Falstaff Produkttest: Pesto, Presto!

Das Pesto alla genovese ist ein Küchenklassiker. Obwohl der Genuss sehr von der Qualität der Zutaten abhängt, werden oft minderwertige Ersatzprodukte verwendet.

Es gibt Gerichte, die könnten einfacher nicht sein und sind dennoch einfach genial. Die chic designten Gläser mit Pesto sind aus den Supermarktregalen nicht mehr weg­zu­denken und zieren auch die Pulte exklusiver Feinkostläden. Ein Pesto hat jeder zu Hause, denn es wird vielerorts als »Notfallgericht« ­verstanden: Wenn man einmal nicht zum Einkaufen gekommen ist, Pasta mit Pesto ist in ­Minutenschnelle angerichtet. Sind die Nudeln hochwertig und das Pesto frisch, dann wird aus der Not rasch eine Tugend, und mit einem guten Glas Wein dazu mutiert Küchenmeister Schmalhans rasch zum Chef de Cuisine.

Je weniger Zutaten ein Rezept beinhaltet, des­to wichtiger ist deren Qualität! Ein originales Pesto alla genovese sollte nicht mehr als Basilikum, Pinienkerne, Parmesan und/oder Pecorino, Knoblauch und Olivenöl sowie Salz und Pfeffer beinhalten. Italiener erlauben lediglich die Diskussion, ob die Pinienkerne nun angerös­tet werden sollen oder nicht. Die Realität sieht aber anders aus. Es ist wirklich erstaunlich, bei wie vielen Produkten vom Originalrezept abgewichen wird, um Kosten einzusparen. Groteskerweise zählte Pesto in seinem Geburtsland Ligurien zu den klassischen »Armeleuteessen«, denn die Zutaten waren – zumindest zur richtigen Jahreszeit – omnipräsent. Riesige Pinienbäume, knorrige Olivenbäume und eine Vielzahl wild wachsender Kräuter zieren die Landschaft der italienischen Westküste. 

Die Verkostung verlief in lockerer, aber konzentrierter Atmosphäre. / Foto: Roland Ferrigato

Falstaff lud eine renommierte Experten-Jury in die »Pasteria« im Wiener Servitenviertel, um das breite Angebot in einer strengen Blindverkostung zu untersuchen. Es wurden 23 Proben aller Preisklassen anonym eingekauft und serviert. Gastgeber Günther Bichlbauer sorgte ­außer Konkurrenz für einen »Piraten« und kredenzte ein frisch zubereitetes Pesto, das sich als kulinarischer Lichtblick der Verkostung erweisen sollte.

Bei der Besorgung eines Pesto alla genovese lohnt sich ein prüfender Blick auf die Ingredienzen: Auch wenn durch rustikale Aufmachung und irreführende Angaben Authentizität vorgegaukelt wird, verrät das Kleingedruckte den wahren Charakter: Mehrere Produkte werden auf der Vorderseite »mit Olivenöl!« angepriesen, während das Rückenetikett aussagt, dass der Anteil desselben gerade mal ein Prozent beträgt! Stattdessen werden billige pflanzliche Öle wie Sonnenblumenöl verwendet. Ebenso werden Wal- oder Cashewnüsse eingesetzt, die günstiger sind als Pinienkerne. Nicht einmal Basilikum als Hauptzutat kommt unverfälscht zum Einsatz, verschiedenste Trocken­kräuter, Petersilie oder Bärlauch werden ebenso hinzugefügt. Erstaunlich unterschiedlich war auch die Konsistenz der Pestos, die Bandbreite reichte von grob gehackt mit ganzen Pinienkernen bis zur tubentauglichen cremigen Paste.

Ob der teilweise fragwürdigen Qualität geriet die Verkostung zur Herausforderung für die verwöhnten Gaumen. Aber die Kulinarikex­perten meisterten die Aufgabe bravourös und kamen einhellig zum gleichen Schluss: Richtig gutes Pesto muss frisch gemacht werden.

BEST OF PESTO

Abgesehen vom frischen Pesto überzeugte die Probe von Pöhl am meisten. Das Pesto wird offen verkauft und muss daher als Kategorie für sich gesehen werden. Für mangelhafte Auszeichnung oder Abweichungen von den Originalzutaten gab es Abzüge. Geschmack wurde am stärksten gewichtet.

Die Ergebnisse des Tests sehen Sie in der Bilderstrecke

Irene Strobl / Foto: Roland Ferrigato

»Die Bandbreite zwischen ordentlichem Pesto und ultimativ scheußlichem ›Fake-Pesto‹ war groß.«
Irene Strobl
Betreiberin des Feinkostladens »La Salvia« am Wiener Brunnenmarkt mit Spezialitäten aus Italien, Slowenien und Istrien: www.lasalvia.at

Meinrad Neunkirchner / Foto: Roland Ferrigato

»Ich würde eigenes Basilikumöl ver­wenden, da bekommt man mehr Kräuter­geschmack rein.«
Meinrad Neunkirchner
Chefkoch und Betreiber des Restaurants »Freyenstein«, Kochbuchautor und Kräuter­experte: www.freyenstein.at

Romana Fertl / Foto: Roladn Ferrigato

»Beste Ergebnisse ­erzielt man mit jungen Basilikumblättern und echtem Olivenöl ›extra vergine‹.«
Romana Fertl
Ausgebildete Sensorikerin und Lebensmitteltechnologin; veranstaltet regelmäßig Geschmacksschulungen:
www.opensense.at

Mino Zaccaria / Foto: Roland Ferrigato

»Besser selber machen oder zum Italiener gehen! Schade, dass die Industrie so mit Kunden umgeht.«
Mino Zaccaria
Gebürtiger Italiener und Betreiber der gefeierten italienischen Restaurants »Amarantis«, »Cantinetta Antinori« und »Procacci«

Bernhard Degen / Foto: Roland Ferrigato

»Bei vielen Produkten waren Qualität und Frische des Öls das größte Manko.«
Bernhard Degen
Falstaff-Chefredakteur Neue Medien und Organisator der ­regelmäßigen Fachverkostungen

Herbert Hacker / Foto: Roland Ferrigato

»Fertigprodukte, schön und gut. Aber es geht eben nichts über frisch gemacht.«
Herbert Hacker
Gourmetjournalist, Chef­redakteur des Falstaff ­Restaurantguide, Kochbuchautor und Redakteur für die Magazine »Format« und »News«

Alexander Bachl / Foto: Roland Ferrigato

»Es scheint nicht so leicht zu sein, die ­frischen Aromen des Basilikums ins Glas zu sperren.«
Alexander Bachl
Restaurantkritiker und Kulinarik­experte, langjähriger Falstaff-Mitarbeiter und Redakteur beim ORF-Radio Ö1

Günter Bichlbauer / Foto: Roland Ferrigato

»Wie bei so vielem im ­Leben besteht auch bei dieser Speise das ­Geheimnis in der ­Simplizität.«
Günter Bichlbauer
Eigentümer des Restaurants »La Pasteria« (Servitengasse 10, 1090 Wien) und Gastgeber der Verkostung: www.lapasteria.at


Text von Bernhard Degen
Aus Falstaff Nr. 01/2012

Bernhard Degen
Autor
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