London: Das Ende des »c«-Faktors

Die Krise ist tot. London lebt auf wie schon lange nicht mehr. Die Spitzengastronomie boomt wie nie zuvor, die Hotellerie rüstet auf.

In der 7. Ausgabe 2010 hat Falstaff, passend zur Vorweihnachtszeit, die beliebtesten Shopping-Destinationen Europas unter die Lupe genommen. Wir beginnen mit London, es folgen Paris, Barcelona, Rom und Kopenhagen.

Noch vor einem Jahr war das »c«-Wort jener Faktor, der in London ­alles dominierte: »the crisis« und die Folgen konnte man überall in der Stadt spüren. Die Gastronomie schwenkte um auf günstige Konzepte, alle sprachen plötzlich darüber, wie toll da und dort das Preis-Leistungs-Verhältnis sei. Selbst renommierte Nobellokale in Mayfair ließen sich herab, Frühbucherrabatte zu gewähren oder gratis ein Glas Champagner zum Lunch zu offerieren. Schnäppchenjäger machten die Einkaufsstraßen unsicher, und nahezu permanent musste mit überraschend über die Kaufwilligen hereinbrechenden »midseason sales« gerechnet werden.

Ebenso schnell aber fand die Stadt 2010 zur alten Noblesse zurück. Die Ära der skurrilen Preis­nachlässe ist passé, die Hoteltarife haben wieder angezogen, und die »cheap eats«-Rubriken in den Magazinen mussten den Testberichten über die zahlreichen neuen Gourmetres­taurants weichen. Eines der beispiellosen neuen Phänomene ist die Rückkehr der Spitzengastronomie in die Grandhotels.

Das »Mandarin Oriental« an der Park Lane holte sich im Sommer den New Yorker Altstar Daniel Boulud für die noble Bar »Boulud«. Wirklich spannend wird es an gleicher Adresse kurz vor Weihnachten, wenn Hes­ton Blumenthal in diesem Spitzenhotel zusätzlich zu seinem »Fat Duck in Bray on Thames« ein zweites Signature-Restaurant eröffnet. Schließlich wollte »Mandarin Oriental« dem Mitbewerber »The Dorchester« nicht nachstehen, wo schon seit zwei Jahren Alain Ducasse eine Filiale betreibt.

Schon im Oktober sperrt nach jahrelanger Generalsanierung das Traditionshotel Savoy wieder auf, dort wird der Kochmulti Gordon Ramsay seinen Grill im »Savoy Grill« anwerfen. Altstar Pierre Koffmann, in den Siebzigern machte er im »La Tante Claire« Furore, zog im Sommer in Ramsays einstiges »Boxwood Café« im Berkeley Hotel in Belgravia ein.

Neue kleine, feine Hotels sperren da und dort auf, im Februar folgt ein W Hotel am Leicester Square. Und der quirlige Vierfachvater Jamie Oliver eröffnete im West End seine erste Innenstadtfiliale des neuen Italokonzepts »Jamie’s Italian«.

London ist wieder das, was es immer war. Nur der niedrige Pfundkurs ist dem Gast immer noch gnädig. Grund genug, sofort wieder hinzufahren – oder, wie der Schweizer Ko­lumnist Mark van Huisseling so treffend anmerkte: »Wer genug von London hat, hat genug vom Leben.«

Tipps: Die besten Adressen Londons.

von Alexander Bachl 

aus Falstaff Nr. 7/2010

Alexander Bachl
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