Las Vegas: Jackpot für Gourmets

Vom Spielerparadies zum Mekka der Weltküche: In der Wüste Nevadas konkurrieren viele internationale Spitzenköche.

Für André Rochat, der heute im hoch dekorierten »André’s« im Monte Carlo Casino und im innovativen »Alizé« im Palms Casino Resort der französischen Küche ein Denkmal setzt, war Las Vegas vor vier Dekaden Faszination und Schock zugleich. »Als ich 1971 hier ankam, war ich ­begeistert vom vielen Geld, von den gewaltigen Shows«, sagt der heute 68-Jährige. Doch in der größten Spielhölle der Welt gab es nicht einmal vernünftiges Brot. Der junge Koch aus dem ­Savoyen-Dorf La Rochette setzte sich in den Kopf, Las Vegas mit dem französischen Baguette zu ­erobern. Das erste eigene Business unter dem Namen »Savoy French Bakery«, eines der ersten Straßencafés der Stadt, war der Anfang einer großen Kochkarriere in Las Vegas. »Eine ­Bäckerei konnte ich mit dem wenigen Geld leichter ­eröffnen als ein teures Restaurant«, ­erinnert sich der Franzose. Heute ist Rochat der Doyen unter den berühmten Chefs in der Zwei-Millionen-Metropole.

Hollywood- und Küchenprominenz Seite an Seite
Die Zeiten, als die Casinos mit gnadenlos billigem Essen eine spielfreudige Klientel anlocken mussten, sind vorüber. Las Vegas hat sich gewandelt. Die Wüstenstadt ist zur Welthauptstadt großer Küche aufgestiegen. Im vergangenen Jahr erhielten Restaurants wie die von Joël Robuchon im MGM Grand oder Julian Serranos »Picasso« im Bellagio den begehrten AAA Five Diamond Award. Das Spielerparadies ist inzwischen auch ein Dorado für Gourmets. Nirgendwo sonst versammeln sich in einem Stadtzentrum derart viele große Namen: Joël Robuchon, Wolfgang Puck, André Rochat, Michel Richard, Nobu Matsuhisa, Pierre Gagnaire, Alain Ducasse, Jean-Georges Vongerichten und Julian Serrano. Haute Cuisine trifft auf kalifornisches Cross-over, japanische Küchenkunst auf österreichische Klassiker – globale Küche am Strip.

Französische Küche, natürlich auch Hummer, serviert André Rochat im »Alizé« im Palm Casino Resort
Französische Küche serviert André Rochat im »Alizé« im Palm Casino Resort

Immer mehr Küchenprominenz zieht es in die Wüste von Nevada. Erst kürzlich hat der Brite Gordon Ramsay angekündigt, im Frühjahr im Casino Paris Las Vegas ein Steakhaus und damit sein erstes Las-Vegas-Restaurant zu er­öffnen. »Vegas ist so eine vibrierende Stadt, dass ich schon sehr aufgeregt bin«, sagt Ramsay, der insgesamt 13 Michelin-Sterne hat und einst bei Guy Savoy und Joël Robuchon lernte. Nach den Krisenjahren 2009 und 2010 wird nun wieder mehr investiert. Im Sommer eröffnet das erste Nobu-Hotel. Der Casino-Klassiker Caesars Palace am Las Vegas Strip hat für die Fünf-Sterne-Herberge einen seiner ältesten ­Hoteltürme renoviert. Herzstück des Boutique-Hotels im Centurion-Turm werden das Restaurant und die Lounge in japanischer Eleganz mit Teppanyaki-Tischen sein. Für die Küche zeichnet Chefkoch Nobu Matsuhisa verantwortlich, der mit seinen Partnern, dem Filmproduzenten Meir Teper und dem Filmstar Robert De Niro, das Luxushotel betreiben wird.

Konkurrenzkampf und neue Wege am Las Vegas Strip
Das Steakhouse »Oscar's« gehört Jeffrey Martell, »Las Vegas Chef of the Year 2011«Doch nicht alles, was glänzt, ist Gold in Las Vegas. Immer mehr Casinos holen sich große Namen internationaler Küchenstars ins Haus. Denn der Werbeeffekt ist riesig. Das Problem: Die ­Restaurants gehören den Küchenchefs nicht. Die Folgen: Die berühmten globalen Kochkünstler stehen dort nur alle paar Monate am Herd, um ein neues Menü zu entwickeln. Wolfgang Puck aus Los Angeles ist ­einen anderen Weg gegangen. Ihm gehören die beiden Restaurants »André’s« und »Alizé«.

Die Sucht nach Neuem ist gewaltig, die Konkurrenz unter den Küchenchefs ebenfalls. »Las Vegas ist sehr fordernd. Jeder von uns muss sich täglich Ungewöhnliches einfallen lassen, der Wettbewerb ist knallhart«, sagt Küchenchef ­Jeffrey Martell. Der 36-Jährige aus New Jersey leitet das im Dezember 2011 eröffnete Steakhouse »Oscar’s«. Martell, der zum »Las Vegas Chef of the Year 2011« gekürt wurde, steht für eine neue, unverkrampfte Küche. Statt kalorienschwerer Beilagen stellt er das frische Produkt in den Mittelpunkt. Das Gemüse stammt teilweise aus ökologischem Anbau.Die Zahl der qualitätsbewussten Las-Vegas-Besucher wächst. Natürlich gibt es in manchen Casinos immer noch Buffets mit Kalorien­bomben. Doch der Bedarf an gesundem Essen steigt.

Kulinarik als Touristenmagnet
Im Milliardengeschäft der Spiel- und Unterhaltungsmetropole spielen die Restaurants ­inzwischen eine Schlüsselrolle. Sie sind für die Casinos neben dem Das L'Atelier von Joël Robuchon im MGM Grand zählt auch zu Wolfgang Pucks LieblingslokalenGewinnspiel und den Shows zu einer wichtigen Einnahmequelle geworden. »Immer mehr Gäste reisen aus kulinarischen Gründen nach Las Vegas«, sagt Andreas Wieckenberg, Food-&-Beverage-Direktor des Mandarin Oriental. »Fine Dining ist mittlerweile Teil der Unterhaltungsindustrie dieser Stadt.« Die hohen Ansprüche von Gourmets stellen völlig neue Anforderungen an Starköche wie etwa Michel Richard. Auf Bitten des Caesars Palace eröffnete er im Herbst 2011 sein Restaurant »Central Michel Richard« im Casino am Strip, das rund um die Uhr geöffnet hat.

Die Stadt ist nach Meinung vieler Einheimischer der Lust am guten Essen und Trinken verfallen wie einst der Spielsucht. »Die Be­deutung guter Restaurants nimmt ständig zu. Las Vegas hat sich in den vergangenen Jahren zu ­einer Stadt für Genießer gewandelt«, sagt ­Martell, der nach einem kurzen Ausflug nach Florida vor Jahren wieder nach Nevada ­zurückgekehrt ist. Las Vegas strotzt nach ein paar schwierigen Jahren wieder vor Selbstbewusstsein. »Die Menschen lieben Las Vegas. Ich liebe Las Vegas. Ich liebe die Energie«, sagt Michel Richard. »In Las Vegas gibt es keine Uhren.«

Starkoch Wolfgang Puck im Interview

Die besten Adressen in Las Vegas

Den vollständigen Artikel mit ausführlichen Informationen zur Kulinarik von Las Vegas finden Sie im aktuellen Falstaff Nr. 03/2012.

Text von Hans-Peter Siebenhaar

Hans-Peter Siebenhaar
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