Anthony Chira vor seinem Lokal »Velobis«.

Anthony Chira vor seinem Lokal »Velobis«.
© Velobis

Mit dem Rad ins Café

Seit sieben Jahren beherbergt das »Velobis« in Wien nicht nur Gäste im Café und Restaurant, sondern kümmert sich nebenan auch um die Fahrräder seiner Kunden. Fahrradwerkstatt, Radladen, Café, Eissalon, Restaurant – warum sollte man das auch trennen?

Es ist Dienstagvormittag. Kurz vor elf. Anthony Chira steht hinter der Eistheke seines Lokals in der Johnstraße. Mitten im 14. Bezirk. Vor ihm: Auf der einen Seite ein paar kleine Tische, auf der anderen ein Fahrrad neben dem anderen. Dahinter der freie Blick durch die bodentiefen Fenster auf die vielbefahrene Straße. Die gute Laune, die er ausstrahlt, steckt an. Und sie bleibt bestehen, obwohl der Autor dieses Textes eine Stunde zu früh zum vereinbarten Gespräch erschienen ist. »Wenn du da bist, bist du da«, grinst Chira, rückt die Stühle an einem Tisch und bittet lächelnd Platz zu nehmen. Ja dann rein in die Welt, in der sich nicht nur die Gerüche vom Gummi neuer Fahrradreifen und Kaffee mischen. Das »Velobis« ist mehr: Afrikanisch-Österreichische Küche, Café, Radladen, Werkstatt, Eissalon - aber vor allem Lebensraum.

Seit 1893 ein Treffpunkt der Gesellschaft

»Ich wohne nur ein paar Minuten von hier. Und ich habe irgendwann gemerkt, dass die Leute zum Leben und Arbeiten im ersten oder siebten Bezirk sind und nur zum Schlafen hier herkommen«, erklärt Chira. Das wollte er nicht so stehen lassen. 2013 schloss, direkt neben seinem damaligen Radladen, das altehrwürdige Gloriette-Kino seine Pforten. Ab 2014 baute der 52-Jährige die Fläche in Eigenregie komplett um. Nur zwei kleine ausgesparte Stellen in der Wand des Bistro-Bereichs erinnern noch an die Tradition des Hauses. »Seit 1893 war das hier ein Wirtshaus und das ist für mich der wichtigste Ort einer Gesellschaft«, meint Chira und blickt durch den Raum. Einen Raum, den er für viele wieder zu einem sehr wichtigen Ort gemacht hat. Einem Treffpunkt, an dem Gesellschaft stattfinden kann.

Erfolg trotz anfänglicher Zweifel

2015 war es nach neun Monaten Renovierung und Umbau endlich soweit: Eröffnung des »Velobis«. »Die haben gesagt, du bist völlig bescheuert«, erinnert sich Chira. Grund für den Zweifel seines damaligen Umfelds war vor allem die Lage. Direkt an der Ecke Johnstraße/Linzerstraße. Nicht gerade zentral. Verkehrslärm garantiert. Aber Chira ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und erweiterte nach dem Vorbild des Londoner Cafés »Look Mum, no hands« seinen Betrieb um den Gastro-Bereich. Und die Zeit gab ihm Recht: »Am Wochenende bekommt man bei uns fast keinen Tisch. Und auch unter der Woche sind wir gut besucht«, freut sich Chira.

Einflüsse verschiedener Länder

Vor mittlerweile 27 Jahren kam er nach Österreich. »Ich bin stolzer Österreicher, aber auch stolzer Afrikaner«, erklärt der aus Nigeria stammende Gastronom. Die Einflüsse in seiner Küche sind eine logische Schlussfolgerung seines Lebenswandels. Kindheit und Jugend in Nigeria, Studium in London und dann Wien. »Seine« beiden Kontinente spiegeln sich in der Karte wieder: Veganes Banga mit Bio Seitan und Suya finden hier ebenso Platz wie Lammroulade oder ein Veggie-Burger. Eine weitere Spezialität des Velobis ist das hauseigene Eis. Alle Sorten von Chira selbst entwickelt und hergestellt.

Damit ist das »Velobis« also viel mehr als ein Café in einem Fahrradladen und richtet sich auch an diejenigen, die mit zwei Rädern nicht so viel anfangen können.

Felix Moßmeier
Felix Moßmeier
Digitalredakteur
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