Impressionen aus dem neuen »Motto«

Relaunch eines Wiener Szenelokals: Tom Sampl unternimmt eine Zeitreise durch die Epochen.

In nur vier Wochen war der Umbau erledigt, allerdings ging dem eine mehrere Monate dauernde Planugsphase voraus: Das Wiener »Motto« – das wohl einzige Szenelokal, das es über eine so lange Zeit gibt – erstrahlt in neuem und altem Glanz. Tom Sampl, neuer Gastgeber im »Motto« tritt damit nun in die großen Fußstapfen von Bernd Schlacher, von dem er das Restaurant Ende 2014 kaufte. 

Vom Moped ins »Motto«
Geschichte und G'schichtln – nichts könnte das »Motto«, das 1973 als »erstes schwules Lokal« eröffnete, wie Sampl erzählt, besser beschreiben. Eine gemeinsame Geschichte haben auch er und Schlacher: bereits 2003 hat Sampl im »Motto« angefangen, damals im Service. Nach einem Intermezzo in Salzburg beschloss er, sich eine Auszeit zu nehmen und mit dem »Moped« nach Spanien zu reisen. Just in dem Moment, in dem er losfahren möchte bekam er das Angebot von Bernd Schlacher, das »Motto« zu übernehmen. Die Auszeit nahm sich Sampl und danach fand so etwas wie eine geordnete Übergabe statt. Nach zwei Jahren als Geschäftsführer des »Motto« unter der Leitung von Bernd Schlacher, hat er nun das Ruder ganz und selbst in der Hand.

Neuer »Motto«-Chef: Tom Sampl / Foto beigestelltTime-Machine
Damit der neue Wind auch optisch spürbar wird, hat sich Sampl einen »Relaunch« des Restaurants ausgedacht, bei der Umsetzung vertraute er auf Gerd Zehetner (archiguards) und Laura Karasinski (Atelier Karasinski). Er sei viel gereist, aber nicht um sich aus Metropolen wie New York & Co Inspiration zu holen, sondern um zu sehen, was er nicht machen will. »Wir wollen Wien sein«, bringt er es auf den Punkt. Mit dem Interieur wollte Sampl eine »Zeitreise der Materialien« unternehmen. So hat man beispielsweise einen alten Luster nach acht Jahren Dornröschenschlaf wieder aus dem Keller geholt und neu inszeniert. Neben vielen alten Stücken aus der »Motto«-Geschichte sind es auch Zitate, die dem Restaurant seinen unverwechselbaren Charme verleihen. »Hier ist alles echt«, zeigt sich Sampl sichtlich stolz auf die gelungene »Wiedergeburt«. Eine Rennaissance erlebten auch die legendären Pornos, die nun in Form von verpixelten Teletext-Grafiken auf den Toiletten zu finden sind.

Altbewährtes und neue Einflüsse
Am Team hat sich nichts geändert, die Küchenmannschaft will im Hintergrund werken. »Wir wollen hier kein Name-Dropping machen«, erklärt Sampl. Schließlich geht es beim »Motto« um ein Gesamterlebnis. »Die Qualität muss man eh am Teller sehen.« Und was da auf die Teller kommt ist ein Mix aus »Motto«-Klassikern wie dem gebackenen Emmentaler, den Schinkenfleckerln oder den Filetspitzen in Rahmsauce mit Rösti und neuen Kreationen. Auch dem Thema vegan und vegetarisch zeigt man sich aufgeschlossen, allerdings sollte nichts »aufgesetzt« wirken. »Wir wollen keinen Trends hinterherjagen«, so Sampl. Als Highlight kündigt er die Steak-Night an, die jeden Sonntagabend in memoriam Frau Helene – eine der vielen »Motto«-Kultfiguren – stattfindet. Die Weinkarte gestaltet sich bewusst klein mit einer Tendenz zu Natural Wines. Als Aperitif empfiehlt sich etwa der Villemade Petillant naturel Bulle blanche, ein französischer Schaumwein aus biodynamischer Erzeugung.

Verjüngungskur
Nicht nur in Sachen Optik und Karte präsentiert sich das »Motto« nun frischer, auch in Sachen Zielgruppe will man neue Wege gehen. »Wir wollen vermehrt die Anfang bis Mitte 20-Jährigen ansprechen«, meint Sampl. Gelingen will ihm das auch mit täglichen DJ-Sets, durch die das Restaurant zum Dinner-Club avanciert. Nimmt man alles zusammen, dann wird schnell klar: Tom Sampl beginnt gerade damit ein neues Kapitel der »Motto«-Geschichte zu schreiben.

Motto
Schönbrunner Str. 30, 1050 Wien – Eingang Rüdigergasse
T: +43/(0)1/587 06 72
Öffnungszeiten: So bis Do 18–2 Uhr, Fr und Sa 18-4 Uhr
www.motto.at


(Marion Topitschnig)

Marion Topitschnig
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