Der Verband der Champagner-Winzerinnen »Les Fa‘Bulleuses de Champagne« wurde geschaffen, um ihre Meinung und Appellation zu vertreten.

Der Verband der Champagner-Winzerinnen »Les Fa‘Bulleuses de Champagne« wurde geschaffen, um ihre Meinung und Appellation zu vertreten.
© Michael Boudot

Frauenpower aus der Champagne

Starke weibliche Persönlichkeiten begleiten den französischen Edelschäumer durch seine Geschichte und prägten das Produkt wie in keiner anderen Weinregion.

Am Anfang waren die Witwen: In der Geschichte des Champagners spielten Frauen, die ihren Ehemann durch Krieg oder Krankheit verloren hatten und selbst das Heft in die Hand nahmen, immer wieder eine wichtige Rolle. Die Namen sind längst Teil des Champagner-Mythos, die Liste reicht von Veuve Barbe Nicole Clicquot Ponsardin, Jeanne-Alexandrine Louise Pommery über Louise Lanson de Nonancourt bis zu Lily Bollinger. Über diese Damen gibt es zahlreiche Geschichten und Anekdoten, einige der bahnbrechenden Erneuerungen der Champagnerkultur gehen auf sie zurück.

Legendäre Witwen

Die Veuve Clicquot, sie war ab 1805 die erste Frau, die je ein Champagnergut leitete, auf sie geht das Rütteln der Flaschen am Rüttelpult zurück. Sie kreierte bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts den Jahrgangschampagner, auch der Rosé-Champagner geht auf eine Idee von ihr zurück. Bis heute ehrt das Haus ihr Andenken im großartigen Prestige-Champagner »La Grande Dame«.

1972 wurde von Veuve Clicquot zudem der jährlich international verliehene »Business Women Award« ins Leben gerufen, um diese mutige Unternehmerin zu ehren.

1858 musste Madame Pommery nach dem plötzlichen Ableben ihres Mannes ihr Champagnerhaus übernehmen. Unter ihrer Ägide wurde erstmals Champagner ohne nennenswerte Dosage abgefüllt. Sie ebnete mit ihrer Idee von Champagner als Speisenbegleiter der heute erfolgreichen Idee des »Brut« den Weg. Und das zu einer Zeit, wo Champagner fast ausschließlich süß abgefüllt wurde.

Die dritte legendäre Witwe des 19. Jahrhunderts war schließlich Mathilde-Émilie Perrier, die 1887 die Leitung übernahm, sie entschied sich zu einer Fusion mit einem anderen Erzeuger, das Ergebnis war das Haus Laurent-Perrier. 1889 entschied sie sich, den allerersten »Grand Vin Sans Sucre«, also den Ur-Ultra-Brut, herzustellen, just in dem Jahr, als der Eiffelturm fertig gestellt wurde.

Femme de Champagne

Lily Bollinger übernahm das Traditionshaus, nachdem ihr Gatte den Zweiten Weltkrieg nicht überlebte. Ihr Qualitätsbewusstsein und ihre genialen Marketingschachzüge machten Bollinger weltweit, nicht zuletzt als Lieblingsdrink von Agent 007, weltweit zu einem Begriff. Sie bereiste höchstpersönlich die internationalen Märkte und hinterließ eine Vielzahl von gerne zitierten Sprüchen zum Thema Wein.

Carol Duval-Leroy übernahm 1991 im Alter von 35 Jahren die Leitung des Konzerns in Vertus mit 200 Hektar Eigenfläche, als ihr Mann mit 39 Jahren verstarb. Obwohl sie keinerlei Erfahrung in der Weinindustrie hatte, erfüllte sie das Versprechen, das sie ihrem Ehemann gegeben hatte, das Weingut eines Tages an ihre drei Söhne zu übergeben.

Im Jahr 2005 setzte sie als erste CEO eines unabhängigen Hauses der Champagne eine Frau, nämlich Sandrine Logette-Jardin als verantwortliche Kellermeisterin ein. Dass ihre gemeinsame Lieblingscuvée den Namen »Femme de Champagne« trägt, ist wenig verwunderlich. Wie Bollinger oder Roederer ist Duval-Leroy dank der umsichtigen Leitung seiner Präsidentin nach wie vor eines der großen Champagnerhäuser in Familienhand. 

Seit 2019 hat die 41-jährige Vitalie Taittinger die Zügel des berühmten Hauses in Reims in der Hand, auch bei Pommery ist heute wie vor eineinhalb Jahrhunderten mit Natalie Vranken, der Gattin des Besitzers Paul Vranken, ebenfalls wieder eine Frau als kreativer Mastermind in führender Position.

Lucie Pereyre de Nonancourt stieg im September 2019 in das familieneigene Unternehmen Laurent-Perrier ein, das erfolgreich von Alexandra Pereyre de Nonancourt und Stéphanie Meneux de Nonancourt geführt wird. Sie ist seitdem bestrebt, die Marke Laurent-Perrier und Grand Siècle by Laurent-Perrier weltweit zu stärken. Unter der Führung ihres Großvaters Bernard de Nonancourt stieg Laurent-Perrier zum größten Familienunternehmen unter den Champagner-Produzenten auf. »Ich bin sehr stolz, diesen großartigen Champagner zu repräsentieren«, zeigt sich Lucie Pereyre de Nonancourt von ihrer Aufgabe begeistert. 

Bereits sechszehn Berufsjahre hatte die Önologin Séverine Frerson aus Reims als Kellermeisterin von Piper-Heidsieck hinter sich, bevor sie als erste weibliche Kellermeisterin des Hauses Perrier-Jouët engagiert wurde, wo sie dem legendären Hervé Deschamps nachfolgt, der den Stil des Hauses seit 1983 mitprägte.

Fest in weiblicher Hand ist die Spitzenmarke Krug, wo Margareth Henriquez als Präsidentin und CEO fungiert; mit Jahresbeginn hat Julie Cavil, die seit 2006 bei Krug arbeitet, den Kellermeisterposten von Eric Lebel übernommen. Ihre Kollegin Alice Téttienne wechselte hingegen von Krug zu Champagne Henriot; ihr Vorgänger dort, Laurent Fresnet, hat mit Anfang 2020 den Chefposten bei GH Mumm & Cie der Pernod-Ricard-Gruppe übernommen.

Frauenpower von heute

Anne Malassange, Mitbesitzerin von Champagne A. R. Lenoble, hat mit Maggie Henriquez von Krug den Cercle namens »La Transmission« gegründet, um gemeinsam mit anderen gleichgesinnten Damen einer nächsten Generation von weiblichen Kellermeisterinnen in der Champagne Inspiration zu sein. Mit dabei sind die Ladies, die in ihren Champagnerhäusern bereits das Sagen haben: Evelyne Boizel, Delphine Cazals von Champagne Claude Cazals, Charline Drappier, Chantal Gonet von Champagne Philippe Gonet, Alice Paillard von Champagne Bruno Paillard sowie Mélanie Tarlant und Vitalie Taittinger. 

Unter dem schönen Namen »Les Fa’Bulleuses de Champagne« hat sich eine Gruppe junger Vertreterinnen aus sieben unabhängigen Champagnerhäusern zusammengetan, um für feminine Eleganz ihrer Cuvées einzustehen. Es herrscht wahrlich kein Mangel an weiblicher Expertise in der wunderbaren Welt der prickelnden Weine.

Erschienen in
Falstaff Sparkling Special 2020

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Peter Moser
Peter Moser
Wein-Chefredakteur Österreich
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