Mallorquiner Wein: Gereift für die Insel

Seit zwanzig Jahren machen auch Mallorcas Weingüter von sich reden. Ihr einziges Problem: Sie können die Nachfrage nicht bewältigen.

Mallorca ist ein Rätsel, ein Wunder, eine Zumutung. Von Juni bis September landen täglich an die hundert Flugzeuge auf schmalen, von Gummiabrieb gezeichneten Asphaltbahnen und spülen Tausende Menschen an Land. Doch diese schier unfassbare Menge an Touristen tritt sich entweder in der Hauptstadt Palma die Zehen platt oder verliert sich schnell im zerklüfteten Hinterland. So ist es möglich, dass man im Landesinneren auch zu belebten Zeiten noch nahezu ­einsame Orte findet.

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Erfolgreiche Schatzsuche
Haben die Mallorquiner anfangs der schrittweisen Eroberung ihrer Insel noch mehr oder minder teilnahmslos zugesehen, so besinnen sie sich seit einigen Jahren auf die Qualitäten ihres Eilands, erkennen den eigentlichen Schatz der vielfältigen Landschaft, versuchen die sangriasaufenden Massen nach Benidorm oder Ibiza abzuschieben und legen zunehmend Wert auf gehobene Lebenskultur, die im Autochthonen verankert sein will. So kann sich die Küche der Insel längst hochqualitativer und charakteristischer Restaurants auf Sterneniveau rühmen. Mit der neuen Spitzengastronomie feierte aber auch der mallorquinische Weinbau einen ungeahnten und vor allem gänzlich ungeplanten Aufschwung. Nun kaufen nicht mehr nur jene Touristen, die nach Massenweinen gieren, sondern auch Weinenthusiasten, die sich über die wachsende Zahl exzellenter Winzer freuen – ein paar davon zählen zu den besten Weinmachern Spaniens. 

Pilar Oliver von der »Bodega Miquel Oliver« / Foto: beigestelltAn dieser Entwicklung sind Deutsche nicht ganz unschuldig, es wäre allerdings vermessen, sie Entwicklungshelfer zu nennen. Dennoch haben sie auf Mallorca jenen Anstoß gegeben, der die Jahre davor fehlte. Es waren Deutsche wie Bernd Philippi, einstmals experimenteller Önologe bei Köhler-Ruprecht in der Pfalz, der »auf Malle« eine Beraterfunktion übernahm und für den Hamburger Industrieentwickler Hendrik Waal das Weingut »Finca Ses Talaioles« errichtete. Kellermeis-ter ist Philippis ehemaliger Mitarbeiter Sebastian Keller, der wahrscheinlich immer noch jüngste Winzer der Insel.

Man kann nun trefflich darüber streiten, ob die beiden hier gekelterten Weine »Sestalino« und »Sesto« die beiden besten Rotweine der Insel sind; sicher jedoch ist, dass sie es mehre­re Jahre lang waren und auch eine Avantgarde manifestierten, die andere Winzer in ihren Bann zog. Die »Finca Ses Talaioles« öff­ne­te ­Türen – vor allem für Abenteuer im Kopf, die später in Flaschen gefüllt wurden.

Unkonventionell: Sergio Caballero, »Bodega 4Kilos« / Foto: beigestellt

Ein solches Abenteuer ist das »Bodega 4Kilos«, gegründet 2006 von Francesc Grimalt und Sergio Caballero, das binnen kürzester Zeit das meistdiskutierte und avant­gardis­ti­sche Weingut Mallorcas wurde. Ein Garagenprojekt, das vom wichtigsten spanischen Weinführer, dem Guide »José Penin«, gleich eine für einen Einstiegsbetrieb unüblich hohe Bewertung bekam.

Francesc Grimalt war davor Önologe bei »Anima Negra«, dem ersten modernen mallorquinischen Weingut, das weit über die ­Insel hinaus bekannt wurde. Sein eigenes Projekt ist nun noch radikaler auf das Her­ausarbeiten der Gegensätze ausgerichtet und verbindet Tradiertes grandios mit Popkultur. »4Kilos« hat der Jugend den Zugang zum Wein ermöglicht; nach »4Kilos« ist mallor­quinischer Top-Wein nicht mehr nur Spleen reicher Deutscher und Spanier.

Keller des Weinguts »Anima Negra« in Proensa / Foto: beigestellt

Dabei ist Grimalt gar kein Papst des Au­tochthonen, er mischt viel Cabernet Sauvignon und Syrah in seine Cuvées und bevorzugt neues und gebrauchtes französisches Holz, von dem sich die neue südeuropäische Winzer­elite in Priorat und Calce abwendet. »4Kilos« will naturnahe Weine erzeugen, die unter ethisch einwandfreien Bedingungen her­gestellt werden.

Region als Religion? Das ist den beiden Weltbürgern Grimalt und ­Caballero fremd. Grimalt selbst findet die mallorquinischen Sorten nicht ausreichend genug, für wirklich große Weine verantwortlich zeichnen zu können. Diese Aussage brachte ihm zwar einige Kritik ein, doch die beiden berühmtesten Rotweintrauben Mallorcas, Callet und Manto Negro, lassen ausreichend Finesse und Eleganz tatsächlich vermissen. Richtig eingesetzt aber können sie eine Cuvée bestimmen und auch als Wein der Insel erkennbar machen.

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Früh ausverkauft
Die Vielfalt mallorquinischer Weine kann man bei ausgedehnten Kellerbesuchen erfahren. Die meisten Winzer machen Führungen und verkaufen ihre Flaschen vom Hof weg zu deutlich günstigeren Preisen. Das ist vor allem für jene interessant, die gleich einige Wochen auf »Malle« bleiben oder dort ein ­eigenes Anwesen besitzen.

Doch man muss schnell sein, denn die Spitzenwinzer sind früh im Jahr ausverkauft. Damit stehen sie alleine im spanischen Weinbau, der sich auch im vierten Jahr der Krise nur langsam zu erholen beginnt. Auf Mallorca ­jedoch scheint die Krise nie angekommen zu sein.

Denn vollständigen Text von Manfred Klimek lesen Sie im Falstaff 05/14 bzw. Falstaff Deutschland 06/14

Manfred Klimek
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