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Falstaff Produkttest: Balsamico

Ein Tropfen süss-sauer. Das heimische Angebot an Balsamessigen in der Blindverkostung.

Dass Balsamessig auch Balsam für die Seele sein kann, hat die Blindverkostung der gereiften Essige bewiesen. Die Falstaff-Jury konnte sich an einigen Essig-Schätzen, vor allem von heimischen Produzenten, erfreuen. So macht Testen wirklich Spaß – allerdings ist es ein teurer, denn die jahrelang gereiften Balsamessige kommen mitunter auf einen Literpreis von rund eintausend Euro.

Mittlerweile fehlt in fast keinem Haushalt der italienische »Aceto Balsamico di Modena«. Dementsprechend groß ist das Angebot in den heimischen Supermärkten. Zwar ist es eine geschützte geografische Bezeichnung, die Vorgaben sind aber so weit gefasst, dass ein relativ großer Gestaltungsspielraum zugelassen wird. So ist lediglich eine Reifezeit von mindestens sechzig Tagen vorgeschrieben. Eine Zeitspanne, in der ein Essig keinesfalls zähflüssig werden kann. Um eine solche Konsistenz auf natürliche Weise zu erzeugen, benötigt man eine Fasslagerung von mindestens zehn Jahren. Eine lange Zeit und vor allem kostspielig, weshalb die Versuchung für die Industrie leider relativ groß ist, sich an Hilfsmitteln – wie Zuckercouleur, Karamell oder Verdickungsmittel – zu bedienen.

Die Jury: (v. l. n. r.) Johannes Lingenhel (Gourmet-Experte, Unternehmer), Jasmin Haider (Whisky-Brennerin),  Daniel Kellner (Küchenchef im »Radisson Blu Style Hotel«), Hannes Reeh (Winzer), Romana Fertl (Sensorikerin), Eva Derndorfer (Sensorikerin); Location: »H12 Bar« im »Radisson Blu Style Hotel Vienna«
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Die Jury: (v. l. n. r.) Johannes Lingenhel (Gourmet-Experte, Unternehmer), Jasmin Haider (Whisky-Brennerin),  Daniel Kellner (Küchenchef im »Radisson Blu Style Hotel«), Hannes Reeh (Winzer), Romana Fertl (Sensorikerin), Eva Derndorfer (Sensorikerin); Location: »H12 Bar« im »Radisson Blu Style Hotel Vienna«

Im Falstaff-Test wurden 18 Balsam­essige ohne Altersangabe verkostet, und auch hier war bei manchen Essigen die Natürlichkeit der zähflüssigen Konsistenz fraglich. Ab einer Reifung von drei Jahren darf zusätzlich die Bezeichnung »invecchiato«, also »gealtert«, verwendet werden. Steht auf dem Etikett die Bezeichnung »tradizionale«, handelt es sich um die Königsklasse der italienischen Essige, auch preislich gesehen. Hierfür wird der Traubenmost stark eingekocht, anschließend findet die Reife in vorgeschriebenen Holzfässern statt und muss zumindest zwölf Jahre dauern. So erhält der Balsamico seinen typischen süßsauren Ge­­schmack und die dunkle Färbung. Der natürliche Schwund sorgt für die zähflüssige Konsistenz.

Dass die österreichischen Erzeugnisse nicht den Vergleich mit dem italienischen Vorbild zu scheuen brauchen, beweist der Falstaff-Check. Hierzulande wird häufig Apfelmost als Grundprodukt verwendet – der vorgeschriebene Säuregehalt des Essigs liegt bei fünf Prozent, bei Traubensaft als Basis sind es sechs Prozent. Die acht gereiften Balsamessige wurden separat verkostet und bereiteten den Testern besondere Freude. Darunter waren auch drei Balsamessige, die den vorgeschriebenen Säureanteil unterschreiten und damit den Lebensmittelkodex eigentlich nicht erfüllen. Richtig gereifter Balsamessig ist ein wahres Luxusgut und kann so manches Gericht mit nur ein paar Tropfen aufwerten.

* Die Proben wurden anonym eingekauft bzw. für die Verkostung eingereicht. Die Auswahl der Produkte und Märkte erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Aus dem Falstaff Magazin Nr. 02/2016

Waltraud Winding
Autor
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