»Bancha« – ein dunkleres »Olive« nach japanischen Teeblättern benannt. 

»Bancha« – ein dunkleres »Olive« nach japanischen Teeblättern benannt. 
© Farrow & Ball

Die neuesten Farbtrends

Alles in grau-beige, nur um jedem zu gefallen? Das war gestern. Heute reüssiert, wer Profil zeigt. Farben sind der erste – und einfachste – Schritt. KARRIERE kennt die Trends.

Von Farrow & Ball bis Pantone – die Farben-Hersteller veranstalten jeden Herbst ein ziemliches Tamtam rund um die Präsentation ihrer Trendfarben. Poetische Namen, spektakuläre Mood-Bilder – die Farben erzählen Geschichten. Und selbstwenn man sich nicht von irgendwelchen Moden infiltrieren lassen will, ist eines doch unumstößlich: Farben erzeugen Atmosphäre und der All-White-Scandinavian-Chic ist nicht mehr ganz so populär, wie einst. Die Menschen suchen wieder verstärkt die Gemütlichkeit, das Warme und vor allem auch: die Natur, die Verbundenheit mit der Umwelt. Und ja, das gilt auch für die Hotellerie und Gastronomie. Vergleicht man die Trendreports von 2017 und 2018 kommt man nicht umhin zu merken: Grün- und Blautöne sind tonangebend. Das mag jetzt nicht allzu überraschend sein, aber interessant sind die Nuancen, denn die werden immer dünkler, rauchiger, satter. Persönlicher Geschmack hin oder her: ein grelles, giftiges Grün ist heute einfach zu künstlich. Das hat nichts mit Frische zu tun, das schmerzt einfach nur in den Augen. Außer man will, dass die Kunden nach ein paar Minuten auch sicher wieder verschwinden.

»De Nimes« – ein eleganter, dennoch bodenständiger Blauton, der an Jeansstoff erinnert.
© Farrow & Ball
»De Nimes« – ein eleganter, dennoch bodenständiger Blauton, der an Jeansstoff erinnert.

»Das Streichen der Wände ist eine relativ kostengünstige Möglichkeit, einen Farbtrend aufzunehmen und eine schnelle Veränderung herbeizuführen.«
Andreas Raicher Geschäftsführer SO Galerie

70er-Jahre-Revival

Beginnen wir mit »Night Watch«, der »Farbe des Jahres« von PPG Paints. Laut Presseaussendung soll die Farbe die »heilenden Kräfte der Natur von draußen nach drinnen bringen.« Beim Papierhersteller Behr hat man sich für den Ton »Blueprint« entschieden, der als »wärmer als Denim und softer als Navy« beschrieben wird. Bei Sherwin-Williams setzt man auf »Cavern Clay«, einen Terrakotta-Ton, der Erneuerung symbolisieren soll. Und: die Macher sehen ihn als Teil eines 70er-Jahre-Revivals, von dem man in der Tat gerade auch bei Möbeln auffällig oft hört. Die englische Farben- und Tapetenmanufaktur Farrow & Ball schickt gleich neun Töne ins Rennen, hier ist es schwer eine Tendenz auszumachen. 

»Cavern Clay« – »Farbe des Jahres 2019«, verkörpert Erneuerung und versprüht Bohemian-Flair.
© Farrow & Ball
»Cavern Clay« – »Farbe des Jahres 2019«, verkörpert Erneuerung und versprüht Bohemian-Flair.

Licht ist das um und auf!

»Das Streichen der Wände ist eine relativ kostengünstige Möglichkeit, einen Farbtrend aufzunehmen und eine schnell spürbare Veränderung herbeizuführen«, macht AndreasRaicher, Geschäftsführer der Wiener Galerie SO Gusto auf einen Neuanfang. Neben 80 eigenen Farben – von Stubenring bis Fiakerschwarz – bietet man auch Interior Design an. Spannend: Das SO Farbkonzept, das einem die Entscheidung vielleicht nicht abnimmt, aber erleichtert. Farbtrends werden hier ins Wienerische übersetzt. »Jede Stadt hat durch ihre Lichtstimmung und die sie prägenden Einflüsse ihren persönlichen Farbcode.« Licht! Ein hervorragendes Stichwort. Ohne Licht keine Farbe, einer der größten Fehler ist es, sich für einen Ton zu entscheiden, ohne ihn im Restaurant zuerst getestet zu haben – und zwar zu verschiedenen Tageszeiten betrachtet. Gerade im Wechselspiel mit den unterschiedlichen Lichtquellen zeigt sich auch, wie qualitativ hochwertig eine Farbe wirklich ist!

»Paean Black« - sorgt für schön rauchige Stimmung im Raum.
© Farrow & Ball
»Paean Black« - sorgt für schön rauchige Stimmung im Raum.

»Wichtig ist das Zusammenspiel von Oberfläche und Haptik, es geht nicht nur um die Farbe allein«, betont Theresa Bienenstein, Interior-Designerin mit internationalem Lebenslauf. »Zuerst entsteht das räumliche Empfinden; sozusagen das Volumen, die Höhen und Breiten und das Ineinanderfließen der Räume. Dennoch ist dieses erste Bild schon mit einer Mood überlagert, einer Gesamtstimmung, die sich in farblichen Flächen und Materialien manifestiert.« Sie selbst habe, so Bienenstein, ein Faible für staubige, schlammige Neutrals (ein gewichtiger Gegentrend zu den dunklen Nuancen!) und setzt bunte Farben eher als Akzente ein. »Aber ja, meine Erfahrung bestätigt, dass bei Hospitality-Projekten dunkle Töne eher angenommen werden, als von Residential- oder Retail-Kunden.« Inwieweit Trendfarben nun für einen Gastronom oder Hotelier von Interesse sind, ist natürlich Frage des Konzepts. In den letzten Jahren sah man auffällig viele Projekte in »Millenial Pink« – ob man das 2019 auch noch sehen will, sei dahingestellt. Aber neu streichen ist ja – wie erwähnt – nicht das größte Drama. Hauptsache man bleibt inspiriert.

Artikel aus Falstaff Karriere 05/2018.

Nicola Afchar-Negad
Autor
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