Friedrich Moser in einer seiner Lieblings Craft Bier Bars in Wien, dem »Ammutsøn«.

Friedrich Moser in einer seiner Lieblings Craft Bier Bars in Wien, dem »Ammutsøn«.
© Falstaff/Astor

Filmtipp: »Bier!« von Friedrich Moser

Der Regisseur und Bier-Liebhaber war auf der Suche nach einem Standard-Filmwerk über den Gerstensaft. Am 30. August kommt »Bier! Der beste Film, der je gebraut wurde« in die Kinos.

Ende August feiert der bislang vermutlich aufwendigste heimische Bier-Film Premiere in den österreichischen Kinos. Regisseur Friedrich Moser begibt sich darin gemeinsam mit seinem Protagonisten Christoph Bichler, selbst Braumeister der Tiroler Craft Brauerei Bierol, auf einen Streifzug durch die aktuelle Bierlandschaft. Sie besuchen ein Gerstenfeld des Bio-Hof »Il Torchio« in der italienischen Reggio Emilia und blicken im Stieglgut Wildshut gemeinsam mit Braumeister Christian Pöpperl und Kreativ-Braumeister Markus Trinker in die Quevris-Amphoren. In den USA gehen sie den Anfängen des Homebrewing ebenso nach wie dem Unabhängigkeitslogo für Brauereien und machen natürlich auch einen Abstecher nach Belgien.

Im Interview mit Falstaff spricht Friedrich Moser über Kopfkino beim Biertrinken, verregnete Sonntagnachmittage in England und warum Bier als Kulturgut schützenswert ist.

FALSTAFF: Warum sollte man sich als Weintrinker den Film im Kino ansehen?
Friedrich Moser: »Bier!« ist ein Film für Genussmenschen. Für Weintrinker, die schon in der Genusswelt zuhause sind, ist der Film ganz besonders interessant, weil er zeigt, dass es beim Bier eine Parallelwelt gibt, die noch weitestgehend unbekannt ist. Ich war selbst ein Wein-Genusstrinker, bevor ich zum Bier-Genusstrinker geworden bin. Und auch alle Freunde von mir, denen ich gesagt habe »Bitte probiert diese Craft Biere«, sind ausgesprochene Weinliebhaber gewesen – und waren alle beim ersten Bier hin und weg. Weil die Ähnlichkeit groß ist. Es geht um Komplexität, es geht um verschiedene Aromen, es geht um Sachen wie Abgang – das man beim normalen Lager nicht wirklich hat – es geht um eine Welt, die sich im Kopf auftut, wenn man so ein spezielles Produkt genießt. Eigentlich geht es um die Welt im Kopf. Und ich kann genau sagen, und das kann wahrscheinlich jeder Craft Bier-Trinker, wann er das erste Mal Craft Bier getrunken hat. Wo das war, wann das war und welches Bier es war.

Was war es in Ihrem Fall?
Bei mir war das in Amerika, bei »Kramersbooks« beim Dupont Circle in Washington D.C. Über dem Bücherladen gibt es ein gehobeneres Café. Ich habe mich nach einem Dreh mit einem österreichischen Freund getroffen, der in Washington bei Amnesty gearbeitet hat. Ich wollte ein regionales Bier trinken und hoffte auf seine Empfehlung und habe ein IPA von der Port City Brewing Company aus Alexandria in Virginia probiert. Es war eine Geschmacksexplosion und Wonne in meinem Kopf. Diese Geschmacksnuancen kannte ich bis dahin eigentlich nur von sehr, sehr guten Weinen. Dieser Moment war mein Hook. Der (Nach)Geschmack von diesem Bier hat mindestens drei, vier Tage angehalten. Ich konnte mir den Hopfenabgang, die Aromen von Mango, Maracuja, Zitrusfrüchten in Erinnerung rufen. Und das ist phänomenal.

© Falstaff/Astor

Wie kam es zu der Idee, einen Film über Bier zu machen?
Die Idee dazu wurde an einem verregneten Sonntagnachmittag in England geboren. Ich war zum Sheffield Dokumentarfilmfestival im »Portland Arms Pub«, ein beliebter Treffpunkt zu der Zeit des Festivals. Ich habe mich dort mit einem Freund aus Belgien getroffen und wir haben uns, an diesem verregneten Sonntagnachmittag, durch das »on tap«-Angebot probiert. Wir haben angefangen, uns über Bier zu unterhalten und sind draufgekommen, dass wir beide Bier-Freaks sind. Ich erst seit ein paar Jahren und er schon länger, weil er das als Belgier quasi in der DNA hat. Wir haben uns zum Beispiel über Hopfenverknappung unterhalten und irgendwann haben wir angefangen zu überlegen, was DER Film ist, den man als Bier-Fan gesehen haben muss. Wie »Mondovino« für Wein. Und uns ist einfach keiner eingefallen. Dann haben wir gesagt »Es könnte eine Chance bestehen, dass es diesen Film noch nicht gibt.«. Nach dem Festival haben wir dann jeder zuhause recherchiert – es gibt viele Filme über Bier, über Regionen, über einzelne Brauereien. Aber diesen Überblick, dieses Panorama, das gab es eigentlich nicht.
 
Wie ging es dann weiter?
Es stellte sich natürlich die Frage, wie man aus dieser bestehenden Vielfalt – allein in Österreich gibt es 270 Brauereien, in Belgien sind es noch mehr, in Italien und Deutschland gibt es über 1000 und in Amerika sind es 7000 – wie macht man aus dieser Vielfalt heraus einen Film? Wir haben dann beschlossen, dass wir uns als Ausgangspunkt Protagonisten suchen, Leute, die wir schon kennen, von denen wir wissen, dass sie vor der Kamera ganz gut sein könnten. Für mich war das Christoph Bichler. Es war natürlich auch eine strategische Überlegung, denn man will ja keine Brauerei wählen, die gegenüber allen anderen Mitbewerbern am Markt einen riesigen Vorteil hat. Aber Christophs Brauerei ist so klein, dass er keinem auf die Füße steigt. Das hat für mich also auch super gepasst.

Christoph Bichler von Bierol führt quasi durch den Film. Wie haben sie sich kennengelernt?
Als ich aus Amerika zurückgekommen bin habe ich nach Möglichkeiten gesucht, meine »supply chain« sicherzustellen (lacht). Dadurch bin ich auf das »Grand Cru« in der Kaiserstraße in Wien gestoßen, die mit einem Schild auf der Straße auf ihr Craft Bier-Sortiment aufmerksam gemacht haben. Ich habe dann dort von meiner Erfahrung in Amerika erzählt und gefragt, ob sie ähnliche Biere haben. Sie hatten zwar kein Bier aus dem Ausland, dafür aber österreichische Biere, die in die Richtung gehen. Mir wurden drei empfohlen – eines war von BrewAge aus Wien, eines von Forstner aus der Steiermark und eines von Bierol aus Tirol. Beim Mountain Pale Ale von Bierol bin ich dann hängengeblieben. Geschmacklich konnten sie meiner Meinung nach mit den besten Bieren, die ich in Amerika getrunken habe, mithalten. Ich habe sie dann über Facebook kontaktiert und gefragt, ob sie ihre Biere auch quasi ab Hof verkaufen. Die Antwort war ja, und nachdem ich oft an Kufstein vorbeifahre habe ich dann auch tatsächlich einen Zwischenstopp eingelegt und habe so Christoph Bichler kennengelernt.


Bier! Der beste Film, der je gebraut wurde
von Friedrich Moser
Kinostart: Freitag, 30. August 2019

Synopsis
Das Bier & wir. Ein uraltes Lebensmittel und regionales Kulturgut. Das eine oder andere kalte, gepflegte Bier ist das alkoholische Lieblingsgetränk der Österreicher und – in zunehmendem Maß – auch der Österreicherinnen. Bodenständig, natürlich, ehrlich – dieses traditionelle durch die Werbung geprägte Image wird durch engagierte Braumeister*innen mit neuem Leben erfüllt. Mit Leidenschaft, Sachkenntnis und Liebe zu ihrem Handwerk stellen sie sich den weltweit normierten Einheitsbieren der Großkonzerne entgegen und erweitern die Geschmacks- und Sortenvielfalt.


Sie wollen mit Ihrer Dokumentation unter anderem Bier als Kulturgut schützen und pflegen – warum ist das notwendig?
Weil der Einebnung der Geschmäcker auf Grund der Globalisierung entgegengewirkt werden muss. Wenn es bestimmte Hopfen- oder Getreidesorten nicht mehr gibt, dann gibt es sie nicht mehr. Gleiches gilt für die Rezepte. Deshalb ist es ein Kulturgut, deshalb ist es schützenswert. Gleich wie das Wiener Schnitzel (lacht).

Welches Bier trinken Sie am liebsten?
(überlegt kurz) Es ändert sich. Ich habe die Belgischen Sauerbiere gerne, die Lambics und Geuzes, die trink ich sehr gern – aber auch nicht immer. Sie sind halt sehr sauer. Ich glaub, ich kann mich da nicht festlegen, es gibt so viele verschiedene, und ich probiere einfach gern. Ich mag ein Ottakringer Helles aus der Dose genauso wie ich ein Padawan von Bierol trinke. Das Rote Zwickel von Ottakringer finde ich phänomenal und trinke es, wann immer ich kann. Von Stiegl mag ich vor allem die Biere aus Wildshut. Ich trinke aber auch gern ein Grieskirchner oder ein Trumer Pils – wenn ich Lust auf Pils habe. Wenn ich in Salzburg bin, trink ich das Wieninger Helle. Das schmeckt nach frisch gemähter Wiese. Wenn ich in England bin trinke ich gerne ein Stout. Welchen Bierstil ich außerdem sehr gerne trinke ist »Englisches Bitter«, ein Gutes bekommt man bei uns sehr aber schwer. Cask Ales mag ich auch, das ist bitter, leicht karamellig angetoastet, vollkommen ohne Kohlensäure, also so richtig »flat«. Das vertrage ich besser mit dem Magen.

Und was geht gar nicht?
Was mir zu viel ist, ist die neue Mode aus Amerika. Die Easy IPAs oder New England IPAs. Dass da der Ananassaft mit verbraut wird, das muss ich nicht haben. Das ist mir zu übertrieben.

Das Ihrer Meinung nach am meisten unterschätzte Bierland?
Für die »Normalos« ist es Amerika, für die Spezialisten ist das am meisten unterschätzte Land in Europa Italien. Italien hat über 1000 Brauereien und macht Wahnsinns-Biere. Vor allem bei den Sauerbieren.

Und welches wird überschätzt?
Deutschland. Weil es sich durch das Reinheitsgebot selbst in Fesseln legt, und das müsste nicht sein. Es wird daran gearbeitet, dass es sich ändert, aber Deutschland ist eigentlich – traurigerweise – das Land des Billig-Biers. Und das ist schade, das sollte eigentlich nicht sein. Aber solange du den Druck der 29-Cent-Biere in den Supermärkten hast...Das zerstört Bierkultur und ist schuld daran, dass traditionelle Brauereien, die es über hunderte Jahre gegeben hat, zum Beispiel in Franken, zusperren müssen. Dieser unglaubliche Preiskampf zu dem Brauereien und Konsumenten gleichermaßen dazugehören, zerstört Bierkultur. Wobei es sich wohl ändern wird, denn in Amerika sind Deutsche Bierstile gerade groß in Mode. Die fangen jetzt alle ganz verrückt an, Gose zu brauen, Kölsch, Berliner Weisse, Helles, Oktoberfestbier,...

Was wird Ihrer Meinung nach das nächste große bierige Abenteuer?
Afrika.

Welches Bierland möchten Sie noch entdecken?
Schweiz.

Wird es weitere Filme geben?
Sollte dieser Film erfolgreich sein und sollte es sich ergeben...ich würde dann aber länderspezifischer vorgehen und mir dann pro Land eine interessante Geschichte mit ein bis zwei Protagonisten suchen. In der Zwischenzeit mache ich meine üblichen Filme, die mehr in den Bereichen Technologie und Politik angesiedelt sind. Was ich sagen kann: Von den Dreharbeiten her war dieser Film der lustigste Film von allen – und der süffigste. Was wir Bier getrunken haben! (lacht)

Brauen Sie selbst zuhause?
Das geht in meiner Wohnung nicht, ist aber auf meinem Plan. Wenn ich dann mal reich bin und ein kleines Haus auf dem Land habe...vielleicht gemeinsam mit meinem besten Freund, der möchte das nämlich auch gerne machen.

Wo trinken Sie Ihr Bier am liebsten?
Am nettesten ist es entweder im Brewpub oder im Taproom der Brauerei, weil es dort einfach am frischesten ist und man gleichzeitig Leute kennenlernt. Ich mach mir aber auch gerne mal zuhause ein gutes Bier auf, zum Afterwork oder wenn das Kind im Bett ist.

Fass, Flasche oder Dose?
Kommt auf das Bier drauf an. Cask Ales natürlich nur aus dem Fass, aber meiner Meinung nach sind etliche Biere, die es vom Fass und aus der Flasche gibt, die aus der Flasche qualitativ fast so gut wie die vom Fass. Nur aus der Flasche würde ich Geuze nehmen. Sie werden zwar langsam auch als Kegs angeboten – da sie in der Flasche gereift sind, finde ich sie aus der Flasche interessanter. Außerdem schmeckt jede Flasche anders! IPAs zum Beispiel trinke ich gerne aus der Dose, weil weniger Hopfenaroma entweicht. Und für manche Biere braucht man einfach die gezielten Gläser, zum Beispiel ein Stout würde ich nie anders trinken als aus dem Glas.

Im Film stellen Sie unter anderem Julia Herz vor, die ein Unabhängigkeitslogo in den USA eingeführt und etabliert hat. Gibt eine vergleichbare Abgenzung von Bier-Konzernen in Österreich oder in Europa?
Gibt es nicht. In Europa gibt es das Bemühen verschiedener Länder bzw. Brauverbände, ein unabhängiges Logo zu kreieren – Österreich ist hier allerdings nicht dabei. Ich persönlich finde die Idee super und bin sehr dafür. Wenn man die Vielfalt aufrechterhalten will, muss man aus diesem Grund allein schon gegen Konzernbier sein. Durch die Größe der Brauereien finden automatisch Einebnungen im Geschmack statt. Das verhält sich beim Bier ebenso wie beim Wein.


In diesen Städten wird »Bier!« gezeigt

  • Votiv Kino, Wien
  • Cine Center, Wien
  • Village Cinema, Wien
  • Cinema Paradiso, St. Pölten
  • Cinema Paradiso, Baden
  • Zwettl
  • Wieselburg
  • Moviemento, Linz
  • Programmkino Wels
  • Star Movie Wels
  • Citykino Steyr
  • Freistadt
  • Grein
  • Lenzing
  • Dieselkino Braunau
  • Star Movie Regau
  • Das Kino, Salzburg
  • Leo Kino, Innsbruck
  • Dornbirn
  • Feldkirch
  • KIZ RoyalKino, Graz
  • Geidorf Kunstkino
  • Dieselkino Gleisdorf
  • Dieselkino Lieboch
  • Volkskino Klagenfurt
  • Filmstudio Villach

Trailer

Patricia Astor
Patricia Astor
Redakteurin
Mehr zum Thema