»Ich mag Wiener Schnitzel«

Der internationale Spitzenkoch Pierre Gagnaire im Falstaff-Interview.

Pierre Gagnaire, Wegbereiter der Nouvelle Cuisine, im Gespräch mit Falstaff-Redakteur Bernhard Degen / Foto: Reneé del MissierPierre Gagnaire über österreichische Küche, die wichtigsten Trends und sein neues Restaurant in Berlin.FALSTAFF: Kennen Sie österreichische Gerichte, und wenn ja, was davon essen Sie am liebsten?GAGNAIRE: Ich mag sehr gerne Wiener Schnitzel, wir bereiten es oft für die Mitarbeiter zu, die lieben das.Haben Sie in Ihren Restaurants auch österreichische Weine auf der Karte, gibt es Favoriten?Ich muss gestehen, dass wir natürlich auf französische Weine fokussiert sind und auch ältere Jahrgänge – bis zu zwei Generationen zurück – lagernd haben. Österreichische Weine sind eher ein Randthema, aber wir haben immer wieder Schwerpunkte und spezielle Angebote von österreichischen Winzern.Was ist für Sie der wichtigste Trend in der internationalen Gastronomie?  Es gibt immer wieder Strömungen, die manchmal extrem betont werden, so wie das bei der Molekularküche war. Das ist jetzt wieder auf ein normales Maß zurückgegangen. Regionalität ist eine schöne Sache, es ist auch sehr beeindruckend, was René Redzepi macht. Aber viel wichtiger ist, dass die Köche ihre Talente und unterscheidbaren Charakterzüge erkennen und diese weiter ausbilden. Es kommt viel mehr auf Herz, Energie und Persönlichkeit an!Ist die französische Küche in einer Krise? Bei den letzten Wettbewerben wie dem Bocuse d’Or oder der San-Pellegrino-Top-50-Liste schnitten skandinavische Länder oder auch Spanien deutlich besser ab als Frankreich ...Früher war der Stellenwert guten Essens nur in Frankreich so stark ausgeprägt, jetzt ist überall ein ­hohes gastronomisches Niveau wichtiger geworden. So gesehen haben die französischen Köche mehr Mitbewerber bekommen. Sehen Sie mal, wie sich die Thai-Küche entwickelt, da kommt Großartiges auf uns zu.Was ist Ihre Reaktion auf die Überfischung der Meere? Wir verwenden nach wie vor Meeresfische, auch wenn sie gefährdet sind. Allerdings begegnen wir den Produkten mit größtem Respekt, verwerten wirklich alles und werfen nichts weg. Das ist keine Schande.Haben Sie ein Gericht, das Sie als Ihr Signature Dish bezeichnen würden? Nicht konkret, meine Mission ist, dass ich Produkte verwende, die ich gut kenne, und in der Komposition von Gerichten möchte ich etwas Neues kreieren, was genial passt.Sie werden als erster der kulinarischen Global Player das Restaurant im Waldorf Astoria in Berlin übernehmen. Worauf können sich die Berliner freuen?Das neue Restaurant wird zu der Atmosphäre des Hotels und zu Berlin insgesamt passen. Berlin ist eine internationale Metropole, und das wird man in der Küche wiederfinden, aber natürlich werde ich auch die deutsche Genusskultur einfließen lassen. Ich werde mir viel Zeit nehmen, um meine Persönlichkeit und meine Sensibilität bei der Kreation von Gerichten einzubringen. Oberstes Ziel ist es nicht, möglichst viele Michelin-Sterne zu erobern, sondern ein stimmiges Restaurant zu schaffen.


Interview von Bernhard Degen
Aus Falstaff Nr. 6/2011

Bernhard Degen
Autor
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