Selbstgemachte Limonaden werden immer beliebter.

Selbstgemachte Limonaden werden immer beliebter.
© Ian Ehm

Hauslimonaden sorgen für Nachfrage

Wer Limonaden selbst herstellen will, braucht zuerst eine Idee und dann eine solide Basis, die sich beliebig weiterverarbeiten lässt. PROFI auf den Spuren von Sirup, Shrub & Co.

Treffen sich zwei Freunde auf ein Gin & Tonic: Was klingt, wie der Einstieg in einen Witz, ist der Beginn einer florierenden Geschäftsidee aus Hamburg. Stylist Hendrik Schaulin und Fotograf Peter Hundert waren es leid, die Gins kleiner Manufakturen mit industriellen Tonics aufzufüllen. Durch Zufall stieß das Duo auf eine Anleitung für ein Tonic-Sirup und entwickelte kurzerhand seine eigene Rezeptur für einen handgekochten Sirup aus ausschließlich natürlichen, bio-zertifizierten Zutaten. Die ersten 100 Flaschen »pHenomenal Tonic« gingen zwar ausschließlich an Freunde und Geschäftspartner, doch die Anfragen ließen nicht lange auf sich warten. »Der Bedarf war scheinbar da, also haben wir nach einer Produktionsküche gesucht. Heute ist pHenomenal Untermieter in einem Catering-Unternehmen und produziert ca. 1000 Flaschen im Monat«, erzählt Hendrik Schaulin. Co-Gründer Peter Hundertist inzwischen ausgestiegen, um sich wieder mehr der Fotografie zu widmen. Schaulin aber führt die Geschäfte nebenberuflich weiter, hat neben dem Tonic-Sirup auch einen Ginger-Sirup als Basis für eine Ingwerlimonade oder »Moscow Mule« und einen Winter-Sirup für Glühwein entwickelt. 

Seine Kunden sind in erster Linie private Gin-Sammler und Home-Bartender. »Ein Bernstein-farbenes Tonic Water führt zu Gesprächsbedarf am Gast, dafür will sich vielleicht nicht jeder Bartender Zeit nehmen.« Aber es gibt Ausnahmen. Die »Good-Old-Days«-Bar in Hamburg macht einen hervorragenden »El Diablo Blanco« aus Tequila, Crème de Cassis,  pHenomenal Ginger, Limette und Soda. Neu sei für Schaulin die Entdeckung, dass der Sirup auch für Espresso Tonic oder Cold Brew Tonic verwendet werden kann. Ein spannendes Feld für Third Wave Coffee Shops und Cafés, in dem auch Barkeeper Arturo Castañeda mit seinem Sirup »Ur Gut« mitmischt. 

Um Limonaden selbst herzustellen braucht man eine solide Basis.
© Ian Ehm
Um Limonaden selbst herzustellen braucht man eine solide Basis.

Sirup neu gedacht

Der gebürtige Mexikaner, der seit 2011 in Wien lebt, hat speziell für Kaffeehäuser einen Sirup aus Kaffee, Maracuja und Zitronengras entwickelt, mit dem Eiskaffees und Frappés verfeinert werden können. Die außergewöhnliche Sirupkreation ist Teil einer ganzen Sirup-Serie, die aktuell aus 15 Sorten besteht. Sechs davon bietet Castañeda das ganze Jahr über an, darunter »Karotte, Himbeere & Tonkabohne«, alle weiteren sind saisonal erhältlich, etwa »Spargel, Erdbeere & Zitronengras« im Frühling und Sommer oder »Sauerkirsche, Marzipan & Kardamom« im Herbst und Winter. Ein Jahr nach der Gründung ist »Ur Gut« bereits in 25 Wiener Lokalen und den »Mercure Hotels« gelistet. Im Durchschnitt verkauft Castañeda 250 Literpro Woche. Auf Wunsch liefert er auch die passenden Rezepte dazu für Limonaden, Eistees, Punsch, Spritzer, Cocktails und Gin & Tonic-Variationen. »Schon während meiner Zeit hinter der Bar im ›Motto am Fluss‹ habe ich viele Zutaten für meine Cocktails selbst gemacht. Die Gäste sollen gezielt wegender Limonaden ins Lokal kommen.« Arturo Castañeda hat damit einen ähnlichen Background wie Peter Leitner, der im Mühlviertel ein regionales Cola namens »Pedacola« erzeugt. Leitner betrieb zuletzt das Restaurant »Spirali« am Linzer Graben, in dem er Säfte aus regionalen Produkten selbst herstellte. Durch Zufall entdeckte er im Baumarkt die Eberraute, die aufgrund ihres Cola-ähnlichen Geschmacks auch Colakraut genannt wird. Zwei Jahre später hatte er daraus ein Getränkaus rein natürlichen Zutaten entwickelt, das mit dem herkömmlichen Cola nichts gemein hat.

Die monatliche Produktion ist auf 1.000 Liter angestiegen, das sind umgerechnet rund 200.000 bis 300.000 Getränke, die jährlich ausgeschenkt werden: Im Wiener Weinbistro »MAST« klassisch als Pedacola, im Restaurant »Amador« als »White Cuba-Libre« und in der »Feinkost Mild« in Graz als »Gin-Peda«. Die deutsche »Essendorfer Genussschmelzerei« verwendet Pedacola sogarals Zutat in einer BBQ-Sauce, der »Wirt am Graben« in Linz für ein Sorbet und das »Johann« in Dietach für eine »Peda Cotta«. Dass Pedacola als Sirup verkauft wird, hat nachhaltige Gründe. Leitner: »Weniger Schlepperei, platzsparende Lagerung, lange Haltbarkeit. Außerdem haben wir überall in Österreich sehr gutes Wasser.«

Saure Limos

Platzmangel ist auch der Grund, warum Jan Pavel als Basis für seine Limonaden Tee-Essenzen herstellt. Anstelle unzähliger Einmachgläser, in denen Ansätze aus Obst, Gemüse und Kräutern auf ihren Einsatz warten, lagert Pavel hinter der Bar nur wenige Flaschen seiner hochkonzentrierten Essenzen, die zum Teil so bitter sind, dass es genaue cl-Vorgaben braucht, um sie auf die richtige Trinkstärke zu bringen. Für die Herstellung verwendet der erfahrene Barkeeper hochwertigen »Haas & Haas«-Tee, den er intensiv einkocht und wie eine Art Sirup mit Zucker stabilisiert. »Das Süßungsmittel kann variieren, ist aber unumgänglich, um die Essenz haltbar zu machen und ihr Tiefe zu geben. Erst durch den Zucker bekommt sie Aroma und Geschmack«, erklärt Pavel. In seinem »Café Zweisam« serviert er immer drei verschiedene Sorten, die er wahlweise mit Soda oder Wasser zu Limonade oder Eistee aufspritzt, aktuell etwa »Weißer Tee – Pfirsich«, »Rooibos – Mandarine – Physalis« und »Grüner Tee – Maté«. »Den einzigen Fehler, den man machen kann, ist, es nicht zu probieren. Mit Signature Limonaden schaffst du dir deinen eigenen Markt, die Gäste fragen aktiv nach.«
Das weiß auch Bert Jachmann, ehemaliger Barchef im »Heuer am Karlsplatz«. Gemeinsam mit Küchenchef Peter Fallnbügel entwickelte er Limonaden auf der Basis von Shrubs, für die das Lokal inzwischen stadtbekannt ist. »Anfangs hatten wir viel Erklärungsbedarf. Manche Gäste dachten, das Getränk gärt«, erinnert sich Jachmann, der aktuell als Consultant für die Wiener »Stadtbar« tätig ist. Für einen Shrub wird kalter Essig mit rohem Obst oder Gemüse für mindestens drei Tage angesetzt. Jachmann verwendet dafür ausschließlich den Hausessig des Wiener Essigbrauers Erwin Gegenbauer. »Wir haben anfangs mit jeder Art von Essig experimentiert, hatten aber immer diesen beißenden Industrieessigton dabei.« Zudem musste das Duo lernen, dass nicht jede Frucht kalt extrahiert werden kann. Birnen müssen beispielsweise wärmebehandelt werden, auch Minze und Basilikum geben in Essig eingelegt kein Aroma ab. »Kräuter gibt man am besten als Sirup dazu. Ob man den Shrub generell zuckert oder nicht, hängt von der weiteren Verwendung ab«, so Jachmann. Ob er bei seinem neuen Barprojekt ab dem Frühjahr 2019 auch auf die begehrten Limos setzt, wird sich zeigen. Gäste jedenfalls sind für individuell Hergestelltes durchaus zu haben. Dazu braucht es lediglich ein hocharomatisches Grundprodukt, aus dem dann besondere Getränke entstehen können.

Sonja Planeta
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