Autor Philipp Steuer mit seinem Werk.

Autor Philipp Steuer mit seinem Werk.
© Jana Stening

»Ich wollte nie Veganer sein« – YouTuber Philipp Steuer veröffentlicht sein neues Buch

YouTuber Philipp Steuer lebt vegan. Für ihn eine Lebenseinstellung, die aber nicht von heute auf morgen da war. Falstaff hat mit dem Autor über sein neues Buch gesprochen.

»Dieses Buch hier ist eine Anleitung für alle, die weniger Tiere essen möchten. Würde ich heute mein achtjähriges Ich treffen und ihm davon erzählen, würde es lachen und dabei genüsslich in ein Schweinesteak beißen«, schreibt Steuer im Intro seines Buchs »Ich wollte nie Veganer sein«. Diese Aussage beinhaltet direkt zwei Beweise, die das Buch für jede und jeden interessant machen könnte. Erstens: Niemand wird als Veganer oder Veganerin geboren. Zweitens: Der Mensch kann sich verändern – auch was seine Ernährungsweise angeht. Im Interview verrät Steuer, dass diese Veränderung auch bei ihm erst einsetzen musste und warum eine zu abrupte Umstellung oft das Gegenteil bewirken kann.

Falstaff: Philipp, du schreibst davon, dass du dich an Menschen richten willst, die weniger Tiere essen möchten? Was sagst du denen, die diesen Wunsch (noch) nicht verspüren? Menschen wie deinem achtjährigen Ich.
Phillip Steuer: Ich würde sagen: Schaut her, ich habe selbst 25 Jahre lang Fleisch gegessen, ohne jeglichen Gedanken darüber, woher das, was da auf dem Teller liegt eigentlich kommt. Am liebsten so billig wie möglich. Und nun halte ich die Fahne für die vegane Ernährung hoch. Ich werde einen Teufel tun und euch von mir etwas aufschwatzen, denn Druck bringt überhaupt nichts. Aber wenn ihr offen für Neues seid, dann lasst mich euch zeigen, wie lecker und einfach eine vollwertige vegane Ernährung sein kann – ganz ohne Tiere.

Bist du aufgrund des Wohls dieser Tiere zum Veganer geworden, oder gab es auch andere Gründe?
Für mich kam irgendwann der Punkt, an dem ich nicht länger die Augen verschließen konnte. Ich bin jemand, dem Fairness sehr wichtig ist. Das, was wir mit den Tieren machen, ist alles andere als fair und irgendwer hat irgendwann voller Willkür Tiere unter anderem in Nutz- und Haustiere unterteilt. Die einen streicheln wir, die anderen essen wir. Dabei weiß ich aus dem eigenen Garten, dass ein Schwein einem Hund in nichts nachsteht, im Gegenteil. Diese große Ungerechtigkeit konnte ich für mich nicht länger hinnehmen. Hinzu kam meine große Liebe für Ultra-Marathon-Läufe, also Läufe über 60 Kilometer Distanz. Ich bin selbst nur Marathon gelaufen, aber es gibt zahlreiche Ultramarathon-Athleten, die vegan sind. Das spornte mich an. Außerdem: Mehrere Fachkommissionen und andere wissenschaftliche Organisationen haben Gutachten, Empfehlungen und Stellungnahmen veröffentlicht, die ganz klar zeigen: Wir brauchen eine sozialverträgliche Ernährungswende, wenn wir die Landwirtschaft, die Tiere, das Klima und die Umwelt schützen wollen.

Und diesen Empfehlungen schließt du dich an?
In dem Übermaß in dem wir uns jetzt ernähren, schaden wir einfach allen. Von daher hat die rein pflanzliche Ernährung auf dem Papier eine große Zukunft vor sich und ich würde mich extrem darüber freuen, bis dahin ist es – aber leider – noch ein weiter Weg. Die Veränderung selbst ist aber schon in Gange: Sowohl der Pro-Kopf-Verzehr von Fleisch als auch der Konsum von Milch sind 2021 auf ein Niveau gesunken, das zuletzt 1989 beziehungsweise 1991 festzustellen war, während sich die Produktion von vegetarischen und veganen Fleischersatzprodukten parallel zu dieser Entwicklung allein seit 2019 um 62,2 Prozent erhöht hat. Nahezu jeder etwas größere Supermarkt führt mittlerweile ein umfassendes Sortiment an pflanzlichen Milch-, Joghurt- und Fleischalternativen. Es geht voran!

Es passiert also etwas. Wie denkst du, dass sich die vegane Community ein der kommenden Zeit entwickeln könnte?
Ich denke die vegane Szene kommt in den nächsten Jahren immer mehr aus der Nische hin zum Mainstream, große Künstler wie Billie Eilish sorgen bereits jetzt dafür, dass schon junge Menschen auf vegan umstellen. In England gibts schon einen komplett veganen Fußballverein. Selbst da tut sich was. Spinnt man das weiter, werden zukünftige Generationen sich vielleicht fragen, wie wir überhaupt jemals so viele Tiere essen konnten.

Zukünftige Generationen könnten also fragend zurückblicken. Bis dahin liegt die Umstellung aber bei jedem:r Einzelnen. Und bei der muss man aufpassen, dass sie nicht zu radikal durchgeführt wird, weil sie sonst »oft zum Gegenteil« führen kann, wie du schreibst. Kannst du dieses Phänomen noch weiter ausführen?
Natürlich gibt es vereinzelt die Menschen, die von heute auf morgen vegan werden. Das ist aber die Minderheit. Viele versuchen mit zu viel Druck ihre Ernährung umzustellen, was sehr schnell zu Frust wird. Aus einem »Ich probier es einfach mal« kann so schnell ein »Ach, das klappt doch alles nicht!« werden und mit der schwindenden Motivation gehen dann auch alle guten Vorsätze baden. Der Mensch ist nunmal ein Gewohnheitstier und die Änderung beziehungsweise Anpassung dieser erfordern Zeit und Geduld.

Du hast in deinem Buch noch ein Kapitel in dem andere bekannte Veganer:innen zu Wort kommen? Wie wichtig sind aus deiner Sicht solche Vorbilder für den Umstieg? Und hättest du dir für dich jemanden gewünscht?
Vorbilder sind wichtig, denn sie können viele Menschen begeistern, ganz egal ob Sportler:innen, Politiker:innen oder Musiker:innen. In meinem Fall selbst sog ich alles auf, was meine Ultra-Marathon-Vorbilder so von sich gaben. Ihre Höchstleistungen zeigten mir, dass das alles mit einer rein pflanzlichen Ernährung funktionieren kann. Von daher: Den erwachsenen Philipp holten solche Sportler:innen ab, beim acht-jährigen Philipp wären es vegane Fußballer gewesen. Und in einer Zeit, in der Influencer einer der Traumjobs von Kindern und Jugendlichen ist, sind vegane Influencer umso wichtiger.

© Härter Verlag

Buchtipp

Ich wollte nie Veganer sein – Warum Gemüse dennoch mein Fleisch wurde
Philipp Steuer
Härter Verlag
160 Seiten
14.– Euro

Felix Moßmeier
Felix Moßmeier
Digitalredakteur
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