2004 wurde der von Architekt Wilhelm Holzbauer geplante Arachon-Keller eingeweiht. Er dient heute als Sitz des Weinguts Eichenwald. 

2004 wurde der von Architekt Wilhelm Holzbauer geplante Arachon-Keller eingeweiht. Er dient heute als Sitz des Weinguts Eichenwald. 
© Michael Pinzolits

Mittelburgenland: Österreichs Rotwein-Wiege

Vor 40 Jahren wurden im Mittelburgenland die ersten österreichischen Rotweine erzeugt und Weingeschichte geschrieben. Seither eilen die Winzer aus dem Blaufränkischland von Erfolg zu Erfolg.

Wer ein wenig in der langen Weinbau-Geschichte der Region zurückgeht, erfährt Erstaunliches. Lutzmannsburg, wo wohl bereits die Römer Reben pflanzten, war in der Zeit der ungarischen Königsherrschaft Sitz einer Burggrafschaft und kam in den Besitz der Zisterziensermönche aus dem nahe gelegenen Klostermarienberg. Die sehr weinaffinen Glaubensbrüder trieben den Weinbau konsequent voran. Kaiser Friedrich III. erlaubte den Lutzmannsburgern sogar die zollfreie Einfuhr nach Österreich, und bald wurden die Weine der Region bis nach Schlesien und Polen exportiert. Erzeugt wurden in den Weinbergen des heutigen Blaufränkischlands fast ausschließlich weiße Sorten, Deutschkreutz war im 17. Jahrhundert bei Weinkennern für seine süßen Ausbruchweine bekannt. Hier befanden sich Schloss und herrschaftliche Weingärten der Magnatenfamilien Nádasdy de Fogáras und danach der Esterházy de Galántha, und so bildete Keresztur, wie Deutschkreutz auf Ungarisch hieß, vom 16. bis zum 18. Jahrhundert ein frühes und dynamisches Zentrum der Weinkultur.

Von Weiß zu Rot

Heute kaum zu glauben, dominierten bis weit in die Achtzigerjahre des letzten Jahrhunderts WelschrieslingGrüner Veltliner, Weißburgunder und Müller-Thurgau das Bild der Weingärten, die roten Sorten waren noch klar in der Unterzahl. Wieder war es Lutzmannsburg, wo man bald nach der Reblauskatastrophe in größerem Umfang auf Rotwein setzte. Man versuchte sein Glück mit dem Blaufränkisch, der sich in Niederösterreich – und da speziell rund um Bad Vöslau – in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bestens bewährt hatte. Langsam verbreitete sich dieser sogenannte Rotwein, den man heute aufgrund seiner Farbe eher als Rosé bezeichnen würde. Diese frühen Rotweine wurden oft künstlich entsäuert und wiesen eine liebliche Süße auf. Wichtig ist auch der Blick auf die Betriebsstrukturen. Bis zur großen Zäsur des Weinskandals Mitte der Achtzigerjahre gab es im Mittelburgenland eine Vielzahl an gemischten landwirtschaftlichen Betrieben, der Weinbau war oft nur ein zweites Standbein. Die Trauben wurden an Genossenschaften abgeliefert, da zählte für den Erzeuger oft Menge mehr als Güte. Mit dem Ende der Achtzigerjahre begann die Zeit der Spezialisten. Eine junge Generation von gut ausgebildeten, bereits weitgereisten Önologen entschied sich, jenen Weg einzuschlagen, der von einer Handvoll von Pionieren – allen voran dem Visionär Hans Igler aus Deutschkreutz – bereits in Ansätzen vorgegeben war. 

Internationale Aspekte in der neuen Rotweinbereitung brachte der Ausbau in kleinen französischen Eichenfässern mit sich, der biologische Säureabbau hielt ebenfalls Einzug in den Kellern. Und weil sich viele Winzer an Vorbildern in Bordeaux und Kalifornien orientierten, stand die Rebsorte Cabernet Sauvignon bald im Fokus und in den Weingärten des Mittelburgenlands, wenngleich in bescheidenem Umfang. Bald aber schlug die große Stunde der Cuvée, einer Marriage mehrerer Sorten zu einem harmonischen Ganzen. Nicht der reinsortige Blaufränkisch stand also zunächst im Vordergrund, erst im Verschnitt mit Cabernet Sauvignon, Merlot und etwas Zweigelt, verbrämt durch ein erkennbares Holzkorsett, fand der neue Rotweinstil wachsende Anerkennung bei Kritikern und Kennern.

Erfolgreiche Mischung

Das Wort »Barrique« – Betonung auf dem Buchstaben a – war der Begriff der Stunde und wurde gerne in großen Lettern und roter Farbe über das Etikett gestempelt. Das bedeutete in den Anfangsjahren: Der Wein schmeckt mehr nach Holz als nach Frucht, kostet dafür aber das Doppelte. Doch Schritt für Schritt lernten die Winzer den Umgang mit der neuen Technik, gute Jahrgänge wie 1997, 1999 und schließlich 2000 ebneten den mittlerweile bekannten Cuvées den Weg in den Handel und in die Spitzengastronomie. Die Cuvée-Klassiker des Mittelburgenlands lesen sich wie ein Who’s who der österreichischen Rotwein-Oberliga: Gagers »Quattro« (ab 1988), Gesellmanns »Opus Eximium« (seit 1988) oder »Bela Rex« (ab 1992), Iglers »Ab Ericio«, Paul Kerschbaums »Impresario«, K+K Kirnbauers »Das Phantom«, Silvia Heinrich mit »Elegy«, Tesch mit »Titan«, Heri Bayers »In Signo Leonis«, Pfneisls »Pentagon«, Langs Cuvée »Excelsior«, Ibys »Quintus«, Paul Lehrners »Paulus«, Josef Reumanns »Vinum Sine Nomine«, Strehns »Pandur«, Rudolf Webers »Villa Nomine Lusman«, Wellanschitz mit »Fraternitas« und Wieder mit »Sempre« und »Morandus«.

Dazu gesellt sich eine Vielzahl an ansprechenden, alltagstauglichen Cuvées auf hohem Niveau zu konsumentenfreundlichen Preisen bis etwa 20 Euro mit unzähligen Klassikern wie »Vulcano« (ab 1988), »Kreos«, »Grand Pri«, »Big Blend«, »Georg«, »Gregor«, »Maestro« und »Vin Anton«. Diese Kategorie ist ideal und bietet tolle Weine für den glasweisen Einsatz, da bekommt der Kunde wirklich was geboten. Im Ultra-Premium-Bereich der Roten aus mehreren Sorten findet man die Cuvée »Kerschbaum« (seit 1999) oder Albert Gesellmanns »G« – Weine von Weltklasseformat, die nur in den allerbesten Jahrgängen auf die Flasche kommen.

International finden die Cuvées hingegen etwas weniger Anklang, als dies im Inland der Fall zu sein scheint. Der reinsortige Blaufränkisch bietet hier eher die Möglichkeit, sich mit einer originären Sorte zu eta­blieren. Und so rückte dieser in den vergangenen 15 Jahren immer stärker in den Vordergrund. Parker-Reviewer David Schildknecht bewertete den »Moric Alte Reben Neckenmarkt« 2006 mit 95 Punkten, gefolgt von Schiefers »Reihburg« 2006 und Prielers »Goldberg« 2006 mit jeweils 94 Punkten und öffnete so den internationalen Markt. Blaufränkisch wurde ein Thema für eine engagierte junge Sommelier-Generation. Mit 96 Parker-Punkten für den Blau­fränkisch »Alte Reben Lutzmannsburg« 2015 sorgte Roland Velich für die höchste Bewertung eines Blaufränkisch bei »The Wine Advocate« bis heute – die deutschen Lemberger inklusive.

DAC = Sichere Herkunft

Im Gegensatz zu den anderen bekannten Blaufränkisch-Gebieten Österreichs stellen die Winzer des Mittelburgenlands die jeweilige Riede als genaueste Herkunft nicht zwingend in den Vordergrund, dabei lassen sich viele der Spitzenlagen seit dem Mittelalter genau belegen. Zudem wäre es aus Sicht der Konsumenten durchaus wünschenswert, mehr über die Herkunft der Trauben zu erfahren als Fantasiebezeichnungen, denn die Böden, auf denen die Blaufränkisch-Reben wurzeln, sind höchst unterschiedlich. Und dies findet schließlich auch in den Weinen und ihren aromatischen Ausprägungen seinen Niederschlag. Seit dem Jahrgang 2005 gibt es die geschützte Herkunft »Mittelburgenland DAC«, die der Rebsorte Blaufränkisch vorbehalten ist. Die Bestimmungen des DAC schränken den Gebrauch der Lagenbezeichnungen etwas ein, weil man bei DAC mit Riedbezeichnung kein neues Holz verwenden und der Alkoholwert 13,5 Prozent nicht übersteigen darf. Erst in der DAC-Reserve-Kategorie ist dies möglich, hier darf der Wein dafür erst ab dem 1. März des zweiten auf die Ernte folgenden Jahres auf den Markt gebracht werden.

Entscheidende Lage

Bei genauerer Betrachtung könnte auch eine von jeher gepflegte Rivalität zwischen Deutschkreutz, Horitschon und Neckenmarkt eine Rolle dabei spielen, welche Lagen ein Winzer verwendet und betont, während er andere hinter Pseudonamen verklausuliert. Denn recht oft besitzt man einen exzellenten Weingarten in einem der »Konkurrenz-Orte«. Daher noch kurz ein Blick auf die wichtigsten Rieden des nördlichen Teils des Mittelburgenlands:

• Wenn Clemens Reisner vom Weingut Hans Igler seinen Topblaufränkisch mit »Birii« bezeichnet, bezieht sich der Name auf das »Alte Weingebirge« in Neckenmarkt. Das ist die Kernzone der ehemaligen Herrschaftsweingärten und liegt in den historischen Rieden Hochberg, Fabian und Goldberg an der östlichen Staatsgrenze zu Ungarn, allesamt Böden mit hohem Ton- und Kalkanteil.

Goldberg und Hochberg sind zweifellos die Grand-Cru-Lagen für Blaufränkisch in Deutschkreutz. Der Hochberg ist ein Südwesthang mit mittelschweren Lehmböden und hohem Tonanteil oben und unten sowie sandigem Lehm mit einem ausgeprägten Kalkanteil am Hang.

• An der nördlichen Grenze zu Ungarn liegt die Ried Kart. Sie ist durch einen Mix aus Schotter, Lehm und den hohen Eisengehalt optimal für die Sorte Cabernet Sauvignon geeignet.

• Im Norden von Neckenmarkt, wo die Weingärten an der Grenze zum Ödenburger Gebirge liegen, finden sich in den höchstgelegenen Rieden Böden aus kristallin verwittertem Gneis und Glimmerschiefer. Hier liegen die Rieden Sonnensteig, Burgstall, Bodigraben, Spiegelberg, der Neckenmarkter Hochberg und der Rabenkropf. Diese Urgesteinsböden gehen in Richtung Westen in Muschelkalkböden über, wie bei der Ried Hussi oder der Ried Rüsselsgrund.

• Im Westen bei Ritzing wächst in der kühlen Lage Kalkofen auf marinem Kalkschutt ein besonders finessenreicher Blaufränkisch, der Ähnlichkeiten mit Vertretern vom östlichen Leithaberg aufweist.

• Die tiefer gelegenen Rieden bei Horit­schon wie Hochäcker, Dürrau oder Gfanger sowie das Alte Weingebirge in Unter­petersdorf sind geprägt von schweren Lehm- und Tonböden mit höherem Eisengehalt, die gut Wasser speichern. Sie bieten dem Blaufränkisch ebenfalls exzellente Bedingungen. Die Horitschoner Lage Kirchholz ist im Unterboden der Nachbarlage Hochäcker gleich, aber im Oberboden steiniger, durchlässiger und mit Kies durchmischt.

Der sonnige Süden

Im Süden des Mittelburgenlands bildet das Lutzmannsburger Hochplateau eine zuverlässige Quelle bester Blaufränkischtrauben. Der Ort wird bereits 1218 in Zusammenhang mit Weinbau erwähnt und gilt als eine der ältesten Weinbaugemeinden des Burgenlands. Heute wird das Plateau mit einer Fläche von 160 Hektar auch als Sonnberg bezeichnet, Riedenbezeichnungen sind Altsatz, Auleiter, Haider, Heissergebirge, Kirchner oder Marktweger. Die tiefgründigen, schweren, teils mit Löss und Sand durchsetzten Lehmböden und das spezielle Mikroklima bieten optimale Voraussetzungen für große Rotweine. Das zum Teil besonders hohe Alter der Blaufränkischlagen, die von Rodungsaktionen verschont geblieben sind und heute als Schatz gehütet werden, bringt besondere Traubenqualitäten hervor. Die Trauben für Roland Velichs begehrten »Moric Blaufränkisch Alte Reben Lutzmannsburg«, bis dato der international höchstbewertete Vertreter der Sorte, stammt von hier.

Fazit: Das bereits erreichte Niveau beim Blaufränkisch ist beachtlich, bei gezieltem Fokus auf die Besonderheiten des jeweiligen Terroirs könnten aber noch mehr Feinheiten herausgearbeitet werden. Das Mittelburgenland hat alle Trümpfe in der Hand, in Sachen Blaufränkisch Nummer eins zu sein. Wer sich vor Ort einen Überblick verschaffen will, der findet in der Gebietsvinothek Vinatrium in Deutschkreutz die optimale Anlaufstelle, um in die Welt des Blaufränkisch einzutauchen.

Peter Moser
Peter Moser
Wein-Chefredakteur Österreich
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