Falstaff Produkttest: Schimmelkäse

Die feinen Nuancen lassen sich am besten bei idealer Reife unterscheiden. Und wenn das Stück frisch vom Laib geschnitten wird.

Für eine Käseverkostung in Wien gibt es nur eine logische Adresse, die »Meierei im Stadtpark«, wo 120 Käsesorten zum Standardrepertoire gehören. Auch die Auswahl im Handel ist überwältigend, weshalb wir von dem ­Vorhaben, alle erhältlichen Blau- und Grünschimmelkäse zu verkosten, wieder Abstand nehmen mussten. Die Auswahl erfolgte daher gezwungenermaßen willkürlich und unvollständig. In den bekannten Supermärkten suchten wir größtmögliche Abdeckung, ­während wir uns im Delikatessenhandel an Empfehlungen des Fachpersonals hielten.

Der österreichische Produzent Robert ­Paget gehört zweifelsohne zu den besten Käsemachern der Welt, weshalb wir auch zwei seiner Spezialitäten in die Verkostung einbezogen haben – einen sechs Monate lang gereiften Ziegen- und Büffelkäse sowie einen zwei Jahre (!) gereiften Buffalo Blue. Durch den hohen Reifegrad hatten aber selbst kleinste Portionen einen derart scharfen und salzig-intensiven Geschmack, dass die beiden Käse nicht mit den anderen verglichen werden konnten und aufgrund ihrer Einzigartigkeit auch nicht bewertet wurden.

Worauf muss man beim Einkauf achten, damit man bestmögliche Qualität mit nach Hause nimmt? Man ist gut beraten, wenn man einen Supermarkt mit Käsetheke oder einen Fachhändler wählt. Man sollte darauf bestehen, dass das Stück frisch vom Laib geschnitten wird, denn man weiß nie, wie lange die vorab verpackten Stücke schon liegen und ob sie möglicherweise ausge­trocknet sind. Andererseits muss man es beim Mindesthaltbarkeitsdatum nicht so eng sehen, beim Käse ist das eher eine Empfehlung.

Wenn das Produkt noch zu jung anmutet, sollte man es wieder in Folie einpacken und zuwarten. Junger Schimmel schmeckt noch bitter, was sich mit zunehmender Reife immer mehr verliert. Im idealen Reifezustand schmeckt der Käse »edelranzig«, was die ­spezielle würzige Note eines Schimmelkäses beschreibt.

Die wichtigsten internationalen Sorten sind der italienische Gorgonzola, der englische Blue Stilton und der französische Roquefort, der aus Schafsrohmilch hergestellt wird und in Höhlen reift.

Im deutschsprachigen Raum sind die Bavaria-Weichschimmelkäse sehr populär. Um die Schimmelkulturen besser reifen zu lassen, werden sie mit Nadeln in den Teig eingebracht – der Käse wird pikiert.

Bei weichen Käsen erkennt man die länglichen Einstiche. Härtere Käsesorten weisen zahlreiche Lufteinschlüsse auf, worin sich der Schimmel in einer schönen Marmorierung verbreiten kann.

Sehr beliebt sind auch Doppelschimmel­käse, bei denen zusätzlich zur inneren Blauschimmelkultur die Oberfläche mit Weißschimmel überzogen wird.

Die große Zahl an Proben war für die Verkoster eine Herausforderung / Foto: Michele Pauty

Best of Edelschimmel
Die große Vielfalt an in Österreich erhältlichen Blau- und Grünschimmelkäsen wurde bereits erwähnt. Man könnte hier noch einmal eine Vielzahl an Unterkategorien auftun, um die Produkte noch genauer miteinander vergleichen zu können. Aus Gründen der Übersichtlichkeit haben wir uns aber auf zwei Hauptkategorien beschränkt: kräftige und geschmacksintensive Käse einerseits und mildere, zumeist weichere Produkte andererseits.

Beim Mystery-Shopping konzentrierten sich die Einkäufer auf große Supermärkte, einen Bio-Markt und zwei Fachhändler. Es wurden 34 Proben verkostet, nur die besten schafften es in diese Aufstellung. Bei der Verkostung wurden die Faktoren Optik, Geruch, Geschmack und Gesamteindruck berücksichtigt, letztere zwei Parameter wurden in der Endwertung doppelt gewichtet. Wenn nicht anders angegeben, handelt es sich um Kuhmilch- bzw. österreichische Produkte.

Die Ergebnisse des Tests sehen Sie in der Bilderstrecke.

Markus Plaimer / Foto: Michele Pauty

»Blauschimmel ist in! Wirte sollten
Käse aktiver anbieten, gleich mit ­Weinempfehlung.«

Markus Plaimer
Diplomsommelier und Leiter der Weinabteilung bei C+C Pfeiffer, Brunn am Gebirge

Adi Hirschal / Foto: Michele Pauty

»Bei mir trat ob der Menge eine gewisse Ermüdung der
Geschmacksnerven auf. Persönlich schmeckt mir Dolce Latte am besten.«
Adi Hirschal
Schauspieler, Sänger, Intendant des Wiener Lustspielhauses und erfahrener Feinschmecker

Johann Grubhofer / Foto: Michele Pauty

»Für den Schimmelkäse-Fan gibt es eine gewaltige Auswahl. Wir ­haben sehr gute
österreichische
Produkte!«

Johann Grubhofer
Gründungsobmann und Grand Seigneur der ­österreichischen ­Käsesommeliers
Hans-Peter Chisté / Foto: Michele Pauty

»Es waren tolle ­Produkte dabei, aber auch manche, bei ­denen man sich fragt, ob man das auf dem Markt braucht.«
Hans-Peter Chisté
Diplom-Käsesommelier, Obmann des Vereins Käsesommelier Österreich und Feinkosthändler

René Antrag / Foto: Michele Pauty

»Ich finde es traurig, dass viele Restaurants das Thema Käse vernachlässigen.«
René Antrag
Charismatischer und ­kompetenter Sommelier des Wiener »Steirerecks«

Jason Turner / Foto: Michele Pauty


»Ich bin überrascht, dass es in Österreich ein so umfassendes Angebot an Edel­schimmelkäsen gibt.«
Jason Turner
Wein- und Käseexperte, der in Seminaren die perfekten Pairings sucht

Text von Bernhard Degen
Aus Falstaff Nr. 08/2012

Bernhard Degen
Autor
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