glühmoste auf den Christkindlmärkten.
Welche Mostprodukte werden von jungen Menschen besonders geschätzt?
Junge Menschen, die bis dato noch nicht mit Most vertraut sind, schätzen junge Moste aufgrund ihrer Spritzigkeit sowie harmonisch ausgebaute Moste, die durch wenig Gerbstoff, leichten Restzucker und ein ausgewogenes Säure-Zucker-Verhältnis bestimmt sind.Mosttrinker, die aber bereits mit dem Thema vertraut sind, unterscheiden sich hingegen nicht so sehr von den Weintrinkern: Sie haben bereits gelernt, die Charakteristiken der einzelnen Sorten zu erkennen und zu schätzen.
Welchen Stellenwert hat der Qualitätsmost mit Prüfnummer in Oberösterreich?
Derzeit leider noch einen zu geringen Stellenwert. Das Getränk Most hat leider bei vielen Konsumenten noch immer ein etwas schlechtes Image. Die Einführung der Prüfnummer hilft nun aber dem Produzenten erheblich, da die Spreu vom Weizen getrennt wird und er seine Qualität auszeichnen kann. Gleichzeitig hilft es dem bisher unerfahrenen Konsumenten, sich in der Welt des Mostes zu orientieren und Qualität richtig zu erkennen.
Die Sorten und die Lage werden bei Wein in der Kommunikation immer wichtiger. Gibt es diese Entwicklung auch bei Most?
Die Auslobung der Sorten ist in der Kommunikation bereits ein wichtiger Bestandteil und wird immer wichtiger, da sich der Konsument immer mehr mit dem Thema beschäftigt und so die unterschiedlichen Charakteristiken erkennen kann. Die Kommunikation der Lage bezieht sich momentan noch auf größere Gebiete wie Traunviertel, Mühlviertel oder, wie in ­Niederösterreich, das Mostviertel. Sollte die Entwicklung allerdings so weitergehen, so wird sicher bald auch das Thema Lage an Bedeutung gewinnen!
Aus dem Falstaff Oberösterreich Special 2016

Bernhard Degen
Autor
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