Die Kohle-Produktion ist eine der ältesten Kulturtechniken der Menschheit.

Die Kohle-Produktion ist eine der ältesten Kulturtechniken der Menschheit.
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Light my Fire: Profi-Tipps für den nächsten Grillabend

Es ist nicht egal, mit welcher Kohle wir grillen. Falstaff hat eine der letzten Köhlerfamilien in Österreich besucht.

Johann und Theresia Hochecker gehören zu den wenigen Menschen, für die Holzkohle nicht Freizeit und Grillen, sondern jede Menge Arbeit bedeutet. Die Hocheckers sind eine von drei verbliebenen Köhlerfamilien in Österreich. Etwa alle zwei Wochen werfen sie einen neuen Meiler an: Dann spalten sie mehrere Tonnen Holz, schneiden die Äste und Stämme in etwa ein Meter lange Stücke und schichten sie zu einem dreistöckigen Haufen mit gut acht, neun Metern Durchmesser auf. In die Mitte kommen die ganz dicken Scheite und ein Kaminrohr. Der fertige Holzstoß wird erst mit Reisig und dann mit einer pechschwarzen Mischung aus Sand und Asche abgedeckt – Theresia Hochecker nennt die Meiler daher liebevoll »Maulwurfshügel«. Dann werfen die Hocheckers brennendes Holz ins Kaminrohr, bis sich eine ordentliche Hitze entwickelt. Wenn alles gut geht, hat sich drei bis vier Wochen später das Holz in Holzkohle verwandelt.
Was ist eigentlich Pyrolyse?
Holzkohle zu machen ist eine der ältesten Kulturtechniken der Menschheit – bereits vor 30.000 Jahren dürften unsere Vorfahren damit begonnen haben, Holz in Kohle zu verwandeln. Der Vorgang ist relativ simpel und verdankt sich einem Phänomen, das Pyrolyse genannt wird: Holz wird zu Kohle, wenn es ohne Sauerstoff hohen Temperaturen ausgesetzt ist. Es verbrennt dann nicht, stattdessen werden ab etwa 315 Grad Wasser, Gase und diverse organische Stoffe aus dem Holz gelöst, zurück bleibt reiner Kohlenstoff – theoretisch. Die Pyrolyse läuft nie ganz perfekt ab: Je nach Verfahren und Holzart besteht fertige Holzkohle daher zu 50 bis 90 Prozent aus Kohlenstoff. Die restlichen Prozent sorgen dafür, dass die Kohle beim Anzünden raucht und nach dem Grillen etwas Asche zurückbleibt. 

 Ob die Wahl auf Briketts oder Kohle fallen sollte, hängt vom Grillgut ab. 
© Weber Stephen
Ob die Wahl auf Briketts oder Kohle fallen sollte, hängt vom Grillgut ab. 

Gute Kohle erkennen

Wer einmal mit hochwertiger Holzkohle gegrillt hat, weiß: Kohle ist nicht gleich Kohle. »Gute Kohle zeichnet sich vor allem durch große Stücke aus, die heißer und länger glühen«, sagt Köhlerin Theresia Hochecker. »Wir haben uns zu Testzwecken einmal einen Sack beim Discounter gekauft, und was da drin war, war unserer Meinung nach eine Frechheit.« Der Küchenchef und österreichische Grillweltmeister Adi Bittermann sieht das genauso: »Bei billiger Kohle hast du viele kleine Stücke drin, viel Mist, der schnell verpufft. Da fällt schon beim Anzündkamin ein Großteil durch. Sie brauchen da am Ende dreimal mehr davon als von teurerer Ware und zahlen dann erst recht mehr.« Billige Kohle raucht und stinkt zudem mitunter mehr, brennt weniger heiß, ungleichmäßig und nicht besonders lang. »Wenn man den Kohle-Sack beim Einkauf in die Hand nimmt, sollte man darauf achten, dass er ein bisschen Gewicht hat«, rät Bittermann. »Und die Verpackung sollte kein Papiersackerl, sondern wasserdicht sein, damit die Kohle beim Lagern nicht feucht wird.« 
Woher kommt die Holzkohle eigentlich?
In modernen Fabriken passiert das Verkohlen in großen Öfen statt im mit Sand und Asche bedeckten Meiler, der Prozess ist sonst aber genau der gleiche. Trotzdem stammt ein Gutteil unserer Grillkohle immer noch aus Anlagen wie jenen der Hocheckers – sie stehen allerdings nicht in Österreich, Deutschland oder der Schweiz, sondern in Ländern, wo die Lohnkosten deutlich niedriger sind: großteils in osteuropäischen Staaten wie Polen, der Ukraine oder Rumänien, oft aber auch weiter weg, etwa in Paraguay oder den Philippinen. Mit der Firma »proFagus« hat sich zumindest ein Produzent gehalten, der in Deutschland noch industriell Holzkohle herstellt.

Prinzipiell kann aus jedem organischen Stoff Kohle werden, neben Holz werden daher auch teilweise Abfallprodukte wie Kokosnussschalen verkohlt. Generell gilt: Kohle aus Hartholz glüht länger und heißer als solche aus Weichholz – Buche gilt hier als das Optimum unter den heimischen Hölzern. Weichholz-Kohle lässt sich dafür leichter anzünden. Holzkohle-Säcke bestehen daher oft aus einer Mischung unterschiedlicher Holzarten. Die Hocheckers verwenden für ihre Kohle alles, was ihr Mischwald hergibt: Eiche, Hainbuche, Birke und Tanne kommen hinein; wichtig ist nur, dass mindestens 70 Prozent Hartholz sind. Binchotan, die legendäre Holzkohle der japanischen Yakitori-Meister, wird aus einer speziellen Eichenart geköhlert. Sie verglüht völlig rauchfrei, extrem heiß und gleichmäßig. Bei uns ist sie leider nur als »Aktivkohle« und Wasserfilter erhältlich und wird zu abenteuerlichen Preisen gehandelt. 
Die Rundumverwertung des Baums
Die Hocheckers verwenden für ihre Kohleproduktion sogenanntes Faserholz aus ihrem eigenen Wald – also jenen Teil der Baumstämme, aus denen die Äste herauswachsen und die daher nicht für Bretter geeignet sind. Den schönen, unteren Teil der Stämme verkaufen sie an die Holzindustrie, aus den kleinen Ästen machen sie Hackschnitzel – aufgrund dieser Rundumverwertung des Baums sind sie noch im Geschäft. Große Kohleerzeuger wie Weber verwenden meist Holzabfälle, etwa aus der Möbelindustrie.
Worauf sollte man achten?
Wer nachhaltig und umweltfreundlich grillen möchte, sollte jedenfalls darauf achten, wo seine Kohle herkommt. Billige Kohle etwa wird oft nicht in Europa hergestellt, sondern hier bloß umgepackt. Viele Umweltschutzorganisationen, etwa der WWF, empfehlen Produkte mit dem Siegel des Forest Stewardship Council (FSC): Es stellt sicher, dass Bäume aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern verwertet wurden.

Holzkohle oder Briketts?

Ob Sie besser Holzkohle oder Briketts kaufen, kommt darauf an, was Sie am Grill vorhaben:

Briketts werden aus Kohlestaub hergestellt, der mit Stärke gemischt und gepresst wird. Alle Stücke sind daher gleich groß, gleich schwer und dicht, sie brennen gleichmäßig, vorhersehbar und viel länger als klassische Holzkohle. Wenn Sie lange grillen wollen, etwa einen großen Braten über mehrere Stunden garen oder gar über Nacht räuchern, sind Briketts daher die bessere Wahl. Briketts werden oft aus Braun- statt aus Holzkohle hergestellt. Bei diesen Produkten bleibt einerseits viel mehr Asche zurück, was das Reinigen des Grills erschwert, außerdem fehlt ihnen das typische Holzaroma. Wenn Sie Briketts kaufen, achten Sie daher darauf, dass dezidiert »Holzkohlebriketts« oder »aus Holzkohle« auf der Packung steht. Auch Steinkohle-Briketts sind gelegentlich erhältlich: Sie brennen mit Abstand am heißesten von allen Optionen – so heiß, dass Grillweltmeister Bittermann eher von ihnen abrät. Zu groß sei die Gefahr, dass die Wurst oder das Steak eher verbrennt denn gart. Wie bei Grillkohle gilt laut Bittermann auch bei Briketts: Gute Produkte sind nicht zu leicht, sondern fühlen sich schwer und fest an. Außerdem sollten sie nicht beim leichtesten Druck zerbröseln, sondern ihre Form behalten. 
Holzkohle entwickelt deutlich mehr Hitze als Briketts – für Steaks oder andere Teile, die schnell und heiß gegrillt werden sollen, ist sie besser geeignet. Große Stücke und Kohle aus Hartholz sorgen für eine lange Glühzeit. Kohle aus Weichholz ist hingegen schneller entzündbar. Beide Vorzüge kann deshalb eine Kohlemischung aus Hart- und Weichholz vereinen.

Die besten Grillkohlen & -briketts

Tipp: Wer sich für handgemachte Holzkohle von Köhlern aus der Region interessiert, der wendet sich am besten an den Europäischen Köhlerverein: www.europkoehler.com

(aus dem Falstaff Magazin 05/2016)

Tobias Müller
Autor
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