Harley-Davidson: The American Way to Ride

Falstaff präsentiert die Motorräder für den Traum von der unendlichen Freiheit.

Es ist ein Bild, das jeder kennt – auch wenn er den Film »Easy Rider« nicht gesehen hat. Peter Fonda auf einem Motorrad mit einer endlos langen Vordergabel, der Lenker hochgezogen. Entspannt, wie in einem Lehnsessel sitzend, die Beine weit nach vorne gestreckt auf Fuß­ras­tern liegend, die Hände in schwarzen ­Lederhandschuhen auf dem hohen Gouvernal ­ruhend, fährt Fonda auf dem schnurgeraden Highway durch den Mittelwesten Amerikas. Die Sonne glitzert auf üppigem Chrom, ­spiegelt sich auf dem tropfenförmigen Tank, brennt auf seiner provokanten Bemalung mit Stars and Stripes – der amerikanischen Flagge. Und die Band Steppenwolf singt:

Das Unternehmen ­wurde 1903 von den Freunden Bill Harley und Arthur ­Davidson sowie dessen Brüdern gegründet »Get your motor running, head out on the highway,looking for adventure in whatever comes our way.Yeah, darling gonna make it happen, take the world in a love embrace,fire all of your guns at once and explode into space.BORN TO BE WILD!«Wie alles begann ...Durch »Easy Rider« wurde Harley-Davidson unauslöschlich zum Symbol für Freiheit und Unabhängigkeit. The Great American Dream auf zwei Rädern – von einem Motor angetrieben, der durch seine Größe unendliche Kraft verspricht: Alles ist möglich. Und wie jeder amerikanische Traum begann er in einer Garage: Die Wiege des Harley-Davidson-Mythos stand in Milwaukee, Wisconsin, am Lake Michigan. Hier wuchsen William S. »Bill« Harley sowie die drei Brüder Arthur, Walter und William H. Davidson auf. Als um 1900 die ersten Motorräder über amerikanische Holperstraßen knatterten, ­gehörten Bill Harley und sein Freund Arthur Davidson zu ihren großen Bewunderern. Dementsprechend dauerte es nicht lange, bis sie die Idee hatten, sich solch ein »Motor Bicycle« selbst zu bauen. Unterstützung erhielten sie von Arthurs Brüdern William H. und Walter Davidson sowie Vater William C. Davidson, der ihren Tatendrang mit einer selbst zusammengezimmerten 3,5 x 5 Meter großen Holzbaracke zum »Schrauben« ­förderte.Forty-EightNoch keine Spur von MassenproduktionDie erste Harley-Davidson von 1903, das Modell O, sah nicht nur schön aus, es fuhr auch hervorragend. In späteren Werbeanzeigen verwiesen die Firmenbosse mit Stolz ­darauf, dass dieses Bike problemlos über 100.000 Meilen absolviert hatte. Im nächsten Jahr baute die »Vier-Mann-AG« neben ihrer eigentlichen Arbeit drei weitere Bikes zusammen. Auch das nächste Modell, die legendäre Silent Gray Fellow, überzeugte durch Zuverlässigkeit. Von Massenfertigung konnte aber noch lange keine Rede sein: 1906 betrug die Jahresproduktion ganze 50 Motorräder.Trotzdem ließ das Quartett seine Firma als »Harley-Davidson Motor Company of Milwaukee« offiziell registrieren. Walter Davidson wurde Präsident und General Manager, Arthur Davidson erhielt den Posten als ­Sekretär und Verkaufsmanager, William A. Davidson fungierte als Vizepräsident und Produktionsleiter, William S. Harley war der Chefingenieur und Schatzmeister. Dyna Fat BobDer Weg zur bekanntesten MotorradmarkeIn den nächsten Jahren ging es mit dem Geschäft steil bergauf. Schon 1908 reichte das Händlernetz von der Ostküste bis nach Kalifornien. Bereits während seines Ingenieur­studiums hatte sich Bill Harley auch mit mächtigen V-Trieb­werken beschäftigt, 1909 brachte Harley-Davidson das ­Modell 5 ­D mit einem 45-Grad-V-Motor auf den Markt – dieser Winkel ist, abgesehen vom aktuellen ­Modell V-Rod, bis heute gleich ­geblieben. Die Ur-Harley verfügte über 820 ccm, leistete sieben PS und erreichte ­beachtliche 100 km/h. Bei der Fertigung der Motorräder legten die Jungunternehmer großen Wert auf einfache und verständliche Technik. Schließlich gehörte die »Schrauberei« am Straßenrand damals zum Alltag. Nach dem Aus von Indian, dem einzigen wirklichen Konkurrenten, Mitte der 50er-Jahre gab es für die Amerikaner nur noch eine Motorradmarke, und die hat eben ­einen dicken V-Motor unter dem Tank. FXSBlacklineMehr als ein MotorradEine ­Harley-Davidson ist nicht nur ein Motorrad, sie verkörpert Mythos, Tradi­tion, Kultur und Lebenseinstellung. Geprägt wird die Marke von einer außergewöhnlichen ­Firmenphilosophie: In den vergan­genen 100 Jahren ließen sich die Manager in Milwaukee nie von schnelllebigen Mode­trends beeinflussen. Im Vergleich zu anderen Herstellern, die ständig neue Motor­räder auf den Markt brachten, erfolgte bei Harley-Davidson der Modellwechsel im Jahrzehnte-Abstand. Die aktuellen Modelle, beispielsweise die Sportster Iron 883, Dyna Fat Bob, Heritage Softail, Heritage Classic oder Ultra Classic Electra Glide, gehen in ihren Grundzügen immer noch auf die ­legendären ­Modelle, die nach 1950 ent­wickelt wurden, ­zurück.V-Rod MuscleDie Geburt einer KultmarkeDie Harleys wurden zwar immer stärker, aber ihr Verkauf ging zurück. 1965 beherrschte HD nur noch weniger als ein Fünftel des US-Markts. Immer mehr Amerikaner kauften ­japanische Motorräder. Gegenüber dieser ­zunehmenden Konkurrenz aus Japan gerieten die Highway-Dampfer aus Milwaukee mehr und mehr ins Hintertreffen. 1968 ließen sich sogar nur noch 26.000 Bikes absetzen. Im ­Januar 1969 war die Sensation perfekt: Der Mischkonzern AMF übernahm Harley-­Davidson. Doch trotz großer Investitionen war bei Harley der Dampf raus. Die Arbeiter ­waren unzufrieden, es wurde geschludert. Von der einst so berühmten Qualität war bald kaum noch etwas übrig. Doch ein ­amerikanischer Traum ist nicht so rasch aus­geträumt. Anfang 1981 übernahmen die ehemaligen Harley-Manager Willie G. Davidson, Vaughn Beals und Charles Thompson das Unternehmen mit einem 80 Millionen Dollar schweren Bankkredit wieder. Die neuen Eigentümer-Manager machten Harley-Davidson zu dem, was es heute ist: eine Kultmarke für Genießer im gehobenen Bereich.NightsterVerbunden durch eine LeidenschaftDas Abenteuer auf zwei Rädern suchen keinesfalls nur Männer, in den vergangenen Jahrzehnten etablierte sich eine neue Zielgruppe: Der Harley-Mythos zieht immer mehr Frauen an, die sich ebenso »born to be wild« fühlen. Harley-Fahrer bilden gerne Gemeinschaften, die den satten Sound ihrer V-Motoren und das stressfreie Dahingleiten zusammen genießen. Regelmäßig erobern die Harley-Clubs, die Chapters, in ihren Ausfahrten auch abgelegene Routen. So donnerten im romantischen Tiroler Bergdorf Ischgl, wo sich im Winter die Skifahrer auf den 230 Pistenkilometern tummeln, in diesem Sommer V-Twins über die Serpentinenstraßen: Zum zweiten Mal fand dort das Harley-Davidson Mountain Roadeo statt. Neben Wien und Faak am See wurde Ischgl damit die dritte offizielle Harley-­Davidson-Event-Location Öster­reichs. Electra Glide Ultra LimitedSoziales Engagement und guter TonAber Harley-Fahren ist nicht nur Aus­­druck eines Lebensgefühls, sondern manchmal auch Anlass für soziales Engagement. Österreichs erster Harley-Händler Ferdinand O. Fischer wird nicht umsonst als »Harley-Papst« ­tituliert: Er organisiert ­Charity-Aktionen, wie zuletzt »Laute für ­Leise«, bei der 234.000 Euro für muskelkranke Kinder gesammelt wurden. Harley fahren ist laut, gehört aber zum ­guten Ton: nicht nur bei George Clooney oder Brad Pitt, sondern auch bei österreichischer Prominenz wie Christoph Fälbl oder Edith Leyrer sowie den bekannten deutschen Harley-Fans Peter Maffay, Iris Berben oder Wolfgang Fierek. Auf die Spitze getrieben hat den Kult um das schwere Motorrad aber der amerikanische Verleger Malcolm Forbes. Der sammelte Motorräder wie andere Leute Briefmarken. Auf seinem Landsitz in New Jersey standen 67 Maschinen, darunter 30 Harleys – für Forbes die Inkarnation des amerikanischen Traums vom mobilen, freien Leben. Sogar ins Büro auf der Fifth Avenue bretterte der 1995 verstorbene Verleger auf einer Harley. Alles ist möglich.Text von Thomas MartinekDen vollständigen Artikel mit vielen weiteren Informationen zur Geschichte der Marke Harley-Davidson finden Sie im Falstaff Nr. 06/2012 und im Falstaff Deutschland Nr. 04/2012.

Thomas Martinek
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