Mehr als eine Million Streuobstbäume stehen in Oberösterreich und sorgen für gut 110.000 Tonnen Äpfel und Birnen pro Jahr, die zu feinem Most verarbeitet werden.

Mehr als eine Million Streuobstbäume stehen in Oberösterreich und sorgen für gut 110.000 Tonnen Äpfel und Birnen pro Jahr, die zu feinem Most verarbeitet werden.
© Oberösterreich Tourismus/Robert Maybach

Most: Das Elixier der Oberösterreicher

Nirgendwo wird so viel Most getrunken wie im Land ob der Enns. Und ganz gleich ob Cider, Cuvées oder sortenreine Produkte – der Mostanbau sichert die Biodiversität und erhält die Kulturlandschaft.

Hiesiger Most ist gesund, schmackhaft und kann inzwischen auf eine jahrhundertealte Geschichte verweisen – immerhin sind viele der Bäume auf den Streuobstwiesen in Oberösterreich, aus deren Früchten der Most gewonnen wird, bis zu 250 Jahre alt. Was die Most-Produzenten aber nicht daran hindert, innovative Produkte am laufenden Band herauszubringen. Denn Most hat weniger Alkohol als Wein und lässt daher mehr Raum für andere Gechmackswelten – Kompositionen mit Beeren und Gewürzen etwa sind äußerst beliebt. Und junge Menschen fühlen sich besonders zu Cider-Produkten hingezogen – auch auf dieser Schiene gibt es Spitzenqualität, eine große Vielfalt und außerdem ein trendiges Design.

Allrounder: Neben hochwertigem Apfel- und Birnenmost erzeugt Familie Mairinger auch Glühmost, Fruchtsäfte und Schnäpse.
© Martin Pröll/Mairinger
Allrounder: Neben hochwertigem Apfel- und Birnenmost erzeugt Familie Mairinger auch Glühmost, Fruchtsäfte und Schnäpse.

Es sind innovative und leidenschaftliche Produzenten wie Karin Maleninsky, Markus Mairinger oder Wilfried Hirschvogel, die dem Thema Most – oder korrekter gesagt Birnen- und Apfelwein – einen neuen Stellenwert verleihen. Sie stehen stellvertretend für engagierte Landwirte, die Tradition leben und neuen Trends und Techniken dennoch nicht abgeneigt sind. Junge Protagonisten wie die Geschwister Wurm wiederum verleihen Most ein modernes Image und bauen Brücken zu anderen Trendprodukten wie etwa Gin.

Rund 37.000 unterschiedliche »Mitarbeiter« hat jede Streuobstwiese in Oberösterreich. Denn so viele Insektenarten sind es insgesamt, die sich in den einzigartigen Biotopen der kultivierten Apfel- und Birnenbäume tummeln. Insbesondere Wildbienen schätzen das große und vielfältige Nahrungsangebot von Obstbäumen und Wiesenblumen.

Trendsetter: Die Geschwister Wurm zählen zur Avantgarde der Obstbauern Oberösterreichs.
© Wurm
Trendsetter: Die Geschwister Wurm zählen zur Avantgarde der Obstbauern Oberösterreichs.

Most ist gelebte Tradition

Die unglaubliche Artenvielfalt an Tieren beinhaltet außerdem rund 100 verschiedene Säugetiere und 400 Vogelarten. Die Vereinigung der »Mosttraun4tler« hat den Lebensraum in ihren Streuobstwiesen untersuchen lassen und ist auf spannende Erkenntnisse gestoßen. Ein einziger Quadratmeter Obstwiese kann pro Jahr etwa 8000 Insekten und andere Kleintiere hervorbringen, die Vögeln und Säugetiere als Futterquelle dienen. »Schützen durch Nützen« lautet daher das Motto der Obstbauern: Der Weiterbestand der Streuobstwiesen ist nur gesichert, wenn sie gepflegt und bewirtschaftet werden. Diese kultivierten Lebensräume sind tatsächlich akut gefährdet. Während es vor etwa 60 Jahren noch 35 Millionen großkronige Obstbäume in Österreich gab, sind es heute nur noch rund 4,5 Millionen. Dieser besorgniserregende Trend kann nur durch eine lebendige Nachfrage nach Birnen- und Apfelwein, Schnäpfsen sowie Säften gestoppt werden. Oberösterreichs Landwirte tun das ihre dafür – aber auch die Konsumenten sind gefordert, die nicht zuletzt durch die Coronakrise regionaler und nachhaltiger einkaufen.

Oberösterreich steht an der Spitze der neuen Mostqualität. Über eine Million Streuobstbäume werden von den Bauern bewirtschaftet, die rund 110.000 Tonnen Äpfel und Birnen ernten. Die Geschichte des Mosts reicht bis in die Anfänge von Ackerbau und Viehzucht in der Jungsteinzeit zurück. Im Mittelalter war Most Haustrunk der Bauern, Adel und Bürgertum tranken hingegen Wein. Heute ist Most wieder en vogue und hält sogar Einzug in der Spitzengastronomie.

© Wurm

Neben trendigen Produkten wie dem Cider sind es vor allem die traditionellen »Mischlinge«, also die Cuvées aus Äpfeln und Birnen wie jene von Höllhuber im Steyrtal, welche die Vorzüge unterschiedlicher Sorten vereinen. Daneben ist ein langjähriger Trend zu sortenreinen Produkten zu beobachten, die wiederum die Stärken der Solisten ausspielen. Die typische Landbirne ist weit verbreitet, genauso aber auch die Speckbirne, die Schweizer Wasserbirne, die Rote und Grüne Pichlbirne, die Stieglbirne, die Grüne Winawitzbirne und viele mehr. Auch Sorten, die nur kleinregional verbreitet sind, wie die Lederbirne, Haindlbirne und viele mehr finden ihre Liebhaber.

Ja, und wo sind die meisten Most-Liebhaber unter Österreichs Feinschmeckern daheim? Natürlich auch in : Während der durchschnittliche österreichweite Mostkonsum bei 1,28 Litern pro Kopf und Jahr liegt, trinken die Oberösterreicher statistisch gesehen 3,5 Liter Most im Jahr.


»Most erlaubt mehr Geschmacksvielfalt«

Tüftlerin: Karin Maleninsky überrascht mit Innovationen wie einem Most mit Himbeeren und Chili.
© Visual Kings Leonding
Tüftlerin: Karin Maleninsky überrascht mit Innovationen wie einem Most mit Himbeeren und Chili.

FALSTAFF: Warum ist Most aus Oberösterreich so hochwertig?
KARIN MALENINSKY: Most – wir sprechen heute übrigens lieber von Birnen- und Apfelwein – ist das Produkt eines unglaublich landschaftsprägenden Kulturgutes. Unsere ältesten Birnbäume sind zum Teil 200 bis 250 Jahre alt – das kann man sich erst vorstellen, wenn man so einen Baum umgeschnitten hat. Punkto Produktion profitieren wir von der Weißwein-Kellereitechnik und können so unsere Moste geschmacksexplosiv aussteuern und salonfähig präsentieren.

Wie wichtig sind für Sie sortenreine Moste?
Sortenreine Moste zeigen die Vielfalt, die das Thema bietet. Es gibt einen Trend zu sortenreinen Mosten, da diese die gesamte Geschmacksvielfalt der Birnen und Äpfel repräsentieren.

Welchen Stellenwert hat der Most im Vergleich zu anderen Getränken?
Most zu positionieren ist eine große Herausforderung. Most muss wiederentdeckt werden. Viele verbinden den Most mit Geselligkeit und schätzen Veranstaltungen wie Most-Verkostungen. Aber wer hat einen Sechser-Karton Most zu Hause?

Sie haben viele innovative Produkte. Welche kommen besonders gut an?
Redhotsecco, ein prickelnder Birnenmost mit Himbeeren und Chili, und Powerberry, ein Birnenmost mit Erdbeeren und Aronia, sind am beliebtesten. Apfel-/Birnenweine haben weniger Alkohol als Traubenweine und lassen daher Raum für vielfältigere Geschmackswelten. Das ist ein weites Feld, das es zu bespielen gilt.

Welche Mostprodukte werden von jungen Menschen besonders geschätzt?
Die Jugend begeistert sich für die neu entdeckte Getränkewelt, einfach erfrischend, durstlöschend, geschmackvoll und weniger Alkohol! Cider und geschmacksexplosive Seccos sind da angesagt.

Sie sind als Mostproduzentin Quereinsteigerin und kommen aus dem Handelsmanagement. Könnten Sie sich eine Rückkehr in ihren alten Beruf vorstellen?
Ich profitiere sehr von den Erfahrungen meines »Vorlebens«, speziell bei den Herausforderungen, welche die Direktvermarktung betreffen. Aber ich liebe meinen neuen Beruf, liebe es zu kreieren, bin beseelt von Gemeinschaftsprojekten und es erdet mich. Ich gehe nicht mehr zurück!


Entdeckertouren

Mostradeln in der Vitalwelt
Verschiedene Radtouren – durch malerische Dörfer, vorbei an Apfel- und Birnen-Streuobstwiesen und eindrucksvollen Vierkant-Bauernhöfen – laden auf Strecken zwischen 22 und 86 km Länge zu kulinarischen Stopps bei heimsichen Produzenten und Gastronomen ein.

»Most Relaxed« – Auf den Spuren des Mosts
Ob zu Fuß beim Wandern oder auf dem Rad: auf eigens definierten Routen lässt sich die Reise des Mosts erkunden – von der Baumblüte auf der Streuobstwiese bis zur Abfüllung im Mostkeller. Bei 14 Betrieben kann man prämierten Most verkosten und für den Hunger zwischendurch gibt es persönlich zusammengestellte Picknickkörbe zu reservieren.

Weitere Infos und Buchung unter oberoesterreich.at/kulinarik


Die besten Tipps & Adressen

Pankrazhofer
Das Ehepaar Eder hebt Most auf eine neue Qualitätsstufe. Im Betrieb gibt es an ausgewählen Tagen auch Bio-Beef, Säfte und Essige zu kaufen.
Lugendorf 7, 4284 Tragwein
T: +43 7263 88295, pankrazhofer.at

Hof Maleninsky
Auf ihrer »Stadt-Landwirtschaft« in Enns bieten Robert und Karin Maleninsky neben Most und anderen Köstlichkeiten auch Führungen an. Highlight ist der handgegrabene Erdkeller in einer behutsam renovierten 600 Jahre alten Bausubstanz.
Maria Anger 20, 4470 Enns
T: +43 650 6776919, maleninsky.at

WWurm
In traditioneller Handarbeit stellen die Geschwister Wurm auf dem »Gustergut« Most, Schaumwein, Brände und mehr her. Verkauft werden die Produkte online und direkt im Hofladen.
Weilling 10, 4490 St. Florian
T: +43 7224 4387, wwurm.at

Deisinger Hof
Hier gibt es preisgekrönten Most, Obstbrand und Co: der Deisinger Hof wurde bei der »Ab Hof«-Messe 2021 als Produzent des Jahres ausgezeichnet.
Ruhstetten 99, 4223 Katsdorf
T: +43 7235 88709, deisinger-hof.at

Wilfried Hirschvogel
Inmitten alter Streuobstwiesen zwischen Linz und Wels liegt der Hof von »Mostkaiser« Wilfried Hirschvogel. Neben Most hat er auch Säfte, Essigessenzen und ein herrliches Walnussöl im Angebot.
Mittlere Kranholzstraße 14, 4062 Thening
T: +43 664 4101608, w-hirschvogel.at

Höllhubers Mostkellerei
In der Familie Höllhuber hat der Most seit Generationen Tradition. Dennoch wagt man sich hier auch an innovative Produkte wie Cider oder »Rosante«.
Wallnussweg 2, 4542 Nußbach
T: +43 7587 8312, hoellhubers.at

Mostheuriger Am Hochfeld
Der urig-gemütliche Mostheurige begeistert mit einer sonnigen Terasse, tollem Ausblick und herzhaften Jausenplatten.
Am Hochfeld 4, 4701 Bad Schallerbach
T: +43 7249 48616, am-hochfeld.at

Moststubn Binderberg
Mostheuriger mit Produkten aus eigener Landwirtschaft. Unbedingt probieren sollte man den neuen Craft Cider aus Most, Hopfen und Birnensaft.
Haagen 19, 4421 Aschach an der Steyr
T: +43 676 5538281, binderberg.at

Mostschänke Rohrhuber
Auf diesem schmucken Bauernhof warten ein Hofladen, feine Moste und herzliche Gastgeber. Mostschänke nur freitags von 14 bis 22 Uhr.
Mostweg 2, 4073 Wilhering
T: +43 7221 64313, rohrhuber.at

Most & Mehr Mairinger
Im stylischen »Mostshop« verkauft die Mühlviertler Familie Mairinger ihre nachhaltig produzierten Moste. Säfte, edle Brände und mehr.
Obervisnitz 18, 4224 Wartberg/Aist
T: +43 7236 20512, mostundmehr.at

Most-Museum St. Marienkirchen
Auf den historischen Spuren des Mosts können Besucher im »Mostmuseum« wandern. Im 300 Jahre alten, ehemaligen Getreidespeicher gibt es alte Obstmühlen, Pressen, und mehr zu sehen.
Kirchenplatz 10, 4076 St. Marienkrichen
T: +43 7249 4711214, mostmuseum.at

Erschienen in
Oberösterreich Spezial 2021

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Bernhard Degen
Autor
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