Das Weingut Wailand wurde für die beste Aussicht ausgezeichnet.

Das Weingut Wailand wurde für die beste Aussicht ausgezeichnet.
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Heurigen & Buschenschank Guide 2022: Die Sonderauszeichnungen

Endlich ist er da: Der neue Heurigen & Buschenschank Guide für 2022. Neben den besten Heurigen und Buschenschanken wurden auch Special Awards ausgezeichnet. Wir stellen die Sieger vor.

Heurigenwirtin des Jahres: Lauretta Pflaum, Heuriger Schübel-Auer, Wien

Am Anfang stand die Ratlosigkeit. Sollte wirklich nach zehn Generationen Ausschanktradition Schluss sein? Loretta Pflaums Schwester wollte nicht mehr Heurigenwirtin sein, doch immerhin wird der Auer-Hof schon seit 1711 kulinarisch bespielt. Womit die Schauspielerin sich plötzlich auf eine neue Bühne begab – jene zwischen den Blumenkisten, dem Salettl und dem Opa-Zimmer in Nussdorf. Ohne die Unterstützung von Antje Hochholdinger, Freundin und Kollegin der Mimin, allerdings, »würde es den Schübel-Auer vielleicht gar nicht mehr geben«. Doch so fand die Mimin die Energie, das Kulturjuwel zu erhalten. Das gilt auch für die Küche, in der vom glutenfreien Schnitzel bis zu den Krautfleckerln für Wienerisches gesorgt ist. Bunte Akzente abseits der »Zwangsbeglückung mit Akkordeon« setzt die Eigentümerin bei den zahlreichen Events. Da kann dann schon eine Taschen-Vernissage von Eva Blut (von ihr stammen die Schürzen der Heurigencrew) oder eine Kimono-Präsentation zwischen den Heurigenbankerln stattfinden. »Contemporary Buschenschank«, könnte man auch sagen.

Klassisch/Urig: Buschenschank Trummer am Obegg, Spielfeld

Es war das Jahr des Jürgen Trummer. Neben Auszeichnungen wie dem »Vineus« als bester Newcomer stand auch die Erweiterung des Weinguts hart an der slowenischen Grenze an. Im Buschenschank hingegen liebt man es klassisch. Das Brot kommt von Jürgens Mutter Andrea, die Weine und den Schmäh dazu liefert Papa Josef Trummer. Eine kleine, aber bestens kuratierte Karte leitet den Genuss mit dem »Trummer-Brot« ein, der Star ist aber das Karree, das es auch als Rosmarinbraten-Variante gibt. Käferbohnen und gebratene Ripperln, viel mehr braucht es dann auch schon nicht mehr auf der Terrasse oder in den mustergültigen Stuben mit den Holzmöbeln. Allenfalls der »Buschburger« klingt modern, doch auch er wird mit Schweinsbrüstl belegt. Auch beim Wein schöpft man beim 29-jährigen Klosterneuburg-Absolventen aus dem Vollen: Vom Muskateller-Frizzante über den Rosé vom Kalk bis hin zu den Lagenweinen vom Obegg reicht die Palette. Für Jürgen Trummer hat »jede Lage einen eigenen ›Sound‹«. Für uns hat sein Buschenschank jedenfalls den kulinarischen Klang der Steiermark.

Beste Küche: The Quarter, Andau

Erich Scheiblhofer denkt nie klein. Weder bei Weinen wie dem »Big John« noch bei seiner »Hall of Legends«. Doch was alle Unkenrufer befürchteten, als sich der Andauer auch des Themas Buschenschank annahm, trat nicht ein. Wenn schon ein Superlativ bemüht werden soll, dann »ultralokal«: Angus-Rind aus dem Seewinkel wird auch als Beuschel serviert, Käse und Bier kommen ohnehin aus einem maximal 40 Kilometer umfassenden Radius. Und vom Aufstrichbrot beginnend über die vier Varianten an Feuerflecken bis zum Langos, das es auch beim winterlichen »Hot Wine Stand« gibt, pflegt man die kleine Form. Dass das Burgenland gerade bei diesen bäuerlichen »Snacks« viel zu bieten hat, zeigt die Küche mit wechselnden Spezialangeboten. Ein Szegediner Krautfleisch vom Mangalitza-Schwein steht somit gleichberechtigt neben dem Graurind-Burger. Denn »The Quarter« mag schon namentlich für die Moderne im Seewinkel stehen – auf die Wurzeln der kulinarischen Boom-Region legt man aber kaum wo so viel Wert wie hier.

Bester Wein: Kellerschlössel – Heuriger Domäne Wachau, Dürnstein

Die »Kalendernotizen« von Hieronymus Übelbacher, Propst in Dürnstein, sind für Historiker ein rares Zeugnis der Barockzeit. Umso stimmiger ist es daher, wenn sich heute Genießer im Kalender eintragen, wann das »Lustschlössel« Übelbachers – ein Werk Jakob Prandtauers! – wieder zum Heurigen lädt. Denn bereits lange bevor hier die Domäne Wachau einzog, wurde in den spektakulären Räumen gezecht. Und diese Tradition hält man mit einem Angebot hoch, das auch dem barocken Propst gefallen hätte. Man schwelgt nämlich nicht nur in der Jahrgangstiefe der Genossenschaft, sondern ergänzt sie um internationale Raritäten. Man merkt schnell, dass hier Master of Wine (MW) Roman Horvath gemeinsam mit Winzer Heinz Frischengruber die Weinkarte persönlich gestaltet. Im Kellerschlössel hört man die Heurigen-Frage »Was geht da no drüber?« entsprechend öfter als anderswo – denn die raren Termine haben sich in Windeseile in der vinophilen Szene etabliert. Und vor allem weiß man sie mit Burgundern und großen Gewächsen souverän zu beantworten.

Schönstes Ambiente: Weingut Schauer, Kitzeck

Es ist eigentlich egal, wohin man sich wendet: Zu sehen gibt es beim Schauer (nomen est omen!) immer was. Die Steillagen des Sausals, wo der herrliche Riesling der Familie wächst, sind an sich schon imposant. Doch im »Sitzgarten«, wie man es im Buschenschank nennt, genießt man dieses Ambiente ganz anders. Die Konkurrenz in Sachen malerische Landschaft (für jüngere Gäste: Selfie-Spots vorhanden!) macht man sich in Kitzeck auch selbst – mit dem Picknickplatz oberhalb des Gaisriegels. Die steile Schieferlage beim Verkosten zu sehen, lässt einen die Weine noch mehr schätzen. Für die Hausgäste gibt es sogar einen Plan, um die schönsten Platzerl rund um den Heurigen nicht zu verpassen. Doch der klare Fixpunkt für alle in dieser liebevoll gepflegten Genusswelt zieht irgendwann alle an: Die Verkosttheke vereint Erstbesucher ebenso wie Schauer-Stammleut’, die als erstes nach dem Steirercarpaccio, dem luftgetrockneten Küchenhit, fragen. Schönes im Glas, umgeben von Schönheit!

Schönste Aussicht: Weingut und Buschenschank Wailand, Wien

Dass ein Heurigen gerne als Hochzeitslocation gebucht wird, ist eher selten. In diesem Falle erkennt man den Grund aber sofort, wenn man den Wiener Stadtwanderweg verlässt und in der Kahlenberger Straße bergan zu Teresa Wailand schreitet. Denn dieser Blick auf die Stadt ist in der Tat unbezahlbar. Damit man ihn perfekt genießen kann, wird akribisch das Wetter beobachtet und den Stammgästen mitgeteilt. Denn so fein die logenartigen Schirme über den Bänken im Weingarten sind: Der legendäre Sekt des vor rund 25 Jahren gegründeten Weinguts schmeckt halt noch besser, wenn Sonnenlicht im Glas reflektiert wird. Edles Holz, das sich fein in die grüne Reblandschaft einfügt, lädt bis in den Oktober zum Verweilen. Denn um originelle Ideen ist man in der Riede Pratteln selbst in der kalten Jahreszeit nicht verlegen; neben Glühwein und Kuschel- decken hoch über Wien wurden auch Heurigenboxen geschnürt und per Seilbahn (!) ans Weingartentor geliefert. Soll noch einer sagen, Buschenschanken wären ein Auslaufmodell! Sicher nicht bei den Wailands.

Neueröffnung des Jahres: Joseph II. Heuriger & Vinothek, Wien

Sind hier die Monarchisten am Werk? Mitnichten, auch wenn wir uns in Schönbrunn befinden. Aber Josip Susnjara war es als Mastermind wichtig, dem Monarchen ein Denkmal zu setzen, der den Weinhauern 1784 das Ausschenken erst ermöglicht hatte. Die weitere Idee Susnjaras, der einst selbst beim Heurigen musizierte: Wiens aktuelle Weinproduktion soll man dort genießen können, wohin Touristen weit verlässlicher kommen als in die Stammersdorfer oder Sieveringer Keller. Optisch ist das ehemalige »Kontrollorstöckl« ein Schmuckstück geworden, inhaltlich erfreut auf über 500 m2 die Vinothek, in der selbst Raritäten wie Michi Edlmosers »Qualtinger« zu finden sind. Wer nur auf ein Aufstrichbrot kommt, ist ganz im Heurigengeiste gern gesehen. Kulinarisch erweist man auch bei den warmen Speisen der Hauptstadt Reverenz – die Kanarimilch zum Dessert muss ebenso sein wie ein Schnitzerl. Danach lockt sogar ein Schönbrunner Rum – denn weltoffen ist Wiens neuester Heurigen nicht nur aufgrund seiner Lage, sondern aus Prinzip.

Roland Graf
Autor
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