Hans Haas verlässt mit Ende 2020 nach 30 Jahren das Münchner Tantris.

Hans Haas verlässt mit Ende 2020 nach 30 Jahren das Münchner Tantris.
Tantris Hauptraum © C.a. Hellhake/bilderlesung.de | Hans Haas © Mike Krüger/Tantris

Hans Haas im Interview: 18 Stunden Vollgas, 30 Jahre lang

Die Kochlegende vom Münchner »Tantris« hört zum Jahresende auf. Falstaff sprach mit ihm über den nahenden Abschied, wo er dann kocht und ob ihm der dritte Stern gefehlt hat.

Dreißig Jahre hat er im »Tantris« gekocht. Zwei Sterne, drei Hauben und ­die Zuneigung der Münchner Feinschmecker sind der Lohn dafür. Küchenlegende Hans Haas, 63, der Tiroler aus der Wildschönau, hängt jetzt die Kochschürze an den Nagel und hört ­mit Ende des Jahres auf. Falstaff hat sich mit ihm zum Abschiedsinterview getroffen – und zwar im auf retro gestylten »Tantris«, das im nächsten Jahr renoviert wird und dann unter neuer Führung wieder aufsperrt. Aber eines ist sicher: Ohne Hans Haas wird es ein anderes Restaurant sein, und nicht nur die Münchner Feinschmecker werden ihn vermissen.

Falstaff: Hans Haas geht in Rente. Wieso eigentlich?
Hans Haas: Ich schau hoffentlich nicht aus wie ein Rentner. Aber ehrlich gesagt: Ich hab es lang genug gemacht. 50 bis 60 Menüs zu Mittag, 80 bis 100 Menüs am Abend, ich hab jeden Tag 18 Stunden Vollgas gegeben. Und jetzt ist es genug.

Ein Abschied mit der Träne im Knopfloch?
Einfach ein schöner Abschied, keine Tränen. Nächstes Jahr wird das »Tantris« 50, und ich war 30 Jahre dabei. Das ist doch der richtige Zeitpunkt.

Sie hatten ja auch große Vorgänger.
Ja, der Eckart Witzigmann war bei der Gründung dabei, war sieben Jahre Chef, und dann der Heinz Winkler 13 Jahre. Vermittelt hat mich der Eckart, der mich aus der »Aubergine« gekannt hat, wo ich fast fünf Jahre bei ihm als Souschef gearbei­tet habe. »Hans, du machst das!«, hat er gesagt. So ist es passiert. Und die Zusammenarbeit mit der Familie Eichbauer, der das »Tantris« gehört, war genial.

Was hat das »Tantris« unter Ihrer Führung so erfolgreich gemacht?
Es ist immer ein Gasthaus gewesen und geblieben – in dem Sinne, dass der Gast im Vordergrund steht. Er soll sich wohlfühlen, muss wissen, dass er was Gutes zu essen, was Gutes zu trinken bekommt, gut bedient wird – und hoffentlich bald wiederkommt.

»Ich hab schon regional gekocht, da war das noch nicht so populär, wie es heute ist.«
Hans Haas

Was zeichnet die Haas-Küche aus?
Wichtig ist, dass du ein gutes Produkt hast, dann nur zwei, drei Sachen dazu und fertig. Das Grundprodukt muss man spüren – ob Fleisch, Fisch oder Gemüse. Wenn man es so will, dann mache ich eine einfache Küche, ohne viel Firlefanz. Eine Küche, die hoffentlich schmeckt. Und natürlich schau ich, dass möglichst vieles aus der Gegend kommt, ich hab schon regional gekocht, da war das noch nicht so populär, wie es heute ist.

Vorhin hat ein Ehepaar Pilze abgeliefert.
Stimmt, die beiden bringen Herbsttrompeten, Parasol, Reizker und Bovisten – das ist ein ganz großer, weißer Pilz, den viele gar nicht kennen, aber wenn man solche Pilze verarbeitet, dann sind die Leute begeistert.

Was hat sich in den letzten 30 Jahren ver­ändert, was die Kochkunst betrifft?
Viel hat sich verändert, aber ich bin immer meinem einfachen Stil treu geblieben. Das hat man mir auch angekreidet.

»Mein Ziel war immer, dass der Laden läuft und voll ist – und dass die Gäste wiederkommen und zu Stammgästen werden.«
Hans Haas

Deshalb haben Sie auch nie von den Franzosen den dritten Stern bekommen, der eigentlich verdient gewesen wäre?
Das war nicht so schlimm, das war nie mein Ziel. Die zwei Sterne waren genau richtig für hier. Mein Ziel war immer, dass der Laden läuft und voll ist – und dass die Gäste wiederkommen und zu Stammgästen werden.

Also keine Molekularküche, keine Fusionsküche?
Das war nie meine Küche. Molekularküche, da geht man vielleicht ein- oder zweimal im Jahr hin, aber zu uns kommt man öfter. Aber den Ferran Adrià kenn ich gut, der war schon ein paarmal hier, und ich hab mit ihm auch ein großes Essen gekocht, das hat Spaß gemacht.

Gastronomisch gehen wir durch harte Zeiten, bedingt durch Corona. Wie hat sich das im »Tantris« ausgewirkt?
Bei uns war ja der Abstand zwischen den Tischen schon immer relativ groß, das bringt mehr Intimität. Wir haben also nur wenige Tische rausnehmen müssen, das war nicht dramatisch. Und Gott sei Dank sind wir jeden Tag voll, seitdem wir wieder aufgemacht haben. Wir sind halt eine Münchner Institution, wenn man das so sagen kann. Jetzt zahlt es sich aus, dass wir immer auf einheimische Klientel gesetzt haben, das funktioniert auch in Corona-­Zeiten.

Und wo kochen Sie nach dem »Tantris«?
Nur noch zu Hause. Ich mach dann was mit meiner Kunst, auf das freue ich mich wirklich. Ich baue nämlich Skulpturen aus dem, was ich vorher verkocht habe. Zum Beispiel aus den Fischkarkassen oder dem Unterkiefer vom Kalbskopf – da drüben bei der Stiege steht schon eines meiner Werke. Und da werden noch jede Menge dazukommen…

Hans Haas steht auf, streicht sich durchs grau gewordene Haar und zeigt die Skulptur, die im »Tantris« aufgestellt ist: bunt bemalte Fischkarkassen, turmartig auf­gebaut, ein fröhliches Wahrzeichen seiner Kochkunst. Und dann verabschiedet er sich in die Küche. Denn das »Tantris« ist heute wieder voll und wird’s auch bleiben – bis zum 22. Dezember, wenn der Münchner Tiroler das letzte Mal den Kochlöffel schwingt. Adieu!

Video: Hans Mahr im Gespräch mit Hans Haas

Hans Mahr
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