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Kulinarische Reise durch Asien

Mehr als All-you-can-eat-Buffets, Running Sushi und knuspriger Ente: Asien ist voller kulinarischer Schätze und ausgeklügelter Zubereitungsmethoden, die an Perfektionstrieb kaum zu übertreffen sind.

Die asiatische Küche gibt es nicht. Asien ist der mit Abstand größte Kontinent mit den mit Abstand meisten Bewohnern (60 Prozent aller Menschen leben hier) und kulinarisch ein unendlich reiches, vielfältiges Universum. Wir mussten und wollten uns daher beschränken. Wenn wir von Asien sprechen, dann meinen wir nur jenen Teil dieser riesigen Welt, in der das Essen oft nach Ingwer, Frühlingszwiebel und Koriander schmeckt, nach Soja- und Fischsauce und Shrimp-Paste. Wo es statt täglich Brot Nudelsuppen und im Wok gebratene Gerichte gibt.

Wir haben uns auf fünf Länder konzentriert: China, Japan, Korea, Thailand und Vietnam. Das hat einen einfachen Grund: Wir glauben, dass die Küchen dieser Länder unser Essen in den vergangenen Jahren mehr geprägt und verändert haben als andere. Soja- und Fischsauce stehen in vielen privaten Küchen wie selbstverständlich neben Essig und Olivenöl, Koriander und Ingwer werden so selbstverständlich verwendet wie vor 30 Jahren Petersilie und Bohnenkraut. Während vor 50 Jahren so gut wie jedes Spitzenrestaurant zwischen Los Angeles und Moskau französisch kochte, sind mittlerweile zahlreiche Japaner, Chinesen, Koreaner oder bunte Mischungen in die Königsklasse vorgestoßen. Und selbst dort, wo nicht explizit asiatisch gekocht wird, haben einst obskure Zutaten wie Miso oder Techniken wie Ike Jime, die japanische Kunst des Fischschlachtens, Einzug gehalten.

Japan als Vorreiter

Die einflussreichste Küche für die europäische Haute Cuisine war wahrscheinlich jene Japans: Ab den 1960er-Jahren, vielleicht schon etwas früher, reiste zuerst die französische, dann die amerikanische Kochelite gen Osten auf die Insel und brachte von dort viele jener Ideen zurück, die als Nouvelle Cuisine in die Kulinarik-Geschichte eingehen sollten: Leicht und bekömmlich soll Essen sein, nicht die Portionen sollten groß sein, sondern die Auswahl, und statt den immer gleichen Zutaten sollten die Rezepte mit den Jahreszeiten wechseln.

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Ein paar Jahrzehnte später waren es dann vor allem skandinavische Köche, die sich in Japan Inspiration holten, etwa in der Kunst der fermentierten Würzsaucen und Pasten oder die Idee, dass potenziell alles köstlich ist, nicht nur Delikatessen aus Frankreich, bis hin zu Moos, Seegras und Ameisen. Sie waren damit so erfolgreich, dass das alles als »New Nordic Cuisine« gefeiert wurde. Zu vielem hätte man auch »Old Japanese Wisdom« sagen können. 

Japan selbst wiederum verdankt viel von dem, was sein Essen so toll macht, ursprünglich den Chinesen – auf der Insel wurde es dann weiterentwickelt und verfeinert. Die Chinesen waren die Ersten, die Sojabohnen anbauten und daraus Tofu, Sojasauce und Würzpasten machten. Die Ersten, die das Schwein domestizierten, die Tee tranken und aus Mehl Nudeln walkten, sie in Suppe statt nur in Sauce servierten oder die ihr Essen blitzschnell im Wok brieten. Wer Asiens Esskulturen verstehen will, kommt nicht umhin, sich mit China zu beschäftigen – bis heute ist das Essen zwischen Bangkok und Manila mindestens so stark von China geprägt wie jenes Europas von Frankreich.

In Europa und den USA wurde lange nur eine sehr entschärfte, angepasste Version dieser großen Küche(n) serviert. In den vergangenen Jahren hat sich das aber langsam geändert. Einwandererkinder der zweiten und dritten Generation sperren höchst erfolgreich einen neuen, bisher unbekannten Typ des China-Restaurants auf: Hier gibt es keine billigen Mittagsbuffets mit Sushi und knuspriger Ente, stattdessen wird das kulinarische Erbe der Vorfahren stolz präsentiert, modernisiert, weitergedacht und mit westlichen Traditionen kombiniert – mit fantastischen Ergebnissen.

Im «Lung King Heen» wird kantonesisch gekocht. Chan Yan-tak besorgt die Zutaten gern selbst auf Hongkongs Märkten.
Foto beigestellt
Im «Lung King Heen» wird kantonesisch gekocht. Chan Yan-tak besorgt die Zutaten gern selbst auf Hongkongs Märkten.

Die Lust nach mehr

Die Küchen Thailands, Vietnams und Koreas sind in Kontinentaleuropa bisher noch wenig über den Imbissstand hinausgekommen – im angelsächsischen Raum hingegen werden sie schon länger erforscht und gefeiert, etwa von David Thompson, dem Australier, der gelegentlich für das thailändische Königshaus kocht, oder David Chang, dem US-Koreaner, der derzeit einer der einflussreichsten Köche der USA ist. Wir hoffen, dass das bei uns auch bald passiert, weil hier noch so viele kulinarische Schätze darauf warten, entdeckt zu werden. 

Mit genau dieser Mission haben wir uns auf den Weg durch Japan, China, Korea, Thailand und Vietnam gemacht. Auf den folgenden Seiten erzählen wir Ihnen von vielen der tollen Dinge, die wir gefunden haben. Und weil das nur ein winzig kleiner Ausschnitt ist, hoffen wir sehr, dass er Ihnen Lust darauf macht, sich selbst bald auf den Weg zu machen.


Erschienen in
Falstaff Nr. 06/2019

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Tobias Müller
Autor
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