Falstaff Icons: Dom Pérignon

Der Champagner wurde von einem Mönch als »bester Wein der Welt« kreiert und gilt heute als einer der sinnlichsten Verführer.

Über Dom Pérignon gibt es viele Geschichten zu erzählen. Die berühmteste ist die über den Urvater der Champagnerherstellung, den Mönch Dom Pérignon. Leicht moussierende Weißweine aus der Champagne waren schon Mitte des 17. Jahrhunderts bekannt und beliebt. Der leidenschaftliche Kellermeister im Kloster von Hautvillers, Pierre Pérignon, arbeitete aber daran, »den besten Wein der Welt« zu kreieren. Nicht nur die Kunst des Weißkelterns roter Traubensorten geht auf ihn zurück, sondern auch die Kunst der Assemblage, des Verschneidens von Weinen verschiedener Lagen zu einer Cuvée. Dom Pérignon kam auch auf die Idee, seine Cuvées im Keller zu lagern und sie in mit Korken verschlossenen Flaschen reifen zu lassen. Als er das erste Mal eine Flasche Wein, den er so zur Vergärung gebracht hatte, öffnete und einen Schluck nahm, soll er begeistert ausgerufen haben: »Brüder, kommt schnell, ich trinke Sterne!«

Synergie von Kunst und Genuss sowie Tribut an Andy Warhol: die »Warhol«-Collection mit in Farbe gesetzten Flaschen / Foto: beiestelltDie perlende Erfindung Pérignons schrieb fortan auch prickelnde Geschichte. »Champagner ist der einzige Wein, der Frauen, die ihn trinken, schöner macht«, sagte Madame de Pompadour, First Lady der Libertinage und Geliebte Ludwigs XV. Auch Marlene Dietrich trank »Sterne«. Sie war dem Charisma und der Sinnlichkeit von Dom Pérignon verfallen: »Wenn es einem gelingt, einen perfekt gekühlten Dom Pérignon, gereicht in einem schönen Glas, zu genießen – , auf der Terrasse eines Pariser Restaurants mit Blick auf Bäume in goldener Oktobersonne –, dann fühlt man sich als göttlichste Person der Welt. Selbst dann, wenn man es durchaus gewohnt ist, Champagner zu trinken.« Die vielleicht berührendste Geschichte ist aber die von Andy Warhol und Dom Pérignon. Der Ursprung der »Sterne«: das Kloster von Hautvillers. Hier entstand der erste Dom Pérignon / Foto: beigestelltDer Ursprung der »Sterne«: das Kloster von Hautvillers. Hier entstand der erste Dom Pérignon / Foto: beigestellt

Im März 1981 besuchte der New Yorker Underground-Künstler eine Ausstellung in München. Als er in sein Hotel zurückkam, traf er dort auf eine Gruppe von Menschen, die sich »Club 2000« nannte. 20 Leute wollten zusammen 2000 Flaschen Dom Pérignon kaufen und bis zum Jahr 2000 in einem versiegelten Raum lagern. Warhol war sofort dabei – doch der bedeutende Vertreter der Pop-Art starb am 22. Februar 1987. Er erlebte das Fest, das der »Club 2000« zur Jahrtausend­wende schmiss, nicht mehr.

Lagerfeld entwarf auch diese Fotokampagne für Dom Pérignon / Foto: beigestelltHeute erzählt Richard Geoffroy, Chef de Cave von Dom Pérignon, die schönsten ­Geschichten (unbedingt seinen Blog ­lesen: www.richardgeoffroy-domperignon.com): »Dom Pérignon vereint etliche Paradoxien. Eine ist, dass das Unternehmen noch immer den Namen des Vaters der Champagnerherstellung trägt. Das ist sehr ikonisch. Aber unser Stil, und das ist das Paradoxe ­daran, ist nicht besonders traditionell. Dom Pérignon ist vielleicht der am wenigsten ­traditionell orientierte aller Spitzenchampagner.« Warum, ist schnell erklärt: Die meisten Champagner werden aus Grundweinen verschiedener Jahrgänge zu einer Assemblage verschnitten. Die Winzer setzen hochklassige Reserveweine anderer Jahre ein, falls ein Jahrgang nicht das benötigte Spektrum bietet. Mit dieser Methode entstehen gute Weine, aber für Dom Pérignon kommt sie nicht infrage: »Unser Prinzip ist das Jahrgangsprinzip. Jeder Wein ist ein Einzelstück. Kreativität hat damit zu tun, mit Einschränkungen zu spielen: Qualität, Menge und Charakter der Ernte variieren jedes Jahr erheblich. Risiko gehört zum Geschäft«, sagt Geoffroy. »Für uns ist die Entscheidung für einen Jahrgangschampagner nicht an reine Qualitätskriterien gebunden – sie ist immer auch subjektiv. Das ist wie bei einem Stoff: Wenn man Satin will, kann man es nicht durch Samt ersetzen, auch nicht durch hochwertigen.« Er ist, was Champagner angeht, eher der Satin-Typ.

Seit 1694 gilt: Es gibt den Champagner ausschließlich als Vintage-Jahrgangschampagner (der Markenname »Dom Pérignon ­Vintage« wurde 1921 etabliert). Allein dem Kellermeister obliegt die Entscheidung über das Schicksal des entsprechenden Weins. Entscheidend für die Signatur eines Dom Pérignon ist die Geschmackskomposition – es existiert keine Universal-Rezeptur.

Richard Geoffroy, Chef de Cave von Dom Pérignon (r.), mit Künstler Jeff Koons, der die »Balloon Venus« kreierte. Die Figur gibt es auf www.dpballoonvenus.de um 17.850 Euro zu kaufen – natürlich in kleinerem Format / Foto: beigestelltImmer ist es die »Assemblage«, die einen Cham­pagner zu Dom Pérignon macht. Der ­Kellermeister braucht Kenntnis über die ­exquisitesten aller 17 Grand-Cru-Weingüter der Champagne, auf die er Zugriff hat.

Jeder »Vintage« erhebt den Anspruch, »Dom Pérignon« neu zu erfinden und dabei seinem Wesen treu zu bleiben: jedes Mal aufs Neue den besten Wein der Welt zu ­erschaffen.

KUNST UND CHAMPAGNER: DIE KREATIVEN WEGE VON DOM PERIGNON
Dom Pérignon ist für seine ungewöhnlichen Wege bekannt. Die visuellen und andere sinnliche Ausdrucksformen von Künstlern bieten dem Haus Gelegenheit, bislang unergründete Facetten der Persönlichkeit eines Dom Pérignon zu offenbaren und ihn damit in ein neues Licht zu stellen. Kreative Kooperationen fanden bislang mit Marc Newson, Karl Lagerfeld oder David Lynch statt. Eine spezielle Hommage ist außerdem Andy Warhol gewidmet. Inspiriert von Warhols unkonventionellen Darstellungen von Berühmtheiten sowie der spielerischen Verwendung von Codes und Farben in seiner Arbeit, beauftragte Dom Pérignon das Design Laboratory der Central Saint Martins School of Art & Design damit, seine Etiketten neu zu gestalten. Das Ergebnis ist eine einzigartige Kollektion aus drei Flaschen, in der jede Flasche ein eigenes Etikett in Rot, Blau oder Gelb hat – als Hommage an Warhols ikonische Farbgestaltung.

Es ist nicht die einzige Zusammenarbeit des großen Champagnerhauses mit Künstlern und Designern der Moderne. Dom Pérignon liebt das Außergewöhnliche.

Claudia Schiffer als Testimonial für Dom Pérignon / Foto beigestelltDie erste Champagnerschale – von Karl Lagerfeld neu inszeniertSchon 1787 fertigte die königliche Porzellanmanufaktur von Sèvres im Auftrag von Schloss Rambouillet als Teil eines Tafelservices für die französische Königin Marie-Antoinette ein außergewöhnlich geformtes Trinkgefäß an: die berühmte »Busenschale«. Diese wurde aus feinstem zartrosafarbenem Porzellan der Legende nach tatsächlich dem Busen der Königin nachempfunden. Außerdem heißt es, Marie-Antoinette hätte nicht nur Milch, sondern auch den edelsten aller Weine aus diesem Gefäß getrunken und es damit zur ersten Champagnerschale der Geschichte gekrönt. 2008 erhielt Karl Lagerfeld während des Shootings der Kampagne für Dom Pérignon Œnothèque Vintage 1993 den Auftrag, die »Busenschale« neu zu erfinden und sich von einer modernen Königin weiblicher Schönheit inspirieren zu lassen: Claudia Schiffer. So entstand Le Bol Sein Dom Pérignon, die von Karl Lagerfeld exklusiv für Dom Pérignon Œnothèque kreierte Champagnerschale.

Und noch eine Königin der Weiblichkeit stand Modell für Dom Pérignon: die Venus von Willendorf, eine winzige steinzeitliche Figur, die in Österreich gefunden wurde und aus der Zeit um 25.000 vor Christus stammt. Der Künstler Jeff Koons ließ sich von ihr inspirieren und erschuf exklusiv für das exquisite Champagnerhaus die »Balloon Venus«.

Diese Figur ist eine moderne Liebesgöttin, die den Betrachter mit reflektierenden Kurven in ihren Bann zieht und auf ein Glas Dom Pérignon einlädt.

Text von Thomas Martinek
Aus Falstaff Nr. 08/2013 bzw. Falstaff Deutschland Nr. 01/2014

Thomas Martinek
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