Wer an Levante-Küche denkt, meint vor allem Mezze, kleine Schälchen mit allerlei Köstlichkeiten, die in der Tischmitte zum Teilen serviert werden.

Wer an Levante-Küche denkt, meint vor allem Mezze, kleine Schälchen mit allerlei Köstlichkeiten, die in der Tischmitte zum Teilen serviert werden.
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Levante: Das steckt hinter dem Kulinarik-Trend

Die Küche des östlichen Mittelmeers ist im Trend. Sie wird nicht nur wegen ihrer einzigartigen Aromenwelt geschätzt, sondern auch wegen der gesunden Zutaten.

Wer von Levante-Küche spricht, meint zuallererst Mezzekleine Tellerchen mit allerlei Gerichten, die nicht selten den ganzen Tisch füllen. Das Wort bezeichnet einzig die Form des Servierens, wobei Mezze meist als Vorspeisenvariation auf den Tisch kommen. In vielen Lokalen der Levante ist es selbstverständlich, dass man zu Beginn eines Essens eine große Auswahl an Mezze teilt, danach aber einen Hauptgang auf individuellen Tellern genießt. Bestimmte Speisen sind mit Mezze eigentlich nicht gemeint, doch ein Gericht darf nicht fehlen: Hummus. Das Wort Hummus stammt aus dem Arabischen und steht für die Kichererbse, diese ist dann auch die Grundlage des Gerichts, nur selten kommen andere Hülsenfrüchte wie Bohnen zum Einsatz.

Hummus

Hummus zählt in den meisten Ländern der Levante zu den Nationalspeisen, insbesondere im Libanon, in Israel, in den palästinensischen Autonomiegebieten und in Syrien. Und auch wenn sich die Hummus-Versionen natürlich stark ähneln, kennt nicht nur jedes Land, jede Region oder jede Stadt ihre eigene Hummus-Version, sondern vermutlich sogar jeder Koch oder gar Bewohner der Levante. Für die Herstellung von Hummus werden Kichererbsen eingeweicht und so lange gekocht, bis sich diese zu einem Brei pürieren lassen. Ziel ist es, eine möglichst feine Konsistenz zu erreichen, darum werden zuweilen sogar geschälte Kichererbsen verwendet. Der Brei wird mit mehr oder weniger Tahini (Sesampaste), Olivenöl und Zitronensaft zu einer Creme verrührt und gewürzt; je nach Geschmack mit Knoblauch, Pfeffer und Kreuzkümmel. Garniert wird das Ganze mit scharfem Paprikapulver, Petersilie oder Gewürz-Sumach – um nur drei Beispiele zu nennen.

Die Küche der Levante ist eine Küche der Vielfalt, das zeigt ein Tisch voller Mezze-Gerichte exemplarisch. Neben Hummus gehört die Auberginenpaste Baba Ghanoush zu den Klassikern, genauso wie die Bulgur-Knödel Kibbeh oder die libanesischen Salatgerichte Fattusch und Taboulé. Auffallend dabei ist, dass Mezze praktisch immer vegetarisch sind und oft auf Basis von Gemüse oder Hülsenfrüchten hergestellt werden. Mezze gehören vermutlich zum gesündesten Sharing-Food, das man sich nur vorstellen kann – einer der vielen Gründe für den anhaltenden Erfolg dieser »orientalischen Tapas«.

Gewürze aus 1001 Nacht

Aber die Küche des Nahen Ostens ist nicht nur von Hülsenfrüchten und Gemüse geprägt, sondern insbesondere auch von charakteristischen Zutaten und Gewürzen, die nicht nur durch ihr Aroma, sondern oft auch optisch überzeugen. Allen voran das rötlich leuchtende Sumach. Dieses besteht aus den getrockneten und geschroteten Früchten des Sumach-Strauchs, der vor allem im Mittelmeerraum wächst. Sumach hat einen fruchtigen, leicht herben und betont säuerlichen Geschmack. Ähnlich wie bei uns Salz und Pfeffer wird Sumach gern zum Nachwürzen diverser Speisen oder in Gewürzmischungen verwendet. Auch Kardamom ist aus der Küche der Levante nicht wegzudenken. Er stammt aus der Familie der Ingwergewächse – die kleinen grünen Kapseln schmecken würzig-süßlich und leicht scharf. Verwendet werden die ganzen Schoten in gekochten Gerichten sowie auch die darin enthaltenen Samen als Gewürz.

So wie die Mezze-Gerichte auf den Tischen der Levante für Vielfalt sorgen, wird auch bei den Gewürzen mit Vielfalt aufgetrumpft. Es gibt typische Würzmischungen, die in vielen Gerichten zur Anwendung kommen. Da wäre etwa das arabische Baharat, das zum Würzen von Lamm, Hackfleisch, Couscous und Fischgerichten verwendet wird. Ähnlich wie bei Currypulver gibt es auch bei dieser orientalischen Gewürzmischung keine fixe Zutatenliste, das Rezept variiert vielmehr von Region zu Region. Hauptbestandteile sind meist Pfeffer, Koriander, Kreuzkümmel, Nelken, Paprika, Muskat und Zimt. Die Araber verbreiteten die Mischung im Nahen Osten über Libyen bis nach Tunesien und über den Libanon und Jordanien ins heutige Israel und Palästina. Verwendung findet sie nicht nur in den genannten Gerichten, sondern beispielsweise auch im »Kaffee Baharat«, einem gewürzten Kaffee. Viel mehr Orient bekommt man nicht in eine Tasse.

Eine weitere beliebte Würzmixtur der Levante ist Zatar, das auch in der nordafrikanischen Küche Verwendung findet. Der Begriff kommt ebenfalls aus dem Arabischen und steht für den wilden Thymian, der als Hauptbestandteil für den aromatischen Grundton sorgt. Angereichert wird dieser mit dem bereits genannten Sumach, gerösteten Sesamsamen und Salz. Je nach Region, Vorlieben und Zubereitungsart werden weitere Zutaten ergänzt. Traditionell wird Zatar mit Olivenöl angerührt und vor dem Backen auf Fladenbrot gestrichen. Gerne wird es aber auch – ähnlich wie das südamerikanische Chimichurri – zu Fleisch oder als Dip zu anderen Gerichten gereicht.

Für jeden etwas

Kräuter kommen in der Levante-Küche nicht zu kurz, nicht nur, was den wilden Thymian betrifft – oft geht es dort für uns Mitteleuropäer aber weit weniger exotisch zu als gedacht. Minze gehört zu den verbreiteten Kräutern und wird gerne für das Brühen von Tee eingesetzt, aber auch Petersilie oder Oregano finden Verwendung. Fast schon legendär ist das Eiergericht Shakshuka, das in der Levante vor allem zum Frühstück genossen wird. Dabei werden Eier in einer lange gekochten Tomatensauce pochiert und so in der Pfanne serviert. Und auch dieses Gericht kennt die verschiedensten Zubereitungsarten. Häufig wird hier die aus Tunesien stammende Würzpaste Harissa eingesetzt, und natürlich wird eine Shakshuka gerne mit Kräutern wie Petersilie und zuweilen Koriander garniert – alleine schon der Optik wegen.

Neben den Gewürzen und den Kräutern sind es spezifische Zutaten, die der Levante-Küche ihren Schliff verleihen. Zu den zentralen Elementen gehört Sesam. Dieser wird als Samen etwa auf Gebäck oder als Garnitur auf Salaten verwendet. Weit öfter noch findet man ihn aber verarbeitet in Gerichten. Dafür werden die Sesamsamen zermahlen, es entsteht die legendäre Tahini-Paste, die als Grundzutat für Hummus und andere Dips bekannt ist. Doch Sesam wird auch süß genossen. Die ursprünglich aus Indien, Iran, Pakistan und Zentralasien stammende Süßspeise Halva ist auch aus der Levante nicht mehr wegzudenken. Es handelt sich dabei um eine flockig-faserige, herrlich süße Sesam-Masse, die auf Märk­ten in den verschiedensten Varianten angeboten wird – versetzt mit Nüssen, Samen, Gewürzen, Früchten und in den unterschiedlichsten Farben. Auch bei der Süßspeise Halva ist die Vielfalt der Levante sagenhaft. Interessant an diesem und an vielen anderen Gerichten der Levante ist, dass sie ganz ohne Milchprodukte oder Fleisch auskommen, was sie für alle Ernährungsgewohnheiten ideal machen – wichtig in einem Landstrich, der von Menschen aller Weltreligionen bewohnt wird. Halva etwa ist nicht nur köstlich, sondern auch kosher, was ein wichtiger Grund für den Siegeszug der Speise über den ganzen Planeten war. Auf den Tellern ist die Völkerverständigung im Nahen Osten also längst Realität.

Erschienen in
Falstaff Nr. 08/2020

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Benjamin Herzog
Benjamin Herzog
Chefredaktion Schweiz
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