Das Meinl am Graben umfasst eine großartige Auswahl an Weinen und Spirituosen.

Das Meinl am Graben umfasst eine großartige Auswahl an Weinen und Spirituosen.
© Julius Meinl am Graben

Julius Meinl: Eine kuliarische Zeitreise

Der Glanz und die Möglichkeiten der Kaiser-Metropole zogen den Jungunternehmer Julius Meinl I. nach Wien. Die spannende Geschichte der Firma Meinl begann.

Der Start war eher unauffällig und ließ keine große Zukunft erwarten. Der erste Versuch, ein Geschäft zu gründen, ­endete mit einem Konkurs. Aber der Reihe nach: Am 3. Februar 1862
erhielt Julius Meinl I. die Gewerbeberechtigung für Spezereiwarenhandel. Zwei ­Monate später begrüßte er seinen ersten Kunden. Doch der Erfolg wollte sich nicht einstellen, und er ging pleite. 1875 kam der ­Gewerbeschein für den Verschleiß von ­Zucker und Kaffee dazu, denn Meinl sah seine Zukunft in der Idee, den bis dahin nicht verwöhnten Wienern frisch gerös­tete, gebrauchsfertige Kaffeemischungen anzubieten. Nicht nur private Kunden, ­sondern auch die Kaffeehäuser wussten den frisch gerösteten Kaffee von Meinl sehr zu schätzen.

Bald galt Meinl als bester ­Kaffeeröster von Wien. Im Jahre 1899 stieg schließlich auch sein Sohn Julius Meinl II. ins Geschäft mit ein. Um 1900 betrieb Meinl schließlich die größte Kaffeerösterei der österreichisch-ungarischen Monarchie. Bald wurde das Sortiment um Meinl-Schokolade und Meinl-Kakao erweitert. Dem lag eine neuerliche Innovation zugrunde: Julius Meinl II hatte ein neues —Verfahren entwickelt, um Schokolade in hochwertiger Qualität und großer ­Stückzahl zu erzeugen.

Da man aus allen Nähten platzte, ­wurden ab 1912 die Zentrale und die Erzeugungsbetriebe in Wien-Ottakring untergebracht. Die Kaffeerösterei und die Jam- und Marmeladenfabrik nahmen ihren Betrieb auf. Es folgte die Erzeugung von englischen Keksen. So umfasste das Warensortiment einer gepflegten Meinl-Filiale im Jahr 1914: Kaffee, Tee, Kakao, Koch- und Speiseschokolade, Jams und Marmeladen, Feigen- und Malzkaffee, Meinl-Kaffee­zusatz, Olivenöl, Jamaica-Rum, Tee-Rum, Cognac, Zucker, Reis, Dauerbackwaren, ­Kekse und Waffeln.

Das Imperium wächst

Bereits vier Jahre nach dem Ersten Weltkrieg wurde wieder am Ausbau des Filial­netzes gearbeitet. 1921 kaufte Julius Meinl II. die Dänisch-Österreichischen Margarinewerke. Das war die Geburtsstunde der legendären Julius Meinl Epoca, die aus reinem Kokosfett, Erdnussfett und Milch bestand und bis in die 1950er-Jahre erzeugt wurde. Schon 1922 wurde die Coloniale Likörfabrik AG Wien auf dem Areal der Meinl-Zentrale errichtet. Das Imperium wuchs bis weit über die Grenzen Österreichs hinaus.

Die Folgen des Krieges

Während des Zweiten Weltkriegs änderte sich das Angebot in den Filialen der Meinl-Kette. Kaffee und Tee wurden vom Regime verboten. Verschiedene Artikel aus fremder Erzeugung  fanden ihren Weg in die Verkaufsregale – das Meinl-Spezialgeschäft wurde abgeschafft. Die Meinl-Betriebe blieben, bis auf die durch Rohstoffknappheit behinderte Öl- und Margarineproduktion, voll ausgelastet. Leider erlebte Julius Meinl II. das Ende des Krieges nicht mehr. Seine Nachfolge trat 1944 sein Adoptivsohn Fritz an. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges sah die Situation bitter aus: Die berühmte Meinl-Filiale an der Ecke Kärntner Straße und Kärntner Ring lag in Trümmern.

Die Regale in den übrigen Geschäften blieben fast leer. 1945 konnten einzelne Betriebe in der Meinl-Zentrale ihre Produktion jedoch wieder aufnehmen. Es wurden Lebensmittel für Spitäler und die Alliierten erzeugt. Erst Ende der 1940er-Jahre gelangen die Rückkehr zum Qualitätsprinzip und die Belieferung der Filialen in Wien und Umgebung mit selbst erzeugten Produkten.

Wechselhafte Jahre

Julius Meinl III. kehrte 1947 aus England zurück und übernahm schließlich die Führung im Unternehmen. Die Nachfrage nach Konsumgütern und Qualitätsprodukten stieg mit Beginn der 1950er-Jahre wieder an. 1954 gab es bereits wieder 216 Meinl-Filialen in ganz Österreich, davon 114 in Wien. 1959 kam ein weiterer Umbruch: der neue Geschäftstypus der »Auswahlfiliale« – der Vorläuferin des Supermarktes. Die Konkurrenz wurde größer.
In den 1970er-Jahren eröffnete man weitere Großraumfilialen und baute das Frischwaren- und Delikatesssortiment aus.

Es wurden wieder Produkte von anderen Markenherstellern gelistet. 1987 zog sich Julius Meinl III. nach 60 Jahren aus dem Aufsichtsrat zurück. Es folgte ihm sein Sohn Julius Meinl IV. nach. Im Jahr 1995 übernahm Meinl 72 Konsum-Outlets und neun KGM-Großmärkte, was den Marktanteil auf 8,7 Prozent erhöhte und Meinl den vierten Platz im Ranking der heimischen Lebensmittelhändler einbrachte. Doch der Markt war heiß umkämpft. 1998 beschloss die Familie Meinl daher, sich aus dem Massengeschäft in Österreich zurückzuziehen. Mitte April 2000 stieg Julius Meinl V. endgültig aus dem Lebensmittel­einzelhandel in Österreich aus und verkaufte außer dem Gourmettempel am Graben alle Filialen.

Julius Meinl am Graben

Das wohl bekannteste Geschäft der Kette, »Julius Meinl am Graben«, wurde 1950 im Parterre des Hauses Graben 19 eröffnet. Zuerst nur als kleine Greißlerei konzipiert, entwickelte sich das Geschäft rasch zum Delikatessenladen weiter. 1999 wurde das Geschäft umgebaut und um Parterre und 1. Stock des Gebäudes Graben 20 erweitert. Nach mehr als 20 Jahren machten sich nun Abnutzungen deutlich bemerkbar. Die technische Ausstattung sowie Teile der Einrichtung waren nicht mehr auf dem umwelttechnischen Stand der Zeit.

Daher entschloss man sich zu einer umfassenden Renovierung und Verjüngungskur, die im Oktober 2021 abgeschlossen war. Der Traditionscharakter des Geschäfts wurde dabei beibehalten, schließlich ist man einer langen Geschichte verpflichtet. Das Warensortiment blieb deshalb wie bisher und wurde in einigen Bereichen sogar deutlich vergrößert. Ein großes Augenmerk wird wieder auf der Beratung der Kunden liegen – denn auch das hat Tradition.


Erschienen im neuen Kundenmagazin »Mein Meinl« – produziert in Kooperation mit Falstaff.

Herta Scheidinger
Autor
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