Istrien: Orange Wine und Terra Magica

Preisgekrönte Natural Wines und Sekt als istrische Botschafter. Bei einer Genussreise durch die Weinkeller Istriens zeigt sich die ganze Vielfalt der Halbinsel.

Kaiser Marcus Aurelius soll es gewesen sein, der die ersten Weinreben auf der Halbinsel Istrien pflanzen ließ, die den Römern als »Terra Magica« bekannt war. Im Zuge der wechselhaften Geschichte – Istrien gehörte unter anderem zu Bayern, Kärnten, Venedig, Frankreich und dem Habsburgerreich – war und ist Wein eine wohltuende Konstante. Die oben erwähnte »Terra Magica« teilt sich, was den Wein betrifft, in vier Teile: Die sogenannte »Terra Rossa« hat ihren Namen von der roten Tonerde und findet sich hauptsächlich in Küstennähe. Im Landesinneren wechseln sich weißer Mergel und Kalk mit grauem und schwarzem Sandstein ab und ergeben mit dem mediterran bis kontinentalen Klima eine perfekte Grundlage für spannende, eigenständige und variantenreiche Weine. Vor allem die autochthonen Sorten Malvazija Istarska und Teran sorgen auch überregional bei Verkostungen für Furore. Aber auch internationale Paradesorten wie Chardonnay, Sauvignon Blanc, Cabernet Sauvignon und Merlot begeistern.

Wer in den letzten Jahren seinen Urlaub in Kroatien verbrachte, kennt aber auch die andere Seite der kroatischen Weinwelt. Lieblose, plumpe und im besten Fall einfache Weine, oft auch aus Istrien, werden in Massen an Touristen verkauft, im Campingplatz-Supermarkt oder im Restaurant, in dem einem das Essen schon am Eingang auf Bildtafeln entgegenlacht. Das ist zwar legitim und bringt schnelles Geld, führt aber auch dazu, dass kaum jemand außerhalb des Landes nach kroatischen Weinen sucht. Engagierte Sommeliers wie Thomas Juranitsch vom Wiener Szenelokal Kussmaul und Händler wie Del Fabro zeigen aber auch in Österreich, was Kroatien weintechnisch zu bieten hat. Seit Kroatien 2012 Gastland der VieVinum war, rückt es immer mehr auch in den Fokus heimischer Connaisseure.

Markantes Etikettendesign bei Giorgio Clai © Falstaff/Schütky

Ein Weinbaugebiet zu entdecken, das noch immer eher als Geheimtipp gilt und durch die Wirren der jüngeren Vergangenheit lange von Neuerungen und Entwicklungen der Weinwirtschaft abgeschnitten war, war der Antrieb für Studenten der Fachhochschule Burgenland (Master Internationales Weinmarketing) eine mehrtägige Studienreise nach Istrien zu organisieren. Besucht wurden sieben Weingüter, darunter international bekannte Größen wie Kozlovič, Roxanich und Clai, spannende Familienbetriebe wie Benvenuti und Misal und mit Agro Laguna ein großer Konzern, der vor allem für Kroatiens Supermärkte produziert.

Bei aller Unterschiedlichkeit in Größe, Philosophie und Marketingstrategie zeigt sich Istriens Weinwelt in einigen Komponenten durchaus stimmig und einig: Der Stolz auf die typischen autochthonen Rebsorten wie Malvasija Istarska, Teran, Borgonja oder Hrvatica ist offensichtlich und bringt dem interessierten Weinkenner tolle Erlebnisse abseits des schon Bekannten. Wer offen ist für Neues findet etwa bei Giorgio Clai imposante Weißweine mit monatelanger Maischestandzeit und Ausbau im Holzfass wie den Sveti Jakov Malvazija 2011 (93 Falstaff Punkte). Clai war 20 Jahre lang Hobbywinzer und Gastronom in Triest und ist einer der Pioniere und Aushängeschilder der Natural Wine Bewegung in Kroatien. Dies verbindet ihn mit Mladen Rozanich vom Weingut Roxanich, als Maschinenbau-Ingenieur ebenfalls Quereinsteiger. Seine Weine, etwa der Malvazija Antica 2008 (94 Falstaff Punkte) polarisieren und haben international wohl auch mit dazu beigetragen, dass Istrien und istrische Weine immer mehr ge- und beachtet werden.

Misal ist der offizielle kroatische »Staats«-Sekt © Falstaff/Schütky

Wer wissen will, welche Tropfen kroatische Politiker auf Empfängen von Zagreb bis Brüssel kredenzt bekommen, besucht das kleine, exquisite Sektgut Misal der Familie Persuric in Višnjan. Auch Istriens Gastronomie hat vieles zu bieten. Von Trüffelmenüs im noblen Restaurant Zigante bis zur herzhaften Landhausküche wie etwa in der Konoba Stari Podrum in Momjan ist für jeden Geschmack und Anlass etwas dabei Die dazupassenden istrischen Weine findet man selbstverständlich auch.

Es bleibt die Erkenntnis, dass noch nicht alles perfekt ist und nicht »gemacht« wirkt was man in Istrien ins Glas bekommt – und genau das ist es, was dieses Gebiet so überaus interessant macht. Man darf also gespannt sein auf die Entwicklung der nächsten Jahre. Und ein Satz von Giorgio Clai ist bezeichnend für das Istrien, das man sich als Wienliebhaber wünscht: »Natürlich ist es gut, wenn den Menschen mein Wein schmeckt, aber wirklich wichtig ist, dass er mir selber schmeckt.«  

www.istria-gourmet.com

von Florian Schütky

Florian Schütky
Autor