© Anna Zemann / ALT WIEN KAFFEE

Kaffee: Rösten, nicht rasten

Oliver Goetz, einer der Inhaber der Edel-Rösterei Alt Wien Kaffee, über das Geheimnis der richtigen Röstung und welche Unterschiede es dabei gibt.

Das Wiener Kaffeeunternehmen und Rösterei »Alt Wien Kaffee« wurde im Jahr 2000 gegründet, Christian Schrödl übernahm damals die Rösterei Alt Wien und übersiedelte damit in die Schleifmühlgasse im 4. Bezirk. Später kam Oliver Goetz hinzu, er ist der Rohkaffee-Einkäufer und gilt in der Branche als einer der kundigsten Experten in Sachen Kaffee und Röstung. Wenn er einmal zu erzählen beginnt, dann sollte man sich Zeit nehmen, denn das Thema Kaffee, sagt er, »ist ein weites Feld«.

Wir beschränken uns auf den Bereich der Röstung und wollen wissen, welche Unterschiede es dabei gibt und welche Art der Röstung für welche Bohnen geeignet ist. Zunächst ist alles eine Frage der Qualität des Kaffees. Die besten Bohnen kommen aus kleinen Lagen, sind rar und deshalb teuer. »Das ist inzwischen wie beim Wein«, sagt Goetz und erwähnt, dass in Dubai erst kürzlich der teuerste Kaffee der Welt verkauft worden sei: ein Panama Geisha um stolze 10.000 Dollar das Kilo. Unterschiedliche Qualitäten werden unterschiedlich geröstet. Goetz: »Wir haben kleine Lagen-Bohnen, etwa aus Thailand, die sind als Filterkaffee eher trocken und daher für Espresso geeignet, während unser Kaffee aus Kamerun oder Ruanda eher fruchtig und süß und damit besonders gut als Filterkaffee geeignet ist.«

Bei der Kaffeeröstung werden bis zu tausend Aromen neu gebildet.
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Bei der Kaffeeröstung werden bis zu tausend Aromen neu gebildet.

Art der Röstung

Und was bedeutet das für die Art und Dauer der Röstung? Fruchtige, hochwertige Filter-Kaffees werden »heller«, also kürzer geröstet. »Wir rösten minimal acht bis maximal 20 Minuten«, sagt Goetz, »bei kürzeren Röstungen brauchen wir am Anfang mehr Hitze, dann fällt die Temperatur rasch ab.« Eine lange Röstung ist wiederum für alle espressoartigen Kaffees geeignet, die lange Röstung, also bis zu 20 Minuten, hat zum Ziel, möglichst viel Fruchtsäure abzubauen«.

Was passiert bei der Röstung eigentlich genau? Eine Kaffeebohne besteht aus rund 300.000 bis 400.000 Zellen. Beim Rösten kommt es zu komplexen chemischen Re-ak-tionen. Dabei werden Zuckerstoffe und Aminosäuren neu zusammengesetzt, man schätzt, dass in jeder einzelnen Zelle während der Röstung bis zu 1.000 Aromen (bzw. chemische Verbindungen) neu gebildet werden. Kaffee ist damit eines der aromatischsten Lebensmittel und weist bedeutend mehr Aromastoffe auf als Wein.

Der wichtigste chemische Prozess beim Rösten ist die sogenannte Maillard-Reaktion. Hierbei werden Aminosäuren und reduzierende Zucker in Melanoidine umgewandelt. Das sind stickstoffhaltige organische Verbindungen. Dieser Prozess ist in der Hauptsache für die Bräunung der Kaffeebohnen und die Bildung der Aromen zuständig. Die Maillard-Reaktion kennt man übrigens auch vom Steakgrillen und Brotbacken. 

Hell oder Dunkel geröstet

Ein wichtiger Faktor beim Vorgang des Kaffeeröstens ist natürlich auch die Röstmaschine. »Wir haben eine 35-Kilo-Loring«, sagt Goetz, »die einzige in Österreich, ein Konvektionsröster mit Heißluft. Da wird Heißluft durch die Bohnen geschossen, im Unterschied zur klassischen Trommelröstung, da kommt die Hitze von unten und ist eher punktuell.« Zusammenfassend meint Goetz, dass fruchtiger Filterkaffee eher kürzer und heller geröstet wird, während für den klassischen Kaffee eine längere Röstung notwendig ist, um die Fruchtsäure zu reduzieren. Goetz: »Wir unterscheiden zwei große Kaffeegruppen: zum einen die normalen, klassischen, trockenen, schokoladigen und unkomplizierten Kaffees, die 90 Prozent unserer Kunden vorziehen, und zum anderen moderne, fruchtige, blumige, säurereiche Kaffees, die eher eine Markt-nische sind.

Von dieser Unterscheidung hängt auch unsere Röstart ab: Bei den klassischen Kaffees liegt sie generell zwischen den Extremen, wo wir versuchen, die goldene Mitte zwischen einer etwas helleren Röstart, die eher säurelastige Kaffees produziert, und der süditalienischen, sehr dunklen Röstart, die eher bittere Endprodukte hervorbringt, zu finden.« Zu dunkel darf Kaffee aber nicht geröstet werden, denn sonst wird er ölig.


Erschienen in
Falstaff Nr. 07/2019

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Herbert Hacker
Herbert Hacker
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