Integration 
ohne Worte

An kaum einem anderen Ort treffen so viele verschiedene Kulturen aufeinander wie auf den Wiener Märkten. Immer mehr Menschen sind neugierig auf die Lebensmittel aus anderen Kulturen.

Der Trend ist ungebrochen: Bereits rund 326.000 BesucherInnen werden auf Wiener Märkten heutzutage pro Woche gezählt – das sind um rund 20.000 Personen mehr als noch vor fünf Jahren. »Die Vielzahl der Kulturen bereichert die Wiener Märkte«, erklärt Alexander Hengl, Sprecher des Marktamts der Stadt Wien. »Das ist heute genauso wie noch vor 250 Jahren.« Damals, so Hengl, wurde schon von Philosoph Anselm Desing geschrieben: »Durch diesen Handel werden viele fremde Nationen hierher gezogen und ist es eine Lust, Ungarn, bald Türken, Heiducken und Croaten, Griechen, Armenier und Perser anzutreffen. Aus allen Nationen gibt es Niederleger oder große Kaufleute, die mit kostbaren Waren handeln.«

An diesem Bild und dieser Freude am Teilen des Wissens über Lebensmittel und den Austausch mit diesen hat sich bis heute nichts verändert. »Märkte sind Orte der Begegnung. Unterschiedliche Kulturen bieten ihre Spezialitäten an«, so Hengl. »Auch die Anpreisung der Lebensmittel ist eine andere als in Supermärkten.« Obst zum Beispiel wird liebevoll aufgetürmt, damit Kundinnen und Kunden die Waren noch besser begutachten können.

Frische Früchte auf dem Meidlinger Markt / © Andreas Jakwerth
Frische Früchte auf dem Meidlinger Markt / © Andreas Jakwerth

»Es ist immer wieder spannend«, so der Marktamt-Sprecher, »wenn die Käuferinnen und Käufer auf den Wiener Märkten erkennen, dass manche Lebensmittel oder Speisen, die als urwienerisch gelten, gar nicht aus Wien stammen – etwa Erdäpfel, Knödel oder das Wiener Schnitzel.« Vielmehr sind sie Ergebnis des interkulturellen Austausches. Erdäpfel wurden nämlich von den Spaniern ins übrige Europa gebracht, der Knödel stammt Überlieferungen zufolge aus Böhmen und der Vorläufer des Wiener Schnitzels angeblich aus Mailand.

Direkter Draht zum Produzenten für den Großteil unerlässlich
Es ist nicht nur das besondere Flair und der interkulturelle Austausch, den die BesucherInnen auf den Wiener Märkten schätzen. Es sind auch die Informationen über die Lebensmittel und der direkte Bezug vom Anbieter bzw. von der Anbieterin. Wie wichtig den KonsumentInnen dies ist, belegt auch eine Studie des Instituts für Markt-, Meinungs- und Mediaforschung »market«: Für 57 Prozent ist es ein besonders starkes Qualitätskriterium, die Lebensmittel von ProduzentInnen direkt zu beziehen, weitere 27 Prozent halten dies für »eher« wichtig. Damit schätzen in Summe 84 Prozent der EinkäuferInnen den persönlichen Draht zum Landwirt bzw. zur Landwirtin. In Zusammenhang damit steht auch die Information über die Inhaltsstoffe – laut der Umfrage ist dies für 51 Prozent »besonders«, für weitere 31 Prozent »eher« wichtig.

Synergien nutzen durch gemeinsame Verkaufskonzepte
Doch der Trend hin zum persönlichen Kontakt zum Produzenten war nicht immer so stark. Das Ausbreiten der Supermarktketten hat die Wiener Märkte einst stark geschwächt und beinahe dafür gesorgt, dass Märkte verschwinden. Im Jahr 1992 wurde schließlich die Gastronomie auf den Marktgebieten zugelassen – daraufhin entwickelte sich ein steter Zustrom. »Die Herausforderungen für Marktstandlerinnen und -standler sind heute größer denn je«, sagt Alexander Hengl. Das große Angebot sorgt für eine stärkere Konkurrenz untereinander, deshalb müssen die AnbieterInnen ökonomische Nischen finden. Unternehmen müssen mehr anbieten als nur Lebensmittel. Auch hier gibt es bereits jetzt Beispiele guter Zusammenarbeit – diese ergeben sich meist mit Nachbarständen. Wenn etwa ein Stand frisches Obst und Gemüse anbietet und jener nebenan Wurst und Käse, können diese beiden Stände Synergien nutzen und feine Wurstplatten mit Gemüse- und Obstverzierungen anbieten. Als weiteres Beispiel führt Hengl an: HändlerInnen unterschiedlicher Herkunft verkaufen dieselben Lebensmittel, etwa Käse, und können gemeinsam die besten 100 Käsesorten aus 80 Ländern zusammentragen – ein Service, der von KundInnen immer mehr geschätzt wird.

Weitere Informationen rund um die Wiener Märkte finden Sie im Internet auf: marktamt.wien.at