Ein Klassiker, wenn Frucht in Brand verwandelt wird: die Zwetschke. 

Ein Klassiker, wenn Frucht in Brand verwandelt wird: die Zwetschke. 
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Kärntens »Gute Geister«

Die Kärntner Genusskultur kennt Schnäpse in ihrer gesamten Bandbreite. Ein Ausflug zu den Brennern des Bundeslandes macht deutlich: Es wird auch Innovation gelebt – und zwar hochprozentig.

Als der junge, in Obst- und Weinbau ausgebildete und am Arlberg sozialisierte Kärntner Valentin Latschen 1984 Hof und Gasthaus von seinen Eltern übernahm, läutete er einen Paradigmenwechsel ein. Der Betrieb produzierte bis dahin – ganz im Geist der Alten – Schnäpse aus Obst zweiter Wahl. Die guten Äpfel bekam der Handel. Allerdings war das dem jungen Wirt und Landwirt nicht genug. Er sah, wie Winzer plötzlich damit begannen, ihre Erträge zu reduzieren und damit die Qualität der Ernte zu steigern. Latschen übernahm diese Idee und schnitt einen guten Teil der noch unreifen Äpfel von den Ästen. Die Leute im Dorf reagierten – je nach Persönlichkeit – mit Verwunderung, Schadenfreude, Besorgnis oder Ärger. Junge Winzer kennen das nur zu gut. Radikale Umstellungen sind immer mit Irritationen und Konflikten verbunden. Für die Pfau-Brände – der Name kommt von den Pfauen am Hof – war die »grüne Ernte« dagegen so etwas wie ein Weckruf.

Valentin Latschen hat einen neuen Zugang zum Thema Schnaps gefunden. Seine Brände sind heute Kult. 
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Valentin Latschen hat einen neuen Zugang zum Thema Schnaps gefunden. Seine Brände sind heute Kult. 

1987 baute Valentin Latschen die kleine bäuerliche Abfindungsbrennerei in eine gewerbliche Verschlussbrennerei um und begann, reinsortige Apfelbrände aus alten, regionalen Sorten zu destillieren: Bohnapfel, Brünnerling oder Lavanttaler Bananenapfel. Pomologen hatten (und haben) ihre Freude mit den Bränden vom Pfau. Einige der Pfau-Brände (Apfel, Birne, Bier und Obstler) sind sogar bio-zertifiziert. Mittlerweile ist das Sortiment natürlich wesentlich umfangreicher und reicht von Erdäpfel bis Zwetschke. Immer noch mit dabei ist natürlich der mittlerweile legendäre Pfau’sche Himbeerbrand. 

Werden gerne in Kärnten zu Schnaps verarbeitet: Kräuter aus dem Garten.
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Werden gerne in Kärnten zu Schnaps verarbeitet: Kräuter aus dem Garten.

Auch legendär ist es, wenn man über die Turracher Höhe nach Bad Kleinkirchheim fährt, um dort in Wolfram Ortners kleiner Welt einzukehren. In seiner modernen Brennerei entstehen präzise, feinfruchtige Brände ebenso wie fassgereifte Spezialitäten. Viele seiner Produkte sind herausragend und so unglaublich expressiv, dass sie sich unauslöschlich im sensorischen Gedächtnis festsetzen. Der außergewöhnliche »Nock-Land Whisky« etwa. Um Jahrgangs-Whisky herstellen zu können, hat Ortner einen fantastischen Barriquekeller aus dem Boden gestampft, mit der Trennung in einen trockenen Reduzierbereich geht er völlig neue Wege. Bei der -Holzauswahl findet man Limousin, Allier, Nevers, Vosges und auch amerikanische Eiche. Im WOB-Marriage geht der Tüftler einen Schritt weiter und »vermählt« seine Destillate. Mit Traube und Apfel Barrique hat er 2005 begonnen, die aktuelle WOB-Marriage ist eine Cuvée aus Whisky und Zwetschkenbrand.

Exoten aus Kärnten

Auch wenn Latschen und Ortner die beiden bekanntesten Brenner Kärntens sind, die Liste exzellenter Brennereien ist lang. Weitere ausgezeichnete Brände sind der unglaublich kräftige und nussige Zigarrenbrand der Hirter Brauerei, ein Bierbrand, der viele andere in den Schatten stellt. Und dann natürlich die »Exoten« der Schnapsgalerie Spendel, nördlich von Lavamünd, die bei genauerem Betrachten gar nicht so exotisch sind. Lavanttaler Spargelschnaps (fast unverzichtbarer Abschluss eines kreativen Spargelmenüs) und Lavanttaler Bananenapfel.

Mit Fenchelsamen kann man Schnaps und Likör in eine bekömmliche Richtungen lenken. 
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Mit Fenchelsamen kann man Schnaps und Likör in eine bekömmliche Richtungen lenken. 

Eine Ende des 19. Jahrhunderts aus den USA importierte Apfelsorte, die mittlerweile im Lavanttal heimisch ist und vom Brenner viel Geschick und handwerkliches Können abverlangt, dafür dann aber einen außergewöhnlichen und intensiven Apfelbrand liefert. Zum Abschluss des Rundgangs noch ein Abstecher in den Gurker Dom. Genauer gesagt nach Gurk, wo schon lange ein echter Kräuterlikör unter dem Zeichen des Doms entsteht. Die ersten Eindrücke halten einen kräutrigen Duft und eine ordentliche Dosis Lakritze parat. Die angenehm dezente Nase mündet in eine ausgewogene, feinherbe Fülle im Mund. Die Mischung aus Kräuter- und Fruchtnoten ist harmonisch komponiert. Der »Gurktaler Alpenkräuter« ist nicht nur hier ein Abschluss. Er setzt auch nicht selten den kulinarischen Schlusspunkt hinter deftige Kärntner Mahlzeiten.  

Jürgen Schmücking
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