Marktforschung: Ein Streifzug quer durch Österreich

Vom Wiener Naschmarkt bis zum Dornbirner Wochenmarkt: Märkte in Österreich erleben derzeit einen deutlichen Aufschwung.

Einen solchen Ansturm hat auch ­Sohyi Kim nicht erwartet. Als die prominente Asia-Köchin Mitte April ihren neuen Naschmarkt-Stand eröffnete, bevölkerte halb Wien die an sich schon stark frequentierte Genussmeile des bekanntesten Marktes Wiens. Mehrere Kamerateams und Heerscharen von Menschen kamen angereist und belagerten einen ganzen Tag lang Kims neuen Shop – so, als hätte ein Großkaufhaus eine Filiale am Stephansplatz eröffnet. Dabei ist Kims neue Filiale bloß ein Geschäft für asiatische Produkte in Eigenproduktion. Das Sortiment umfasst Produkte wie Chilisauce, Erdnussdip, Ginseng-Dattel-Honig, Ingwerhonig, Korianderpesto, marinierte Sardellen, diverse Salze wie etwa Lemongrass-Chili-Salz, Seetang-Salz und Thai-Curry-Salz. Aber auch Produkte wie japanischen Sancho-Pfeffer, Ginseng-Bonbons, Kochbücher und Kochutensilien kann man hier erstehen.

Marktfreuden in der Leopoldstadt
Kaas am MarktSzenenwechsel: Auf dem Karmelitermarkt im zweiten Bezirk Wiens hat sich ein neues Lebensgefühl breitgemacht. Erst im März eröffnete dort der Marktstand »Kaas« von Isabel Kaas (siehe Foto), ein Hedonistentreff mit einer großen Auswahl an Slow-Food-Delikatessen und kleineren Gerichten, die gleich an Ort und Stelle verzehrt werden können. Zu kaufen gibt es unter anderem das herrliche Brot von Denise Pölzelbauer und Erich Kasses, der Käse stammt von Stephan Gruber, Wurst und Schinken kommen von Schardax und Thum, die Schnecken vom Andreas Gugumuck aus Rothneusiedl. Nicht weit davon entfernt kommen auch Marktbesucher mit einem etwas größeren Hunger auf ihre Kosten. Seit im »Marktachterl« Josef Hohensinn am Herd steht, wird das hübsche Lokal inmitten des Karmelitermarktes gestürmt. An schönen Tagen sind die Plätze vor dem Lokal heillos überbucht. Nicht ohne Grund: Hohensinn war 15 Jahre lang Souschef des großen Reinhard Gerer, seine Küche zählt momentan zu den besten im ganzen Bezirk.

Ein Markt mausert sich
Wiens Märkte rüsten unermüdlich auf. Laufend werden neue Stände mit ausgefallenen Delikatessen eröffnet, die Zahl der Lokalitäten für Feinschmecker, hedonistisch veranlagte Bohemiens und lebensfrohe Großstadtgourmets nimmt stetig zu. Bestes Beispiel: der Yppenmarkt in Wien-Ottakring. Vor einigen Jahren bot der Markt auf dem Yppenplatz als Verlängerung des Brunnenmarktes in kulinarischer Hinsicht noch ein eher trauriges Bild. Heute ist er nicht mehr ­wiederzuerkennen. Allein das »An-Do Fisch« (siehe folgendes Foto) des türkischstämmigen Ibrahim Kilicdagi ist ein monumentales Lokal mit einer Gesamtfläche von über 200 Quadratmetern. Rund 100 Gäste können sich hier den Freuden maritimer Kulinarik hingeben – in einem kühlen Ambiente aus Glas, Metall und modernen Designermöbeln.

Charmanter Yppenmarkt
An-Do FischBrunnen- und Yppenmarkt, das sind 550 Stände und Betriebe, die meisten davon in türkischer Hand. Aus der Luft betrachtet ist das Marktareal ein langer Schlauch mit einem großen Platz am Ende (der Brunnenmarkt ist der längste Straßenmarkt Europas). 59.000 Menschen schlendern jede Woche durch die Brunnengasse hinunter zum Yppenplatz. Das sind mehr Besucher als in allen anderen Märkten Wiens. Besonders der Yppenplatz hat einen eigenen Charme. Es sind Lokale wie das »La Salvia«, denen dieser Platz sein Flair verdankt. Geführt wird die­ses sympathische Lokal von Irene Strobl, angebo­ten werden kleinere Gerichte mediterraner Art, aber vor allem Delikatessen und Weine aus dem Friaul, aus Slowenien und Istrien. Bei schönem Wetter sitzen die Gäste gleich direkt vor dem Lokal. Im Herbst gibt es frische Trüffel – edles Essen für edle Menschen.

Kulinarische Höhepunkte
Auf der anderen Seite des Platzes führt die Vor­arl­bergerin Denise Amann ein kleines Lokal namens »Noi«. Die Jungköchin ist typisch für die neue Yppenplatz-Szene. Man kennt sie aus dem Fernsehen, sie war einige Zeit im ORF in der Sendereihe »Wild Cooking« zu sehen und trat auch schon in einer deutschen Koch­show auf – zusammen mit den altbekannten Küchen-Gladiatoren Alfons Schubeck, Johann Lafer und Horst Lichter. Ein Stück weiter hat Ende des Vorjahres das Ecklokal »Wetter« eröffnet, wo Raetus Wetter (früher im »Expedit«) eine gelungene mediterrane Küche einfachen Zuschnitts servieren lässt. Das »Wetter« zählt derzeit zu den besten Lokalen am Markt.

Einzigartige Genüsse
Staud's am YppenmarktHans Staud ist hier schon länger auf dem Platz. Staud ist Österreichs bekanntester Marmeladenmacher. Die Geschichte der Ottakringer Konfi­türenmanufaktur reicht bis in die Monarchie ­zurück. »Der Markt ist besser geworden«, sagt Staud, »vor allem aber die Atmosphäre in dieser Gegend hat sich deutlich gewandelt.« Direkt vor seinem Stand werden im Sommer Artischocken aus dem Marchfeld angeboten – eine Spezialität, die auf keinem anderen Markt Wiens zu ­finden ist.

Unerreichte Vielfalt: Der Naschmarkt
Doch das größte Angebot an Delikatessen hat immer noch der Naschmarkt. Manche Stände haben Kultstatus erreicht – wie etwa jener von Gerhard Urbanek, Wiens ungekröntem Käse-Kaiser. Das winzige Geschäft ist ein kleines Universum aus Würsten, Käse, Schinken und Spezialitäten aller Art. Legionen von Stammgästen fallen hier regelmäßig ein, darunter Wiens Bürgermeister oder Starkoch Reinhard Gerer. Etwas weiter vorne, ganz in der Nähe des neuen Shops von Sohyi Kim, hat Erwin Gegenbauer zwei Stände. In einem davon bietet er seine inzwischen weltberühmten Essige an, beim gegenüberliegenden Stand ist es hauptsächlich Kaffee – importierte Sorten, aber auch aus eigener Rösterei. Erlesene Delikatessen bietet auch der noble Stand »Pöhl«, wo die Klientel vorwiegend nach italienischen und französischen Käsespezialitäten fahndet. Beim »Pöhl« ist aber auch alles andere von exzellenter Qualität, der Laden hat sich zu einer der besten Feinkostadressen Wiens entwickelt.

Regionale Delikatessen in Salzburg ...
In Salzburg sind vor allem zwei Märkte von Bedeutung: der Schrannen- und der Grünmarkt. ­ Die Schranne versammelt Markthändler aus dem gesamten Bundesland Salzburg sowie aus Oberösterreich und Bayern. Vertreten sind Bauern, Bäuerin­nen und Delikatessenhändler mit saisonalen und ­regionalen Spezialitäten wie Salzkammergut-Fischen, Reinanken und Saiblingen, mit Mondseelamm, Pinzgauer Rind, Pinzgauer Gebirgs­prei­sel­beeren, Lungauer Eierschwammerln oder Stein­pilzen, mit internationalen Käsespezialitäten, Obst und Gemüse sowie Spezialitäten der Salzburger ­Genussregionen, vom Lungauer Eachtling bis zum Walser Gemüse. Besonders zu empfehlen sind die Stände der Familien Kriechbaum und Baischer, beide aus Lochen.

... verteilt auf zwei Märkte
Grünmarkt in SalzburgZu den obligatorischen Sehenswürdigkeiten der Mozartstadt gehört aber auch der Grünmarkt, der auf dem Universitätsplatz vor der Kollegienkirche über die Bühne geht (siehe Foto). In der Philharmonikergasse Richtung Festspielhäuser versammeln sich jeden Samstag auch mehrere Bio-Bauern aus Salzburg und Oberösterreich.­­ Fixpunkte an den übrigen Tagen sind vor allem die Stände »De­likatessen Mayer« und der Marktwagen mit den Fischspezialitäten bei Reinhard Krieg. Zu den regionalen und internationalen Delikatessen auf dem Grünmarkt zählen etwa ­Bio-Saib­ling aus dem Flachgau, Mondseelamm aus Plomberg, Holzofenbrot aus der Stiftsbäckerei St. Peter, Bio-Brotspezialitäten der Bäckerei ­Itzlinger und Wildschweinroh-
schinken bei »­Delikatessen Mayer«.

Reichhaltiges Angebot in Graz

In Graz wiederum ist es der »Markt auf dem Kaiser-Josef-Platz«, der eine tragende Rolle in der steirischen Bundeshauptstadt spielt. Der direkt bei der Oper befindliche Markt hat von Montag bis Freitag geöffnet, das Angebot reicht vom professionellen Gärtnerbetrieb über den Blumen- und Gemüsehändler bis zum feinen Lebensmittelhandel. Stark ist auch das Angebot der Bauern und Produzenten aus der Umgebung von Graz: mit Spargel von Tappauf, Fischen vom Gut Hornegg, Sulmtaler Hendln, Eiern, Speck und Geselchtem. Dazu frisches Gemüse von Bauernhöfen, Kernöle und andere Genussmittel aus bäuerlicher Produktion.

Klein aber fein: Der Benediktinermarkt
SpeckIm südlichsten Bundesland Österreichs empfiehlt sich der »Benediktinermarkt« in Klagenfurt. Der täglich außer Sonntag geöffnete Markt bietet eine gute Mischung aus professionellen Obst- und Gemüsehändlern, Gastronomen, Genussmittel­ver­käufern und Bauern, die vor allem donnerstags und samstags gleich zwei Straßenzüge okkupieren. Der Klagenfurter Markt verfügt über zwei Pavillons: In einem sind Kioske untergebracht, im zweiten diverse Lokale mit einem breiten Gastronomieangebot: von der Selchwurst mit Kren und Senf bis zur feinen italienischen Pasta.

Im Westen endet die Reise
Ganz weit im Westen – genauer gesagt in Dornbirn – befindet sich einer der besten Märkte Österreichs. Zweimal pro Woche findet der »Dornbirner Wochenmarkt« vor einer malerischen Kulisse in der Fußgängerzone im Zentrum statt. Bregenzerwälder Käse von verschiedensten Sennern wie etwa den Sulzberger Käserebellen (preisgekrönt), frisches Bio-Fleisch, Spargel und Bodensee-Fische sind nur einige der regionalen Spezialitäten. Doch auch in gastronomischer Hinsicht bietet der Markt einiges: etwa das großartige »Buongustaio«, eine italienische Genussoase mit Vinothek und edlen Delikatessen aus Italien, oder das »Rote Haus«, ein bekanntes Restaurant im denkmalgeschützten, 1639 erbauten Rheintalhaus. Dort speist man nicht nur gut und direkt am Marktplatz, sondern sitzt praktisch im Wahrzeichen Dornbirns.

Alle Informationen zu den angeführten Märkten und Lokalen finden Sie hier.

von Herbert Hacker

Den vollständigen Artikel lesen Sie in Falstaff 04/10

Herbert Hacker
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