Istrische Olivenöle: Zeit für einen Ölwechsel?

Heinrich Zehetner, Österreichs führender Olivenöl-Experte, über den Qualitätssprung in Kroatien.

Italien, Spanien, Griechenland. Das sind die klassischen Olivenöl produzierenden Länder, die einem in den Sinn kommen, wenn man an Topo-Öle denkt. Vergessen wird dabei aber ein weiterer wichtiger Player, der in den letzten Jahren mit sagenhaften Qualitäten in den Vordergrund gerückt ist. Heinrich Zehetner, Vorkämpfer für höchste Qualität bei Olivenölen, erzählt im Gespräch mit Falstaff, dass es in Istrien wohl die weltweit höchste Dichte an Qualitätspdroduzenten gibt. Es herrscht Aufbruchstimmung und zu modernsten Ölmühlen gesellt sich nunmehr auch schon geballte Kompetenz und genügend Erfahrung. Nach 1996 und vor allem in den letzten zehn Jahren wurde flächendeckend neu ausgepflanzt. Die kroatischen Produzenten setzen dabei nicht nur auf populäre italienische Sorten, sondern besonders auf autochthone istrische Olivensorten.

Frischware
Die Ernte erfolgt bei allen Qualitätsproduzenten zum bestmöglichen Zeitpunkt, wenn die Oliven noch grün sind oder während der Verfärbung von grün auf violett. Dies garantiert ein frisches, grün-fruchtiges, meist etwas pikantes Olivenöl mit einem hohem Wert an gesundheitsfördernden sekundären Pflanzeninhaltsstoffen (Polyphenole, das sind Antioxidantien bzw. »Radikalenfänger«). Die Ernte beginnt meist Anfang Oktober, was im Mittelmeerraum sicherlich der früheste Zeitpunkt ist. Die Verarbeitung der mittels Handlese meist nach Sorten getrennt geernteten Oliven erfolgt noch am selben Tag. Bei jenen Produzenten, welche auch eine eigene Mühle besitzen, innerhalb weniger Stunden. Dies ist für die Qualität eines Olivenöls besonders wichtig. Die Olivenöle werden in der Regel in Tanks mit Stickstoffkonservierung gelagert und partienweise abgefüllt, um jegliche Oxidation zu vermeiden.

»Oleomane« Heinrich Zehetner und Produzent Duilio Belic (siehe unten) / Foto beigestellt

Sortenkunde
Ähnlich wie beim strengsten Olivenölcodex der Welt (L’Olio Secondo Veronelli) wird auf die Kultivierung der verschiedenen Olivensorten, insbesonders der autochthonen istrischen Olivensorten Wert gelegt, indem reinsortige Olivenöle produziert werden. Das Ergebnis sind hochkarätige Olivenöle mit unterschiedlichem Sorten-Geschmack, die keine Brat- und Salatöle mehr sind, sondern sich besonders zur differenzierten Geschmacksverfeinerung von verschiedenen Speisen eignen, indem das kalte Olivenöl wie ein Gewürz auf die fertige Speise geträufelt wird. So passen die istrische Sorte Buža und die italienischen Sorten Leccino, Casaliva und Frantoio aufgrund ihres ausgeprägten grünen Fruchtgeschmacks und der leichten bis mittleren Schärfe perfekt zur Verfeinerung von Fischgerichten und Gemüse. Die istrische Sorte Rosulja und die italienischen Sorten Moraiolo und Pendolino passen aufgrund ihrer Komplexität und Schärfe perfekt zur Würzung von Fleischspeisen insbesonders zu rotem Fleisch. Die istrische Sorte Istarska Bjelica und die italienische Sorte Itrana harmonieren aufgrund ihrer Schärfe und Bitterkeit perfekt mit gegrilltem Fleisch und Süßpeisen.

Falstaff hat sich auf Empfehlung des »Oleomanen« Heinrich Zehetner zwei führende Betriebe in Istrien näher angesehen und je ein Produkt verkostet.

Agro-Millo
Der Betrieb der Familie Smilovic betreibt eine hochmoderne Mühle und produziert damit einerseits eigenes Öl, übernimmt aber auch diverse Lohnpressungen für weitere Spitzenbetriebe. Valter Smilovic gilt aufgrund seiner langjährigen Erfahrung als der beste Olivenöl-Müller Istriens.
Verkostungsnotiz Frantoio von Agro-Millo: Intensiver Duft nach frisch gemähtem Gras, Kräutern und einem Touch Zitrusfrüchten. Geringe Viskosität am Gaumen, wieder Kräuter, dezente Schärfe und wenig ausgeprägte Bittere. Im Nachhall wieder Zitrusfrüchte und Haselnüsse. Ein großartiges Öl mit herrlicher Frische und fast leichtfüßigem Charakter.

Valter Smilovic / Foto beigestellt

Olea B.B. (Oleum Viride)
Duilio Belic, im Zivilberuf Banker, produziert eine hochkarätige Serie von zwölf reinsortigen Olivenölen sowie eine Cuvée »Selekcija Belic«. Die Sortenvielfalt umfasst Buza, Istarska Bjelica, Rosulja, Vodnjanska Crnica, Ascolana tenera, Casaliva, Cipressino, Frantoio, Itrana Leccino, Pendolino und Picholine. Der anerkannte Olivenöl-Guide »Flos Olei« hat dem Betrieb sagenhafte 97 von 100 Punkten verliehen, das ist die höchste bisher in Istrien vergebene Wertung.
Verkostungsnotiz Buža: Offensiver Duft nach frisch gemähtem Gras, duftendem Kräutertee mit Blüten und etwas Basilikum. Am Gaumen wenig viskos, feine Kräuterwürze, Noten von Kamille und markante Schärfe bei zurückhaltenden Bitternoten. Der filigrane Charakter vermittelt viel Eleganz.

Erhältlich sind diese Öle über das Veronelli-Netzwerk: www.oliosecondoveronelli.at

Wie gut die istrischen Öle zu gehobener Küche passen, wird ab sofort im Steigenberger Hotel Herrenhof, im Restaurant »Herrlich« demonstriert: www.steigenberger.com

(von Bernhard Degen)

Bernhard Degen
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