Falstaff-Kritik: Zum Weinen gute Weine

Herbert Hacker über das neue Restaurant »Fuhrmann« des Spitzensommeliers Hermann Botolen.

Herman Botolen kennt man. Als Sommelier, der in der Weinwelt wie kaum ein anderer das Gras wachsen hört (oder sollte man besser sagen, die Rebstöcke) hatte er vor vielen Jahren im Meinl am Graben an der Seite des hoch begabten Küchenchefs Joachim Gradwohl seine Glanzzeit. Ein kongeniales Duo, eines, das in dieser Zeit Maßstäbe setzte, wie man in solchen Fällen sagt.

Botolen hatte danach einige Auftritte, zusammen mit verschiedenen Köchen, sein fulminantes Weinwissen stand dabei immer im Mittelpunkt. Jetzt hat er sein eigenes Restaurant. Das »Fuhrmann«, ehemals »Hohensinn« im achten Bezirk Wiens, in der Fuhrmanngasse. Dort bekochte Josef Hohensinn jahrelang eine eingeschworene Fangemeinde, inzwischen ist der gute Mann aber nach Süddeutschland übersiedelt, weshalb jetzt Botolen als neuer Pächter das Fuhrmann-Ruder übernommen hat.

Gleich vorweg: In Sachen Wein ist das Lokal einzigartig in der Stadt. Botolen hat sich bei der Zusammenstellung der Weinkarte auf sein Lieblingsland spezialisiert – auf Frankreich. Dazu ein bisschen Deutschland und Österreich. »Weniger ist mehr«, sagt er, »ich wollte nicht von jedem Dorf einen Hund«.

Die Stärke Botolens liegt ganz allgemein darin, nicht nur Weine anzubieten und zu empfehlen, die jeder Feinschmecker oder Weinfreak ohnehin schon seit Ewigkeiten kennt. Für so genannte »Etikettentrinker« ist er der falsche Mann. Er überrascht vielmehr mit Raritäten, mit Weinen von Winzern, von denen selbst in Fachkreisen nur wenige schon mal was gehört haben. Diese önologischen Perlen punktgenau zu den einzelnen Gerichten zu empfehlen, genau das ist die hohe Schule auf die es ankommt.

Es sind zuweilen Weine, die zum Weinen gut sind, sie müssen gar nicht teuer sein, beeindruckend ist schon eher, dass es einen gibt, der in einer sich ständig verändernden Weinwelt die Übersicht behält und über alles am Laufenden ist.

Kalbsbries © DegenAls Küchenchef hat sich Botolen den jungen Sascha Hoffmann geholt, der unter anderem in Restaurants wie das Steirereck, Fabio´s und Döllerer Erfahrungen sammelte, zuletzt stand er bei Josef Floh in Langenlebarn in der Küche.
Das er kochtechnisch einiges drauf hat, ist unschwer zu erkennen, dennoch erscheint die Küche momentan noch ausbaufähig. Die Gerichte wirken brav zubereitet, und auch die Zusammenstellung der Karte ist nicht von übergroßem Mut geprägt. Saibling, Lachsforelle, Beiried und Kalbsschulter, das sind die Hauptspeisen. Von Gerichten in der Art wie »Heißer Ofenerdäpfel und Sauerrahm mit Wildkräuter und Rindermark« wünscht man sich einige mehr, sehr gelungen auch das glacierte Kalbsbries (siehe Foto), dass eigentlich gar keine Topinampurcreme mehr braucht. Überhaupt sind die vielen Cremen und Pürees ein wenig redundant.

Aber das sind Kleinigkeiten, die sich wahrscheinlich von selber beheben lassen, denn jeder Koch braucht einige Zeit, um seinen eigenen Stil zu festigen.  Insgesamt aber ist das Fuhrmann ein Gewinn.

(von Herbert Hacker)

Fuhrmann
Fuhrmannsgasse 9,
1080 Wien
T: 01/94 443 24
www.restaurantfuhrmann.com

Bernhard Degen
Autor
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