© Katharina Schiffl

»Kein Destillat unter 60 Jahren«: Das Jahrhundert-Tasting von Del Fabro Kolarik

Einblick in die flüssige Schatzkammer des Wiener Getränkehändlers Del Fabro Kolarik (DFK) gab das »Jahrhundert-Tasting«. Spirituosen aus drei Jahrhunderten, einzeln oder als Teil hochkarätiger Blends, kamen dabei in die Gläser der Bar-Elite.

Schon ein Detail im DFK-Schauraum in der Grillgasse macht klar, dass es eine außergewöhnliche Verkostung werden wird: Kein einziger Spucknapf steht auf den 70 Verkostplätzen, an denen sich Wiens Gastronomen versammelt haben. Robert Huth hat ebenso neun Gläser vor sich wie Erich Wassicek (»Halbestadt«), Salar Gerami (»Comida y Ron«), Heinz Kaiser (»Dino’s Apothecary«) oder FALSTAFF-»Gastgeber des Jahres« Stefan Wasserl (»Bristol Bar«). Letzterer war vor acht Jahren bereits Gastgeber der »Achttausender«-Verkostung, einer Art Premiere: »Damals hatten wir Weinbrände im Fokus, heute wird es noch vielfältiger«, rechnete Prokurist Rafael Topf in der Begrüßung den Nettowert der neun Edelspirituosen zusammen: 15.000 Euro. Vor allem aber ging es um Destillate, »die selten auf einem Tisch nebeneinander zu finden sind«.

Weinbrand, destilliert vor 71 Jahren

Das bestätigte auch Zeremonienmeister Jürgen Deibel, der durch die drei Stunden währende Feierstunde gereifter Brände führte. »Für diese Raritäten sollte man sich auch Zeit nehmen«, ersuchte der Hannoveraner Experte, der gleich über den ersten Kostschluck – einen 25 Jahre alten Dalmore-Whisky – 40 Minuten zu erzählen wusste. »Normaler Weise ist das ein Alter, mit dem man eine Verkostung enden lässt – heute ist das unser Einsteiger«! Wie in einem Autoquartett mit lauter Trumpfkarten lagen die verführerisch photographierten Flaschen im Postkarten-Format auf, um kollektiv die Kostnotizen zu erarbeiten.

Immer wieder kam ehrfürchtiges Raunen auf, wenn drei Generationen von Destillateuren (Metaxas »AEN« oder Havana Clubs »Maximo«) bzw. über 100 Jahre alte Bestandteile – im Falle der Cognacs Hennessy »Paradis Extra Rare« oder Frapins »Plume« – erwähnt wurden. »Kein Bestandteil dieser Flasche ist jünger als 60 Jahre«, so Deibel über die Hommage an Francois Rabelais. Vor 71 Jahren destilliert wurde aber auch eine andere Schriftsteller-Widmung unter den Weinbränden: der »Johann Wolfgang von Goethe« aus dem Rüdesheimer Haus Asbach. Allein die Flasche aus böhmischem Glas machte ihn zu einem Schmuckstück jeder Bar.

30 Jahre zähmen auch »Torfmonster«

A propos Bar: Die wohl luxuriöseste Ausgabe eine »Triple Sec« gab es in Form des »Quintessence« von Grand Marnier zu verkosten. Ein Orangenlikör, der ausschließlich Cognac der Qualitätsstufe »Hors d’Age« nutzt, kommt nicht alle Tage in die Gläser. Den Abschluss der Spirituosen-Sternstunde in Simmering allerdings markierte dann wieder schottischer Whisky. Laphroaig in Fass-Stärke, 30 Jahre gereift, begeisterte dann auch die Barchefs mit Schwerpunkt »dark Spirits« wie Melanie Castillo (»Barflys«), Gerhard Wanderer (»Nightflys«), Zoran Djurovic (»First American Bar«). »Wer ein Torfmonster erwartet, wird überrascht sein«, zeigte sich der 30 Jahre alte Islay-Whisky von einer überraschend fruchtigen Seite. Und auch der Humor kam nicht zu kurz, als Jürgen Deibel einen »Mitarbeiter« an dieser Rarität ins Bild rückte: König Charles III., der seinerzeit das Wappen des Hoflieferanten an »Laphroaig« verlieh und die Brennerei auch zwei Mal besucht hatte. Zumindest königlich bewirtet fühlten sich aber alle Teilnehmer beim »Jahrhundert-Tasting«.


Roland Graf
Autor
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