© Peter Rigaud

Ein Fest für die Kultur

Der Wiener Stadtrat für Kultur und Wissenschaft Andreas Mailath-Pokorny über die Wiener Festwochen als Spiegel für die Kulturbegeisterung der Stadt.

Was gibt es zu feiern? Eine rein rhetorische Frage, denn Wien und seine EinwohnerInnen finden immer einen Grund, etwas hochleben zu lassen. Das Loslassen alltäglicher Strukturen und ihre Auflösung in festlichem Rahmen gehören zur Stadt. Bereits die Habsburger ließen bei ihren öffentlichen Banketten nebst Speis und Trank auch Musik zum Gaudium der Beteiligten auffahren, und selbst eine rein oberflächliche Ausführung über die Bedeutung von Bällen für Wien und die Wiener Seele würde hier den Rahmen sprengen. 

Wir halten Fest

Wien feiert also gerne. Und Wien feiert vor allem gerne Kunst und KünstlerInnen. Theater, Schauspiel, Tanz, Musik sind der Stadt ein über die Jahrhunderte gewachsenes Heiligtum. Dementsprechend wird die Kunst in der pulsierenden Donaumetropole als Fest wahrgenommen und würdig zelebriert. MusikerInnen und SchauspielerInnen sind gefeierte Stars. Das ganze Jahr über gibt es in Wien eine Vielzahl an Möglichkeiten und ein breites Angebot, um die schönen Künste würdig zu begehen.
Den Wiener Festwochen kommt in dieser Hinsicht besondere Bedeutung zu. Sie sind der mehrwöchige Höhepunkt im kulturellen Jahresablauf und als Wiener Kunstfest schon seit über sechzig Jahren ein Spiegel für die Kulturbegeisterung dieser Stadt. Eine Kulturbegeisterung, die sich nicht eingrenzen lässt, denn die Festwochen sind ein Großstadtfest, das die Auseinandersetzung mit dem künstlerischen Schaffen in anderen Städten Europas und der Welt sucht und diese herausragenden künstlerischen Leistungen vorstellt. 
Die Suche nach Neuem und die Auseinandersetzung mit Einflüssen aus der ganzen Welt gewähren Einblicke in aktuelle Diskurse und nehmen nicht selten auch künftige Entwicklungen vorweg. Die Festwochen als Fenster zur internationalen Theaterwelt bringen Frischluft in die Stadt. Das beweist Jahr für Jahr die traditionelle Eröffnung am Rathausplatz, wenn Tausende Kunstbegeisterte nicht selten widrigen Wetterkapriolen trotzen, um gemeinsam ein großes Kultur- und Musikfest zu feiern. 

Kultur findet überall Raum

Das Feiern der Kunst geht nach Vorstellungsende natürlich weiter, denn ein fundamentaler Part eines Festes ist es, gemeinsam zu essen und zu trinken. Ein Lokalbesuch ist dabei die Weiterführung des Kunsterlebnisses. Kunstgenuss bekommt ein kulinarisches Unterfutter, auf dem sich vortrefflich über zuvor in Theatern, Konzertsälen und Ausstellungsräumen Erlebtes diskutieren lässt. Spricht man in Wien von Gastro-, Beisl- oder Kaffeehauskultur, schwingt immer auch ein wenig die Kunst mit, denn die Wiener Gastroszene ist immer auch ein Ort, an dem das gemeinsame Erleben von Kunst verhandelt wird, ein Ort, an dem intensiv über Wahrnehmungen, Erlebnisse, Beobachtungen und Empfindungen gesprochen wird. 
Und ja, is(s)t man dabei noch in einem Lokal, in dem einer der wahren HerdkünstlerInnen in der Küche dirigiert, wird man schnell die engen Bande zwischen Kulinarik und Kunst und Kultur bemerken. Was aus den Kochtöpfen der Stadt kommt, sind nicht selten Meisterwerke, und die Zusammenführung von Kultur und Kulinarik ist mehr als nur ein Dienst am Publikum: Es ist die Erweiterung des Kunsterlebnisses. 
Daher: ein Toast auf die Kunst in all ihren Facetten! 

Zur Person

Andreas Mailath-Pokorny ist seit 2001 amtsführender Stadtrat für Kultur und Wissenschaft, seit 2015 auch für Sport. Außerdem amtiert er als Präsident des Bundes sozialdemokratischer AkademikerInnen, Intellektueller und KünstlerInnen.

Aus dem Falstaff Wiener Festwochen Spezial 2017

Andreas Mailath-Pokorny
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