Käse & Wein: Empfehlungen und Irrtümer

Nach wie vor halten sich hartnäckige Irrtümer zu Käse und Wein. Falstaff klärt sie auf.

Wie gut, dass sich die Zeiten gewandelt haben und sich bei der nicht immer einfachen Paarung von Wein und Käse eine neue Offenheit durchgesetzt hat. »Das Tolle an Wein und Käse ist doch, dass es sich in beiden Fällen um wunderbare Naturprodukte handelt«, sagt Tobias Klaas, Restaurantleiter und Sommelier im Münchener Res­taurant »Terrine«. »Also liegt es nahe, nach Möglichkeit das gemeinsame ­Gebiet von Wein und Käse zu nutzen. Ein junger Crottin de Chavignol aus dem Loiretal etwa wird immer prächtig mit einem der dort gewachsenen ­Sancerres harmonieren.«

Gute Kombination - Prächtiges Gespann
Ein Spiel, das sich fortsetzen lässt – zum Beispiel mit einem kräftigen Comté aus dem französischen Jura, der sich bestens mit einem dort gewachsenen Vin Jaune verträgt, ebenso wie ein kräftiger Munster aus dem ­Elsass mit einem aromastarken Gewürztraminer harmoniert. Ein weiteres Beispiel ist der Ami du Chambertin, ein mit Marc de Bourgogne gewaschener Kuhmilch-Weichkäse aus dem Burgund, der mit einem gut gereiften und gleich nebenan gewachsenen Chambertin Grand Cru ein prächtiges ­Gespann abgibt.

Bier statt Wein
Geht man dem Prinzip des Terroirs kon­sequent nach, erklärt sich auch, wieso zu ­manchem kräftigen Bergkäse, etwa aus ­Tirol, oder einem würzigen Limburger ein frisch gezapftes Bier gut schmeckt. Doch es gibt noch mehr Käsesorten, auch aus dem alpinen Raum, zu denen man besser Bier als Wein trinkt. »Die kräftigen Käsesorten schmecken kernig, urig und bäuerlich. Beispiele sind etwa der Graukäse aus Tirol oder der Sura Kees aus Vorarlberg«, sagt Herbert Schmid, einer der bekanntesten ­österreichischen Sommeliers aus dem Stadtgasthaus »Eisvogel« am Wiener Riesenradplatz. »Dazu trinkt man keinen Wein, der würde nicht passen, besser ist Bier.« Diese Sauermilchkäsesorten eignen sich für eine herzhafte Brotzeit.

Noch vor wenigen Jahren gab es Käse in der Gastronomie erst nach dem Dessert.
Noch vor wenigen Jahren gab es Käse in der Gastronomie erst nach dem Dessert.

Begehrter Rotkulturkäse
Zu klassischem Hartkäse wie dem Vor­arlberger oder dem Zillertaler Bergkäse hingegen sollte man möglichst Wein servieren – entweder leichte Rotweine wie St. Laurent oder deutsche Rieslinge wie etwa vom Weingut Dr. Loosen. »Besonders beliebt ist außerdem Rotkulturkäse«, betont Schmid. Dieser war schon immer von gleichbleibender, bester Qualität, etwa der Schlierbacher Schlosskäse aus Ober­österreich. Die Sorte wird seit jeher in Klöstern von Mönchen hergestellt und war ­immer ein begehrtes Produkt mit pikantem Geschmack. Auch heute wird Rotkulturkäse gerne gegessen. »Dazu reicht man etwas Kräftiges«, so Schmid, »etwa einen Gewürztraminer oder einen fruchtigen Rotwein wie einen Cabernet.«

Österreichische Tradition bei der Herstellung
Die klassischen Herstellungsmethoden ­haben sich im alpinen Raum fast ausnahmslos erhalten – eine wahre Besonderheit. Während sich Käsereien in anderen ­Ländern zusammenschließen, setzt man in Österreich nach wie vor auf Tradition. Im Alpenraum gibt es nämlich noch viele kleine Käsereien. Deren Betreiber stellen ihre Ware per Hand her und lassen ihre Kühe auf den frischesten Weiden grasen – dadurch ist auch die verwendete Milch viel nahrhafter. »Österreich hat da allein schon durch den starken Anteil am Alpenraum zahlreiche Möglichkeiten, so sind viele der Produkte auch wahre Spezia­litä­ten«, weiß Schmid.

Ziegenkäse: Die Nachfrage steigt
Auf dem Gebiet der immer stärker gefragten Ziegenkäse kann der Käsesommelier vor allem jenen von Günther Naynar aus Göriach im Salzburger Land empfehlen. »Dazu sollte man auf jeden Fall einen Weißwein trinken, keinen roten, ideal ist ein leichter Morillon wie vom steirischen Weingut Tement.« In Deutschland muss man länger suchen, um in kleineren Käsereien Raritäten zu finden. Franken gilt als gutes Pflaster für Ziegenkäse, auch Baden-Württemberg in den Örtchen Adolzhausen und Geifertshofen, in der Vulkaneifel oder in Nußloch bei Heidelberg.

Käseplatten und kreative Kompositionen von Käsesorten sind bei Spitzenköchen beliebt.
Käseplatten und kreative Kompositionen von Käsesorten sind bei Spitzenköchen beliebt.

Der intensive Käse gibt den Ton an
Was aber tun, wenn es nicht darum geht, zu einem, speziellen Käse den einen, perfekt passenden Wein, sondern einen passenden Tropfen zu einer gemischten Käseplatte zu finden? »Machen wir uns nichts vor«, sagen Tobias Klaas und Herbert ­Schmid unisono, »auf jeder dieser Platten ist mindestens ein sehr intensiver Käse dabei – und nach diesem stärksten Vertreter sollte sich die Weinwahl richten.« Empfehlung für diesen Fall ist ein kräftiger Wein mit viel Tiefe und langem ­Abgang. Schmid: »Ein Rotgipfler aus Gumpoldskirchen ist zum Beispiel gut geeignet.« Alternativ kann man laut Tobias Klaas auch zu kraftvollem Süßwein greifen: Besonders gut zum kräftigen Käse schmecken alte Vintage-Ports oder lange gereifte Madeiras, die dank ihrer kräftigen Fruchtsüße auch mit Blauschimmelkäse prächtig harmonieren. Zu gereiften Hartkäsen wie Parmesan ist auf alle Fälle ein kräftiger, schwerer Roter ratsam – sei es aus dem Bordeaux, der ­Toskana oder Übersee.

Käse als eigener Gang
Neben den üblichen Käseplatten servieren immer mehr Spitzenköche auch spannende kreative Kompositionen verschiedener Käsesorten als eigenen Gang – und verbinden ­dabei deren Aromen auf eindrucksvolle Weise. Dadurch entsteht ein völlig neues ­Geschmackserlebnis. Sofern beim Gestalten der Speise nicht maßlos übertrieben wird – was manchmal leider der Fall ist –, ist ein ­Käsegericht als eigener Gang ein wahres ­Erlebnis und ein klarer ­Gegentrend zum ­traditionellen Käseteller.

Nichts geht über Probieren
Wer Experimente liebt, kann ruhig feine Destillate dazu probieren. »Wenn Sie einmal reifen Gouda oder alten Mimolette mit sehr altem Cognac probiert haben, werden Sie kaum zum Wein zurückkehren«, meint Sommelierweltmeister Markus de Monego. Ein junger Gruyère passt perfekt zu feinem Mirabellenbrand, und bei der stimmigen Paarung aus Camembert und Calvados landet man schließlich wieder bei der Terroir-These. Letztlich gilt auch bei der oft kniffligen Kombination von Käse und Wein: Niemand muss sich nach Diktaten richten, durch ­Probieren findet jeder seinen Lieblingswein zum Lieblingskäse. »Am Ende muss es eben schmecken«, sagt Tobias Klaas. Stimmt.

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Von Albrecht Heinz, Marlene Auer
Aus Falstaff Nr. 07/2012

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