Charly Schillinger und seine Frau Irene, Geschäftsführerin der »Swing Kitchen«.

Charly Schillinger und seine Frau Irene, Geschäftsführerin der »Swing Kitchen«.
© Arnold Pöschl

Ethik verpflichtet in der »Swing Kitchen«

Karl »Charly« Schillinger ist Wirt in elfter Generation. Mit KARRIERE spricht der Veganer über Kostenwahrheit, Systemgastronomie, authentische Alternativen und verrät, wie man den Gästen den Umstieg erleichtert.

Seit 1793 besteht das Gasthaus im niederösterreichischen Großmugl, das Charly Schillinger 2001 zu einem rein veganen Betrieb umgemodelt hat. Sein Erfolg ist Bestätigung und Antrieb zugleich. 2015 setzte er im Zentrum Wiens das Fast-Food-Konzept »Swing Kitchen« um. Bereits drei Franchise-Filialen sind in Betrieb, im März 2017 eröffnet eine weitere in Wien, gefolgt von Graz und Deutschland.

KARRIERE Sie lassen auf Ihrer Website ­Fakten sprechen: Gegenüber Rindfleisch verbrauchen Ihre veganen Alternativen durchschnittlich 95 Prozent weniger Energie, 85 Prozent weniger Wasser, 96 Prozent weniger ­Getreide, 93 Prozent weniger Anbaufläche und erzeugen 92 Prozent weniger Treib­hausgase. Sehen Sie es als Ihre Verpflichtung, Aufklärungsarbeit zu leisten?
SCHILLINGER Nachdem wir selbst schon seit über 20 Jahren vegan leben, ist es für uns selbstverständlich, diese Lebensweise auch unseren Gästen anzubieten. Veganismus hört nicht am Tellerrand auf. Es ist uns sehr wichtig, dass die Welt für unsere Nachkommen noch lebenswert ist.

Die Zahl der Vegetarier und Veganer steigt von Jahr zu Jahr. Eine nicht immer artgerechte Massentierhaltung, der Einsatz von Antibiotika bei der Tieraufzucht und Gammelfleisch-Skandale haben Menschen veranlasst, auf tierische Produkte ganz oder teilweise zu verzichten...
Das freut uns natürlich sehr. Als ich Ende der 1980er-Jahre Vegetarier wurde, war ich noch der Spinner im Dorf. Mittlerweile ist vegan – auch am Land – völlig salonfähig geworden. Aber der wirklich große Schwung kommt erst. In zehn bis 20 Jahren werden die alternativen Lebensmittel zu Fleisch, Milch und Käse so authentisch sein, dass sie von tierischen Produkten in keiner Weise mehr zu unterscheiden sind, weder im Geschmack noch im Aussehen oder in der Haptik. Außerdem: Sobald für Fleisch Kostenwahrheit herrscht – ohne die enormen EU-Förderungen, die ja mittelfristig nicht mehr finanzierbar sind –, wird es einen ganz starken Ruck in Richtung Veganismus geben.

Sie haben 2015 ein Fast-Food-Restaurant eröffnet und werden somit dem Trend von Burgern & Co gerecht. Ihre Beweggründe?
Wir konnten beobachten, dass unsere Wiener Gäste in unserem Großmugler Lokal speziell unsere Burger, Pommes und Wraps genossen haben. Also haben wir uns gedacht, wir ­kommen den Menschen näher und eröffnen ein grünes Burgerlokal. Systemgastronomie hat mich immer schon fasziniert. Ich bin ein Zahlenmensch und liebe Tabellen. Diesbezüglich kann ich mich in der »Swing Kitchen« voll austoben.

Warum betiteln Sie ein »Sojagranulat« auf der Speisekarte als »Wildragout«?
Die Alternativen bieten speziell den Umsteigern eine hervorragende Möglichkeit, diesen Schritt auch ohne das Gefühl von Verzicht zu vollziehen. Und damit der Gast weiß, was ihn geschmacklich erwartet, ist es am einfachsten, die Speisen gleich so zu benennen. Würde ich unser »Wildragout« als Sojagranulat in einer Rotwein-Preiselbeer-Sauce bezeichnen, würde ich wahrscheinlich nur die Hälfte davon verkaufen, weil sich niemand etwas darunter vorstellen kann.
www.swingkitchen.com

www.facebook.com/gasthausschillinger

Interview »Ethik verpflichtet« aus Falstaff KARRIERE 01/2017. Von Alexandra Gorsche.

Alexandra Gorsche
Alexandra Gorsche
Herausgeberin Profi
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