Stephan Hinz

Stephan Hinz
© Cocktailkunst

Interview mit Cocktail-Alchimist Stephan Hinz

Der Inhaber des Kölner »Little Link« über Cocktail-Philosophie, frisches Kölsch und wann er eine Bar sofort wieder verlässt. PLUS: 3 Cocktailrezepte.

Stephan Hinz ist nicht nur ein ausgezeichneter Mixologe und Gastgeber, er ist jemand der die deutsche Barszene mit seinen Ideen und Innovationen geprägt hat. Seine Kölner Bar »Little Link« zählt zu den besten Deutschlands und begeistert die Gäste mit elaborierten Cocktails und überzeugenden Drink-Food-Pairings. Einige Drinks fertigt er aufwendig in seiner modernst ausgestatteten »Hexenküche« im Keller, wo er auch eine Eismaschine entwickelt hat, die mittlerweile auch von vielen anderen Betrieben geschätzt wird.
Falstaff: Das »Little Link« gilt als eine der besten Bars Deutschlands. Was macht sie so besonders?
Stephan Hinz: Die Grundidee hinter dem »Little Link« war es, Verbindung zu schaffen, insbesondere zwischen klassischer Barkultur und modernen Ideen. Wir haben zwar von Anfang an Techniken aus der modernen Küche und Labortechnik integriert, aber es war uns wichtig, dass die Gäste nicht nur deshalb kommen. In unserer Karte lässt sich nicht erkennen, welche Techniken hinter den Drinks stecken. Klassische Rezepte und Eigenkreationen sind also absolut gleichberechtigt. Diese einfache Grundidee erlaubt es uns, die Bar ständig weiterzuentwickeln und trotzdem einem erkennbaren Konzept treu zu bleiben. Das betrifft sowohl die Weiterentwicklung der Karte als auch das Experimentieren mit neuen Aromen und die ständige Weiterbildung des Teams.

Mit welchem Drink überraschen Sie Ihre Gäste?
Neben unserer festen Karte bieten wir eine ständig wechselnde Auswahl an Getränken und Speisen an. Dabei können wir neue Zutaten und Techniken ausprobieren und teilweise auch saisonale Schwerpunkte setzen. Momentan servieren wir zum Beispiel einen Drink, der auf der ursprünglichen Fassbrause beruht, die der Chemiker Ludwig Scholvien Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelt hat. Unsere Version enthält neben den klassischen Zutaten Gerste, Apfel und Süßholz allerdings einen haitianischen Zuckerrohrbrand, Osmanthus und Orangenblüte. Auch hier kommen also wieder neue und alte Einflüsse aus der Getränkegeschichte zusammen.

Sie verfügen über ein großzügig ausgestattetes Barlabor - welche ist die größte Errungenschaft dieser modernen Technik?
Viele dieser Techniken erfordern aufwendige Abläufe, die nicht in eine normale Barschicht integrierbar sind. Die größte Errungenschaft für uns war deshalb keine bestimmte Technik, sondern die Einrichtung einer eigenen Produktionshalle. Hier können wir alle Schritte von der Eisproduktion über das Ansetzen von Mazeraten und die Herstellung von Zutaten wesentlich kontrollierter durchführen als das mit der Ausstattung einer einzelnen Bar möglich wäre. Die Kapazitäten nutzen wir natürlich nicht nur für das Little Link, sondern auch für die Veranstaltungen, die wir mit unserer Agentur Cocktailkunst durchführen. Außerdem beliefern wir mittlerweile viele andere Gastronomen.

Stephan Hinz
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Stephan Hinz

Herr Hinz, Sie waren schon FalstaffBartender des Jahres, Mixologe des Jahres und wurden in internationalen Wettbewerben ausgezeichnet. Welche Ziele setzen Sie sich noch?
Es geht mir mittlerweile eher darum, die Branche durch grundlegende Lösungen weiterzuentwickeln. An vielen Stellen fehlen durchdachte Produkte und Angebote. Begonnen haben wir mit mehreren Fachbüchern, dann folgten unsere Glaskollektion, spezielle Fruchtpürees für die Bar, eine Barstation und schließlich unsere Eisblockmaschine. Dazu kommen unsere Veranstaltungen und ein breites Beratungs- und Schulungsangebot für die Gastronomie. Die nächsten beiden Großprojekte stehen schon in den Startlöchern! Für klassische Cocktailwettbewerbe bleibt da ehrlich gesagt wenig Zeit. Natürlich habe ich mich aber über die vielen Auszeichnungen für unsere Projekte und Produkte in den letzten Jahren sehr gefreut, darunter zum Beispiel die Goldmedaille der Gastronomischen Akademie Deutschlands oder der German Design Award.

Welche Rolle spielt Eis in ihrem Betrieb?
Eine extrem große! Über die Jahre haben wir versucht, die Eisproduktion immer weiter zu optimieren, aber letztendlich gab es keine Eismaschine auf dem Markt, die unsere Ansprüche in Bezug auf Größe und Qualität erfüllt hat. Das hat dann dazu geführt, dass wir unsere eigene Eisblockmaschine Ice Forward entwickelt haben. In unserem Produktionsbereich sorgen seitdem mehrere Ice Forward-Maschinen, eine Bandsäge und ein Kühlhaus für die richtige Grundlage. Das erlaubt es uns, die Größe der Eiswürfel perfekt auf unsere Gläser abzustimmen und immer den nötigen Nachschub an kristallklarem Eis zu gewährleisten. Mittlerweile steht unsere Maschine weltweit in einigen der besten Bars.

Auf welche Drink-Kreation sind Sie besonders stolz?
Gar keine einfache Frage. Ich denke da nicht an ein bestimmtes Rezept. Schön ist es aber zu sehen, wenn man mit neuen Zutaten oder Techniken gearbeitet hat, die sich dann viele Jahre später plötzlich in anderen Bars wiederfinden lassen. 2010 habe ich beim Weltfinale des G’Vine Connoisseur Programs zum Beispiel einzelne Drinks fassgelagert, ein paar Jahre später fand sich diese Technik dann in vielen erstklassigen Bars. Solche Erlebnisse bestärken mich darin, auch ungewöhnliche Wege zu gehen.

Welches Food-/Drinkpairing ist für Sie am überzeugendsten?
Wir haben über die Jahre einige Menüs mit kompletter Cocktail-Begleitung entwickelt. Beim Pret A Diner haben wir hierfür zum Beispiel international immer wieder mit verschiedenen Sterneköchen gearbeitet. Ohne eine bestimmte Kombination hervorzuheben, kann ich sagen, dass die Ergebnisse immer am besten waren, wenn beide Komponenten aufeinander reagieren. Wenn also nicht das Gericht schon komplett durchkonzipiert ist und der Drink zur bloßen Begleitung wird, sondern wenn auch das Gericht eventuell noch mal passend zum Drink abgeschmeckt wird. Eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen daneben die Optik und Garnitur. Auch bei diesen Aspekten sollten Gericht und Getränk aufeinander abgestimmt werden. Cocktails bieten hierbei wesentlich mehr Möglichkeiten als Wein oder Bier. Allgemein halte ich Spirituosen und Cocktails zum Essen immer noch für unterrepräsentiert, die Möglichkeiten sind immens.

Wo gehen Sie hin, wenn Sie privat einen gepflegten Drink zu sich nehmen möchten?
Um mal abzuschalten, trinke ich gerne ganz entspannt ein Kölsch in der Lindenklause. Wenn es um zeitgenössische Cocktails geht, verlasse ich mich gerne auf die Kollegen in der Juliet Rose Bar in München, wo ich beruflich häufig zu tun habe.

Was muss passieren, dass Sie eine Bar sofort wieder verlassen ohne etwas getrunken zu haben?
Das ist einfach: Wenn das Personal den Gästen gegenüber respektlos ist, bin ich weg.

Und was muss passieren, dass Sie eine Bar gar nicht mehr verlassen wollen?
Ganz egal, um welche Art von Bar es sich handelt – entscheidend ist die richtige Mischung aus Gastgeberqualitäten, guten Getränken und angenehmer Gesellschaft. 

Und welches Restaurant sagt Ihnen im Moment am meisten zu?
In Köln gefallen mir das Essers und das Al Salam immer wieder gut. International haben mich in letzter Zeit vor allem das Kricket in London, das Zuma in Dubai und das Steirereck in Wien beeindruckt.

Drei Cocktailrezepte von Stephan Hinz finden sie untenstehend.

Bernhard Degen
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