Viele Gastgärten bleiben noch leer.

Viele Gastgärten bleiben noch leer.
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Gastronomen sehen Lage nach Restart dramatisch

Erste Lokale sperren schon wieder zu. Das Mittagsgeschäft leidet besonders darunter, dass sehr viele Menschen noch im Home-Office arbeiten.

Wer dieser Tage durch die Wiener Innenstadt spaziert, sieht vielerorts schütter besuchte Gastgärten und unterbeschäftigte Kellner mit Masken. Falstaff hat führende heimische Gastronomen nach Ihren Erfahrungen nach dem Restart gefragt. Die Situation ist ernüchternd bis dramatisch, kaum jemand erreicht volle Auslastung, nicht einmal, wenn man die notwendig gewordene Reduktion der Plätze berücksichtigt. Besonders betroffen ist offenbar das Mittagsgeschäft, das vielerorts komplett eingebrochen ist. 

Joji Hattori, Besitzer des Edel-Japaners »Shiki« zeigt sich enttäuscht: »Wir hatten heute 14 Gäste und zwölf Mitarbeiter. Das macht wirtschaftlich keinen Sinn, wir müssen zu Mittag wieder schließen und Mitarbeiter erneut in Kurzarbeit schicken.« Abends bleibt das sonst so beliebte Restaurant geöffnet. Auch im »Guesthouse«, ein beliebter Treffpunkt für Geschäftsessen und Business-Termine, ist gerade einmal der Gastgarten gut besucht, die Betreiber berichten von mehr Kosten als Einnahmen. 

Corona -Krise und Gastronomie: Die neuesten Entwicklungen

Edelgreissler Marco Simonis antwortet auf die Falstaff-Anfrage emotional: »Es ist wirklich dramatisch - so ruhig war es nicht einmal in den letzten Wochen!«. Der Gastronom war auch während der Einschränkungen sehr aktiv und hatte Abholservice angeboten.

Berndt Querfeld, der Besitzer des berühmten »Café Landtmann« und mehrere weiterer Gastronomiebetriebe bestätigte gegenüber der Tageszeitung »Österreich«, dass er das traditionsreiche »Café Museum« schon wieder schließen musste. Nur zehn Prozent des üblichen Umsatzes machen einen wirtschaftlichen Betrieb unmöglich. Seine anderen Lokale sind noch offen, aber auch hier sind massive Einbußen zu beklagen.

»Grottenschlecht« bezeichnet Sepp Bitzinger, Gastronom und Vizepräsident der Wiener Wirtschaftskammer, Spartenobmann der Tourismus und Freizeitwirtschaft, die aktuelle Situation. Besonders zu Mittag gehe im Moment fast gar nichts, außer ein paar Geschäftsessen in der gehobenen Gastronomie. Bitzinger resümiert: »Es fehlt im Moment an allem: Es fehlen die Touristen, es fehlen die Studenten und ganz viele Menschen sind noch im Home-Office. Es gibt keine Oper, kein Theater, keine Clubs. Man sieht kein Lachen. Man kann zwar beschließen, die Wirtschaft wieder hochzufahren, aber das Hochfahren der Lebensfreude ist etwas anderes.«

Sorgen bei Wiener Gastro-Ikonen

Peter Friese, der Chef des legendären »Schwarzen Kameel« und der »Bar Campari« freut sich zwar, dass er wieder aufsperren durfte und dass treue Gäste »so glücklich« waren, als sie wieder ins »Kameel« gehen konnten. Für viele Menschen ist der Besuch in ihrem Lieblingslokal zentraler Teil des Lebens. Doch selbst die sonst so stark frequentierten Lokale gehen im Moment schlecht. Sein Partyservice ist ganz weggefallen. »Wir sind dankbar, wenn wir 50 Prozent des Normal-Umsatzes erreichen und sogar dafür müssen wir kämpfen« erklärt Friese nüchtern.

In unmittelbarer Nachbarschaft liegt der Edel-Italiener »Fabios«. Besitzer Fabio Giacobello berichtet von vielen treuen Gästen, die jetzt wieder kommen. Es sind wie überall nur Einheimische, die zwar froh sind, wenn sie wieder Essen gehen können, aber von Feierlaune sei man weit entfernt.

Home-Office als Klotz für die Gastronomie

Andreas Keese, der neue Hoteldirektor des legendären »Sacher« bestätigt die Wahrnehmungen seiner Kollegen: »Natürlich ist ein Rückgang auch im Restaurant »Rote Bar« zu spüren. Es bleibt aber von 12-15 Uhr sowie 18-22 Uhr geöffnet. Am Wochenende ist wie gewohnt, von 12-22 Uhr durchgehend offen. Keese ist aber guten Mutes und kündigt eine Novität im »Sacher« an: »Wir bieten ab sofort ›Sacher To Go‹ an, mit österreichischen Klassikern.«

Für den italienischen Gastronomen Luigi Barbaro war der Restart »nicht so schlecht«. Aber das Mittagsgeschäft ist in beiden Lokalen (»Regina Margherita« und »Trattoria Martinelli«) stark zurückgegangen. Auch er führt das darauf zurück, dass der Großteil der Angestellten noch aus dem Home-Office arbeitet. Das bestätigten ihm auch zahlreiche CEOs, mit denen er sich in den vergangenen Tagen unterhalten hat. Er appelliert an die großen Firmen, ihre Mitarbeiter wieder aus dem Home-Office zu holen, um die Stadt und die Gastronomie wie auch den Handel zu beleben. Was sehr fehlt sind die Business Touristen, die natürlich immer auswärts Essen und meistens auch in der Stadt und in bekannten Restaurants.

Robert Huth, Betreiber von mehreren Lokalen in der Wiener Innenstadt, stellt auf Falstaff-Anfrage fest, dass der Restart »sehr gut« war schränkt aber ebenfalls ein, dass man natürlich von einem niedrigeren Niveau ausgehen muss. Mit den Auflagen können nur 60 Prozent der bisherigen Plätze bespielt werden und dennoch sei er nicht restlos ausgebucht. Der Mulitgastronom rechnet mittelfristig mit einem Umsatz von 50 Prozent über die gesamte Unternehmensgruppe. Auch beim Mittagsgeschäft sind Einbußen zu verzeichnen, aber jene Betriebe, die bisher auf Wiener Gäste gesetzt haben tun sich jetzt leichter. Dennoch fehlen natürlich die Touristen und »der kleine Angestellte, der immer noch im Home-Office sitzt«.

Auch in »The Bank Brasserie & Bar« im »Parky Hyatt Vienna«-Hotel geht es im Moment sehr ruhig zu. Marketing-Managerin Barbara Göttling beklagt wie ihre Vorredner, dass einerseits die Touristen komplett ausbleiben und dass noch zu viele Wiener im Home-Office sind. »Wir haben im Moment so gut wie keine Lunch-Termine.«

Birgit Reitbauer, die Patronne des »Steirereck«, berichtet von einem »Super Start« und einem erfreulichen Wiedersehen mit vielen Stammgästen. Allerdings muss auch sie eingestehen, dass das Mittagsgschäft deutlich ruhiger verläuft. »Da fehlen die ausländischen Gäste«. Die erfahrene Gastronomin schließt mit einem Appell an alle Akteure: »Es ist essenziell, dass sich jetzt Wirte UND Gäste an die Auflagen halten!«

Ernüchterung auch in Graz

Christof Widakovich, Geschäftsführer mehrerer Gastronomiebetriebe der Grossauer-Gruppe, berichtet von fast identen Erfahrungen in der steirischen Landeshauptstadt. Sowohl zu Mittag als auch am Abend seien die Lokale trotz geringerer Sitzplatzanzahl nicht genügend ausgelastet. »Man merkt, dass sich noch viele im Home-Office befinden, das beeinträchtigt das Mittagsgeschäft«, sagt Widakovich. »Es ist nicht so wie früher. Wir sind geschäftlich sehr gefordert.« Vor allem das »Schlossberg Restaurant« musste aufgrund des Fehlens von Firmenbesuchen, Gruppen und Touristen massiv verkleinert werden. »An sich sind wir positiv, wir warten aber auf weitere Lockerungen«, schließt der Gastronom.

Bernhard Degen
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