Glenfiddich präsentierte sein Portfolio im »The Ritz-Carlton, Vienna«

Glenfiddich präsentierte sein Portfolio im »The Ritz-Carlton, Vienna«
© Falstaff / Barbara Dopplinger

Interview: »Jeder Whisky erzählt eine Geschichte«

Der Name Glenfiddich steht wie kein zweiter für Single Malt. FALSTAFF traf Commercial Strategy Director Kirsten Grant Meikle zum Gespräch.

Glenfiddich ist weltweit Marktführer im Bereich Single Malt Scotch Whisky. Die Familie Grant verdiente sich für ihre Pionierarbeit in Sachen Destillierkunst auch die meisten Auszeichnungen der Branche. Die Unternehmensgeschichte der traditionsreichen Distillery in den schottischen Highlands datiert bis ins Jahr 1887. Anlässlich der Präsentation spannender neuer Glenfiddich-Kreationen trafen wir Kirsten Grant Meikle zum Gespräch im »The Rhiz-Carlton, Vienna«, in dem uns die sympathische Ur-Urenkelin des Gründers William Grant spannende Einblicke in die Arbeits- und Lebensweise der berühmten Whisky-Dynastie gewährte.

Falstaff: Sie begannen Ihre Karriere als Managerin von »Ecco Vino«, einer Bar in Edinburgh, die für ihre exzellente Weinselektion bekannt ist. Eine interessante Wahl für die Ur-Urenkelin des Glenfiddich-Gründers William Grant?
Kirsten Grant Meikle: Sie meinen, was da schiefgegangen ist? (lacht) Es entsprach einfach meinem persönlichen Interesse. Wer Karriere in der Familie Grant machen will, beginnt übrigens nie im Familienunternehmen und auch nicht unbedingt im Scotch Business, sondern sammelt zunächst einige Jahre lang eigene Erfahrungen in einem fremden Unternehmen.

Danach wurden Sie Wine Controllerin beim bekannten britischen Getränkegroßhändler Matthew Clark. Was faszinierte Sie so an der Welt des Weins?
Ich wollte bei Matthew Clark schon auch mehr über Wein lernen, aber mein Hauptinteressen waren Verkauf und Vertrieb über die einzelnen Getränkesparten hinweg.

Dem Sohn des Firmengründers, Captain Charles Grant, eilt der Ruf einer unkonventionellen, charismatischen Persönlichkeit voraus. Er soll als 14-Jähriger weggelaufen sein, um zur See zu fahren. Als er zurückkam, hat er seine eigene Distillery gegründet, um in Konkurrenz zum Unternehmen seines Vaters zu treten.

Ob er tatsächlich mit seinem Vater konkurrieren wollte, darüber kennen wir die Wahrheit aber nicht.

Was halten Sie vom »schwarzen Schaf« der Familie?
Nun ja, er ist mein Urgroßvater! Er war der Wilde in unserer Familie, und er soll eine sehr lebendige Art gehabt haben. Im Englischen heißt es, der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Wer in die Familie Grant geboren wird, weiß also, woher das kommt. (lacht)

Die Destillerie liegt bei Dufftown im ehemaligen County Banffshire in Schottland.
© William Grant & Sons
Die Destillerie liegt bei Dufftown im ehemaligen County Banffshire in Schottland.

Was ist das Geheimnis des Erfolges von Glenfiddich?
Glenfiddich war als erster mit einer neuen Whiskykategiorie – dem Single Malt – am globalen Markt. 1963 führte ihn mein Onkel am internationalen Markt ein, aber davor war es Charles Gordon, der Schwiegersohn von William, der mit Glenfiddich zu Beginn des 19. Jahrhunderts auf den Weltmarkt ging, um Grant’s Whisky zu promoten. Daher hatten wir viele Jahre vor anderen Unternehmen schon so etwas wie einen globalen Fußabdruck auf dem Weltmarkt.

Glenfiddich steht für hohe handwerkliche Qualität und Knowhow in der Fertigung. Legendär sind die firmeneigenen Kupferschmiede, die etwa die für Glenfiddich typischen kleinen Destillierblasen fertigen. Was unterscheidet die Produktion bei Glenfiddich von anderen Destillerien?
Die von Ihnen angesprochenen kleinen Destillierblasen machen wirklich einen großen Unterschied im Geschmacksprofil eines Whiskys aus. Noch wichtiger ist jedoch unsere eigene Böttcherei, in der die Whiskyfässer gefertigt werden. Denn neben dem Destilliervorgang ist es vor allem die Qualität des Holzes, in dem der Whisky reift, die zu 50 Prozent oder mehr den Geschmack beeinflusst. Wer die Qualität des Holzes nicht kontrolliert, verliert enorm an Perfektion des fertigen Produktes.

Dem Holz bzw. den Fässern widmet man bei Glenfiddich größte Aufmerksamkeit.
© William Grant & Sons
Dem Holz bzw. den Fässern widmet man bei Glenfiddich größte Aufmerksamkeit.
© William Grant & Sons

Glenfiddich wird in erster Linie mit seiner besonderen Familientradition verbunden. Das Unternehmen setzt mit Produkten wie dem Glenfiddich Reserva Rum Cask Finish 21 Year Old aber auch innovative Akzente. Wird der Single Malt dabei in Rumfässern gelagert?
Nein, das funktioniert nicht, weil Rumfässer in der Beschaffenheit und Qualität, die wir brauchen, nicht erhältlich sind. Daher ist David Stewart (Masterblender bei Glenfiddich, Anm. d. Red.) in die Karibik gefahren und hat uns einen Rum geblendet, der nur für die Aromatisierung der Fässer hergestellt wurde, in denen wir unseren Single Malt finishen woll-ten. Wir haben den Rum dafür in Lebensmittelcontainern nach Schottland transportiert und einige Jahre lang in unseren Fässern gelagert. Den Inhalt haben wir, weil wir Schotten sind, wieder an den Lieferanten zurück verkauft. (lacht) Und in diese Fässer haben wir dann un-seren 21 Jahre alten Single Malt gefüllt, um ihn zu aromatisieren.
Whisky meets Craft Beer – das Glenfiddich IPA Experiment ist eine weitere Innovation aus dem Hause Glenfiddich…
Ja, das ist ein ähnliches Herstellungsverfahren wie beim Rum Cask Finish. Wir haben das mit einem anderen Familienunternehmen ganz in unserer Nähe, der Speyside Craft Brewery in Moray, durchgeführt. Der Sohn des Gründers Seb Jones wollte mit Finishes für Whisky und Bier experimentieren. Er fragte Brian Kinsman, und der war sofort einverstanden. Das Bier, das für unsere Casks gebraut wurde, war fast untrinkbar. Es war ja auch nicht zum Trinken gemacht, sondern nur für den Prozess, unsere Casks mit dem richtigen Grad an Geschmacksstoffen anzureichern. Man braucht dazu einen hohen Tanningehalt und die richtige Struktur beim Holz. Sie haben glaub ich vier Jahre lang herumgetüftelt, bis das Bier das richtige Geschmacksprofil hatte, um die Fässer zu aromatisieren.

Und man kann das Bieraroma im Whisky tatsächlich schmecken?

Ja auf jeden Fall, man kann im IPA tatsächlich eine Hopfennote ausmachen, ohne dabei zu bierähnlich zu sein. Er behält das Charakteristische eines Glenfiddich, aber mit einer über-raschenden Wende.

Ab März 2019 sind limitierte 600 Flaschen des Glenfiddich Fire & Cane in Österreich in ausgesuchten Bars, Restaurants und  Spirituosenläden erhältlich.
© William Grant & Sons
Ab März 2019 sind limitierte 600 Flaschen des Glenfiddich Fire & Cane in Österreich in ausgesuchten Bars, Restaurants und  Spirituosenläden erhältlich.

Eine weiteres innovatives Projekt ist Glenfiddich Fire & Cane, der in einer speziellen getönten Flasche in limitierter Auflage verkauft wird. Können Sie uns etwas zum Konzept erklären?
Ich weiß über die Flasche nur, dass es recht kompliziert ist, die Tönung hinzubekommen. Also sprechen wir lieber über den Inhalt. (lacht) Etwa vor 14 oder 15 Jahren hat unser Distillery Manager Ian Miller damit experimentiert, unser eigenes Malz zu torfen, was für uns recht ungewöhnlich ist. Wir sind ja nicht unbedingt für unsere Peated Malts bekannt. Wir haben dann mehr davon produziert, als wir benötigten, saßen auf diesem getorften Malz und überlegten, was wir damit anfangen könnten. Wir beschlossen, den Rauchgeschmackt ein wenig weicher zu machen, das Malz zu süßen und mit ein paar Rum-Einflüssen anzureichern, ähnlich wie beim 21. Es ist auch ein ähnlicher Herstellungsprozess wie beim IPA, nur dass es sich dabei um einen Rum aus Lateinamerika handelt. Diese getorfte Süße passte perfekte zu unserer Experimental Series, die ein bisschen anders ist als Glenfiddich, die aber in Großbritannien und in den USA extrem gut angekommen ist.
Die Menschen mögen Fire & Cane?
Sie lieben ihn! Natürlich spricht er eine eigene Kategorie von Whiskygenießern so wie die gesamte Experimental Series: Sie ist etwas Besonderes, eben wegen ihres Stils.

Christian Zandonella, Direktor des »The Ritz-Carlton, Vienna« mit Kirsten Grant Meikle.
© Falstaff / Barbara Dopplinger
Christian Zandonella, Direktor des »The Ritz-Carlton, Vienna« mit Kirsten Grant Meikle.

Manche genießen ihren Whisky pur, andere nehmen einen oder zwei Tropfen Wasser dazu, andere wärmen das Glas an. Wie genießen Sie Ihren Whisky?
Es kommt darauf an, welcher Malt es ist. Die länger gelagerten vertragen einen oder zwei Tropfen Wasser. Es kommt immer darauf an, um welches Produkt es sich handelt und auch um äußere Umstände. Wir machen zum Beispiel am liebsten Cocktails, vor allem den High-ball aus dem 12 Jahre alten Whisky. Barkeeper bevorzugen den 15 Jahre alten Glenfiddich Solera für ihre Cocktails. Mein Onkel trinkt den 12er mit Wasser on the rocks. Jeder kann seinen Single Malt trinken, wie er möchte.

In einer Familie wie der ihren wächst man doch sicher mit Whisky auf. Wie war Ihr erster Whiskey?
Ich habe keinen Whisky getrunken bis ich 21 oder 22 Jahre alt war und mein Vater mit mir ein Whisky-Tasting gemacht hat. Wesentlich ist, dass man versteht, was man trinkt, denn jeder Whisky erzählt eine Geschichte..

Glenfiddich bedeutet »Tal der Hirsche« auf Gälisch. Die Destillerie befindet sich seit Beginn an in Dufftown in den schottischen Highlands, wo William Grant sich eigenhändig erbaute. Haben Sie einen persönlichen Bezug zu diesem Ort, an dem alles begann?
Definitiv. Ich liebe es nach Dufftown zu fahren. Rund um diesen Ort herrschen Ruhe und Frieden, das reinigt den Geist, die Luft ist so klar und rein. Und das Leben verlangsamt sich dort, wir nennen es »Dufftown Time«, wenn wir in einem Lokal auf einen bestellten Kaffee zehn Minuten zu lange warten. Wenn ich Menschen aus London, New York und Los Ange-les, wo ich gelebt habe, nach Dufftown mitnehme, sagte ich immer zwei Dinge zu ihnen: Du wirst gut schlafen, wegen der Ruhe und der Sauberkeit der Luft, und man sollte auch den »Angel Share« nicht vergessen, weil ja fünf Prozent Alkohol pro Jahr durch die Fässer ver-dunsten, der muss ja auch irgendwo hin. Und man schläft so tief und hat auch verrückte Träume. Ich fühle mich auch sehr zu Hause dort. Meine ganze Familie genießt es immer, dort zu sein, alle großen Familienfeste feiern wir am liebsten in Dufftown. Weil das der Ort ist, von dem wir alle abstammen.

Was motiviert Sie in Ihrem Job am meisten?
Für mich ist das Wichtigste, dass die Menschen mögen, was wir machen. Wenn mir jemand sagt, ich mag diesen Whisky, dann freut mich das sehr, denn es stecken immerhin 132 Jah-re Arbeit drin.
www.glenfiddich.com


ZUR PERSON

Die 1975 geborene Kirsten Grant Meikle ist die Ur-Ur-Enkelin des Gründers William Grant und somit Teil der Familie, die das 1887 gegründete Unternehmen in der fünften Generation führt. Sie ist zur Zeit als Commercial Strategy Director in den USA tätig. Nachdem sie an der Napier University Business studiert hatte, begann sie ihre Karriere in der Gastronomie in Großbritannien. Nach ihrer 2-jährigen Tätigkeit als Bar-Managerin von Ecco Vino, einer für ihre Weinauswahl berühmten Bar in Edinburgh, wurde sie Account Manager beim Geträn-kevertrieb Matthew Clark. Innerhalb von sieben Jahren stieg sie zum Wine Controller auf.. Kirsten wurde 2011 von ihrem Onkel Charles Gordon (der Life President von William Grant & Sons, der im Dezember 2013 verstorben ist) in das Familienunternehmen gebracht. Sein Credo "Wir verkaufen keinen Whisky, wir verkaufen Träume “ beschreibt auch ihre Position als Prestige Director in Großbritannien bis 2017 und ihre jetzige Position in den USA sehr gut. Sie kümmert sich um die erlesensten Whiskies des Unternehmens und die dafür be-stehenden und neuen Kundengruppen, sowie Gastronomie- und Handelspartner.
Kirsten Grant Meikle erwarb ein Level 4-Diplom des Wine & Spirit Education Trust (WSET) und absolvierte erfolgreich das Executive-Education-Programm an der INSEAD, einer der weltweit führenden Business Schools.

Kirsten Grant Meikle ist die Ur-Urenkelin des Destillerie-Gründers William Grant.
© Falstaff / Barbara Dopplinger
Kirsten Grant Meikle ist die Ur-Urenkelin des Destillerie-Gründers William Grant.
Ulrike Springer
Autor
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