Marlies Müller-Grossman: Winzerin mit Zukunft

Die Anzahl der Betriebe, in denen eine Frau die Schlüsselrolle einnimmt, ist auch in der heimischen Weinszene überschaubar. Falstaff präsentiert eine engagierte junge Weinmacherin.

Auf dem Weingut Müller-Grossmann im beschaulichen Winzerort Palt am Fuße des Göttweiger Bergs am rechten Donauufer hat Frauenpower nicht erst mit Jungwinzerin Marlies Einzug gehalten. Sie hat das beste Beispiel in ihrer Mutter Helma, die den traditionsreichen Betrieb ihres Vaters Otto Grossmann bereits 1986 übernommen hat. Und es waren damals keine beschaulichen oder gar leichten Zeiten für die Weinbauernschaft in Österreich. Nach über 25 arbeitsintensiven Jahren schickt sich die Mama nun an, Schritt für Schritt ihren gut bestellten Hof an ihre Tochter zu übergeben. Und dabei hätte alles anders kommen können.

Auch wenn man auf einem Weingut aufgewachsen ist, bedeutet das nicht zwingend, dass einem auch die Liebe zum Wein in die Wiege gelegt wurde. Marlies Müller-Grossmann studierte nach der Mittelschule berufsbegleitend an der IMC-Fachhochschule und wandte sich zur Freude der Eltern schließlich doch dem Weinbau zu. Zunächst nahm sie sich des unerlässlichen Themas Marketing und des Verkaufs der Weine an – die Neugestaltung der Etiketten ist der nach außen auffällige Botschafter eines neuen Schwungs, der heute auf dem Weingut Ein leichter, fruchtiger Veltliner läutet den neuen Jahrgang 2011 ein / Foto: Page Seven/Michael Alschner unübersehbar ist. Mittlerweile steht die Jungwinzerin gemeinsam mit der Frau Mama auch bei der Wein­erzeugung an vorderster Front. Dort werden die Entscheidungen gemeinsam getroffen. »Bei aller Wertschätzung der Traditionen
bin ich als junger Mensch gegenüber neuen Entwicklungen im Wein sehr aufgeschlossen. Ich kann gewissen sogenannten Modetrends beim Wein durchaus etwas abgewinnen«, sagt Marlies Müller-Grossmann. Eine erstaunlich ab­geklärte Ansage aus dem Mund einer jungen Winzerin, zeigt doch die Erfahrung, dass gerade Neo-Önologen im Normalfall nicht müde werden zu betonen, wie stark sie sich der Tradition verpflichtet fühlen – nur um dann bei der nächstbesten Gelegenheit mit ihren Weinen eindrucksvoll das Gegenteil unter Beweis zu stellen. Neben der Neugestaltung von Flaschen und Etiketten hat Marlies Müller-Grossmann auch dem Internetauftritt des Hauses ein neues Design verpasst. »Der Wein hat Tradition, und das hat Zukunft. Auch bei uns ist das so und bleibt so. Was nicht so bleibt, ist das Outfit, in dem unsere Weine künftig erscheinen. Hier wird vieles frischer, luftiger, ­lebendiger – moderner. Durch die ­Zugehörigkeit zur Gruppe ›11 Frauen & ihre Weine‹ habe ich mich von Anfang an in der Wein­szene gut aufgehoben gefühlt. Diese Interessengemeinschaft von engagierten Winzerinnen bildet einen Kreis, in dem ich auch sehr viel Praktisches lernen kann. Es sind Werte wie Freundschaft, Neugierde, Herzlichkeit und Toleranz, die uns auch in unserem Leben als Winzerinnen fundamental erscheinen.« Bei gemeinsamen Verkostungen und Messepräsentationen wird die nun seit über zehn Jahren gepflegte Zusammenarbeit der elf von Frauen geleiteten österreichischen Weingüter aus Niederösterreich, dem Burgenland und seit Kurzem mit Jutta Kalchbrenner vom Weingut Ambrositsch auch aus Wien weiter vertieft. Dass man da auch Impulse für die Weiterentwicklung der eigenen Weinstilistik mitnehmen kann, liegt klar auf der Hand.

Die Jungwinzerin liebt Weine, die sorten- und regions­typisch sind / Foto: Page Seven/Michael AlschnerDas Weingut Müller-Grossmann zählt mit einer Rebfläche von zehn Hektar nicht zu den großen. Es ist die Vielfältigkeit der Böden, wie man sie hier im Gebiet rechts der Donau im Kremstal antrifft, die eine feine, abwechslungsreiche Palette an Weinen zulässt. Naturgemäß dominiert der Grüne Veltliner in den Weingärten, aber auch der Riesling wird gepflegt. Daneben zeigen die Damen Müller-Grossmann ein Herz für Spezialitäten. Die Palette reicht von den feinen Burgunder ­Sorten Pinot Blanc und Chardonnay bis zu Gelbem Muskateller und Frührotem Veltliner. Aus der Gruppe der Grünen Veltliner kommt auch immer der erste Jungwein des neuen Jahres, der den Namen HM (für Helma und Marlies) trägt und aktuell bereits als HM6 seine sechste Auflage erlebt. Die Reben des Grünen Veltliner Großer Satz wachsen auf Löss, der Hochrain ist hingegen von einem höheren Kalkanteil geprägt. Diese Weine werden als Kremstal DAC angeboten, gehören also zu den ­qualitätsvollen, eher leichteren Veltlinern der Region. Der Grüne Veltliner Alte Reben entspringt einem Weingarten mit einem Boden aus Löss und Stein, die Rebstöcke sind stolze fünfzig Jahre alt. Feinwürzig, saftig, mit eleganter Textur ausgestattet, gibt dieser lagerfähige Veltliner Kremstal DAC ­Reserve einen vielseitigen, facettenreichen Speisenbegleiter ab. Zwei Rieslinge umfasst das Sortiment, der leichtere kommt von der Lage Steiner Point, einer südseitigen Terrassenanlage mit Urgesteinsböden. Karge Urgesteinsböden bilden auch das Fundament des Riesling Steinbiegl, der eine Selektion aus den besten Rieslingtrauben darstellt und in der Regel der Kategorie Kremstal DAC Reserve angehört. Die beiden Burgunder Pinot Blanc und Chardonnay wachsen ebenfalls auf Ur­gestein, was ihnen eine besondere Frische und exotische Fruchtanklänge vermittelt. Für den sommerlichen Trinkspaß empfehlen sich der duftige Gelbe Muskateller, der Frührote Veltliner ­sowie der fruchtige Rosé vom Zweigelt – da muss man aber flott bestellen, denn diese Weine haben sich zu echten »Rennern« gemausert.

Auch Sonderprojekten ist Marlies Müller-Grossmann keineswegs abgeneigt, immer ­vorausgesetzt, dass sie zum Image des Weinguts passen. So wurde beispielsweise mit dem Weinkontor Birk aus Lech/Zug ein Grüner Veltliner namens »Schiwago« für die Arlbergregion kreiert. Schiwago steht für Schifahren, Wandern und Golfen und soll die ­Region mit all ihren Reizen und ihrer Vielfalt darstellen. Das rote Pendant liefert das bekannte Weingut Wachter-Wiesler aus dem Südburgenland. Man darf sich also schon heute freuen, was die ambitionierte Jung­winzerin Marlies Müller-Grossmann in naher Zukunft an Innovationen vorhat. Einer erfolgreichen Weiterentwicklung des traditionsreichen Betriebs steht nichts im Weg.

INFO
Weingut Müller-Grossmann

Lindengasse 25
3511 Furth/Palt
T: +43/(0)2732/831 46, F: DW 4
office@mueller-grossmann.at
www.mueller-grossmann.at
www.11frauenundihreweine.at
www.schiwago-wein.at

Text von Peter Moser
Aus Falstaff Nr. 02/2012