Hennessy – von Violinen und Pianos

Kaum ein Cognac-Produzent verfügt über eine ähnliche Strahlkraft wie Hennessy – nun liegt eine neue Abfüllung des »Fine de Cognac« vor.

Der Name allein lässt das Herz eines jeden Cognacliebhabers höher schlagen: 1765 vom irischen Auswanderer Richard Hennessy gegründet, entwickelte sich Hennessy über die Jahrhunderte hinweg zu einer der legendärsten Marken, die den weltberühmten französischen Weinbrand, das »Gold der Charente«, herstellen. Prominent im Herzen der Kleinstadt Cognac, am Ufer der Charente, liegt das Stammhaus mit seiner turmhoch flatternden Fahne und strahlt aus, wofür auch seine Produkte stehen: Souveränität und Beständigkeit – ganz so, als sei man immer schon dagewesen.

Eine große Familie
Auch heute noch wird das Unternehmen – inzwischen in achter Generation – von der Familie Hennessy geführt; überhaupt kommt dem Stichwort »Tradition« in diesem Cognac-Haus eine ganz spezielle Bedeutung zu: Die Grunddestillate zur Cognac-Herstellung, die »Eaux de vie« (denen nur Ugni-Blanc-Trauben aus den besten Anbaugebieten Grande Champagne, Petite Champagne, Borderies und Fins Bois zugrunde liegen), werden in Zusammenarbeit mit 1500 Vertragswinzern gewonnen, deren Bindung an das Haus Hennessy oftmals ebenfalls bereits über viele Generationen hinweg besteht. Die Verträge bilden aber nicht nur ein unternehmerisches Grundgerüst, sondern sind auch Qualitätsgarant: Sie statten Hennessy nämlich mit dem Recht aus, ein Eau de vie nicht vom Winzer anzukaufen, sollte es die Erwartungen des Tasting Committees nicht erfüllen.

Sieben Verkoster – ein Ziel
Das aus sieben Personen bestehende Tasting Committee kommt quasi einer Schleuse gleich, durch die jedes Rohdestillat fließen und sich dabei als würdig erweisen muss, in einem der Hennessy-Keller zur Fassruhe gelegt zu werden. Vormittag für Vormittag setzen sich die sieben Verkoster zusammen und prüfen die Güte von Rohdestillaten, aber auch von gereiften Bränden verschiedenen Alters – 40 bis 50 Cognacs täglich, erzählt Renaud de Gironde, selbst Teil des Committees. Oberstes Gebot jedes Verkosters ist es, die eigenen Vorlieben in den Hintergrund zu rücken und zu lernen, welche Eigenschaften ein Eau de vie für einen Hennessy-Cognac erfüllen muss. Dass er überhaupt darüber sprechen kann, ist für de Gironde dabei noch nicht ganz selbstverständlich. Die ersten zehn Jahre als Verkoster ist man nämlich tunlichst dazu angehalten, »seinen Gaumen zu schulen, zu lernen – und zu schweigen«.

Fässer, so weit das Auge reicht
Erst nach der Prüfung durch das Committee darf ein frisches Eau de vie schließlich in eines von 350.000 Eichenfässern, die Hennessys aktuellen Lagerbestand darstellen. 270-, 350-, 440- und 540-Liter-Fässer dienen in einer Kategorisierung von A bis E als maßgeschneiderte Reifebehältnisse für jede Art von Eau de vie: Robuste Grunddestillate etwa dürfen sich ihre Hörner in einem jungen Fass »A« (jünger als ein Jahr) abstoßen, fragil-duftige hingegen sich in Fässern der Klasse »E« (älter als 20 Jahre) veredeln.
Bis die Reparatur zu aufwendig wird – so lange werden die Eichenfässer in der hauseigenen »Tonnellerie de la Sarrazine« über die Jahre hinweg minutiös instandgehalten und ausgebessert. Ein Aufwand, der sich lohnt, schließlich entweicht aus den beeindruckenden Fasslagern jährlich ohnehin bereits Cognac in einer Größenordnung von rund acht Millionen Flaschen – ein wahrlich atemberaubender »angel’s share«.

Im Gründerkeller
Egal aber, wie viele Fässer die anderen Lager halten: Der ganze Stolz Hennessys liegt in dem »Chai du Fondateur«, dem Keller mit den ältesten und wertvollsten Eaux de vie des Hauses. In dunklen Fassreihen und majestätischer Stille liegen hier Destillate aus den letzten Jahrhunderten und harren ihrer idealen Reife. Selbst wenn es anfangs den Anschein erwecken mag: Es ist dies kein Museum, keine Ansammlung von Schauobjekten, sondern ein – wenn auch sehr wertvoller – Teil des Hennessy-Cognac-Universums, aus dem sich der Master Blender (aktuell Yann Fillioux) schließlich bedient, um etwa spezielle Abfüllungen wie den »Paradis« zu assemblieren.

Meister der Komposition
Dieser Produktionsschritt, die Assemblage, ist wohl die größte Herausforderung im Prozess der Cognac-Herstellung. So gut wie alle Abfüllungen von Hennessy entstehen durch das kunstvolle Verschneiden einer Vielzahl, oft Dutzender, verschiedener Eaux de vie, die jeweils ihren Reifezeitpunkt erreicht haben: Zunächst wird ein »primary blend«, daraus ein »mother blend« und zuletzt ein »final blend« komponiert. Jede einzelne Stufe wird dabei einem Vergleichssample älterer Assemblagen des gleichen Produkts gegenübergestellt, um stets Kontrolle über die Konstanz der Zusammensetzung zu haben.

Fine de Cognac
Fine de Cognac / Foto beigestelltAuch der »Fine de Cognac«, dessen neue Abfüllung nun auf dem Markt ist, entsteht in diesem Verfahren und setzt sich aus Eaux de vie zusammen, die nach der Destillation in zehn Jahre alten Fässern reiften. Eine Kombination aus jüngeren, fruchtig-zitrus-betonten Destillaten sowie älteren, stärker fassbeeinflussten »Wassern« ergibt einen sehr vielseitigen, sich auch in Cocktails stark präsentierenden Cognac.

Summenspiele
Der Grundgedanke hinter der Assemblage ist simpel: Ein Eau de vie für sich mag gut sein, manchmal sogar herausragend – aber erst die Vermählung mit anderen sorgt für ein Destillat, das in sich die Vorzüge und das Aromenspiel verschiedenster Eaux de vie vereint. Aus Renaud de Girondes Mund erhält diese Simpelheit schließlich noch eine ganz poetische Note: »Stellen Sie sich vor, Sie hätten einen großartigen Violinisten; zugleich verfügen Sie aber auch über einen herausragenden Pianisten. Der richtige Dirigent vereint die beiden zu etwas Großartigem, zu mehr als ihrer Summe – warum also sollte man sie alleine spielen lassen?«

Cocktailtipp:
4 cl Hennessy Fine de Cognac
1 cl frischer Limettensaft
3 cl Soda
3 cl selbst gemachte Limonade

Ein Old-Fashioned-Glas mit Eiswürfeln füllen und darüber den Saft von zwei Limettenstücken pressen. Dann den Fine de Cognac, das Soda und die Limonade dazugeben. Sanft umrühren und mit leicht angeschlagenen Minzblättern garnieren.

von Georg Schullian

Georg Schullian
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