»Die Menschen haben uns für verrückt gehaltent«

Der »CafféCouture«-Gründer Georg Branny über seine Erfolgsgschichte und Kaffeetrends.

Herr Branny, Sie wurden 2014 mit der »Goldenen Kaffeebohne« von Jacobs und Falstaff ausgezeichnet. Basis dafür war ein Publikumsvoting. Warum glauben Sie, dass gerade das »CafféCouture« so gut ankommt? Was macht Ihren Betrieb, Ihren Kaffee aus, was hebt ihn von den anderen sehr guten Kaffee-Betrieben ab?

Dass wir diese Auszeichnung erhalten haben, ehrt uns sehr, obwohl wir nie auch nur im Entferntesten daran gedacht hätten. Es war für uns bereits schon eine Überraschung, davon zu erfahren, dass wir dafür nominiert wurden.

»CaffèCouture« war von Beginn an eine Vision und ein Experiment. Im Vordergrund stand immer nur eines: Den Menschen den Rohstoff und die Kultur der Zubereitung auf eine völlig neue Art und Weise näher zu bringen – so  wie wir uns das vorstellen. Was wir gemacht haben, war gegen jede Regel und die Menschen haben am Anfang den Kopf geschüttelt und wohl gemeint, wir sind verrückt.

Wir denken auch nicht daran, was uns abhebt von anderen. Wir denken grundsätzlich nicht an andere und orientieren uns auch an niemanden. Wir machen einfach das, was uns Spaß macht und entwickeln permanent neue Ideen.

Wem es gefällt, ist herzlichst willkommen! Und alle, denen es nicht gefällt, haben ja die Möglichkeit, in über 1000 andere Cafés zu gehen.

Alte Wiener Kaffeehaustradition und moderne, junge Kaffee-Locations – was ist der gemeinsamer Nenner?
Der gemeinsame Nenner ist und bleibt Kaffee. Einzig und allein der Fokus bzw. das Erlebnis ist unterschiedlich.

Der Unterschied liegt einfach darin, dass die so genannten jungen Kaffee-Locations sehr fokussiert sind auf die Zubereitung und den Rohstoff selbst, während traditionelle Wiener Kaffeehäuser bemüht sind dem Gast ein gesamtes Erlebnis zu verschaffen, welches in Wien auf seine Art und Weise einzigartig ist.

Persönlich finde ich den Begriff der »alten Kaffeehaustradition« nicht wirklich für angebracht. Ich denke, damals vor hundert Jahren haben die Menschen diese Art der Kaffeehäuser als »äußerst« modern angesehen. Immerhin gab es weit mehr dieser Cafés als heute! Ich bin mir sicher, dass in ein paar Jahrzehnten die heutigen »jungen« Locations als alte und traditionelle »Third Wave Cafés« gesehen werden bzw. ihre Zahl sich sogar verringern wird.

Stichwort Kaffeequalität: Was macht Ihrer Meinung nach einen richtig guten, oder: den besten, Kaffee aus?
Was soll schon das Beste sein… dafür sind wir heutzutage bereits schon zu weit in unserer sensorischen Entwicklung bzw. Erfahrung – Qualität wird von jedem Menschen individuell empfunden.

Was meinen persönlichen Geschmack anbelangt, weiß ich ganz genau worauf ich Wert lege. Es bedeutet allerdings nicht, dass dieselben Charakteristika von anderen Menschen genauso wertgeschätzt werden.

Vielmehr versuche ich Tag für Tag zu verstehen, was für bestimmte Kunden aus ihrer Sicht einen guten Kaffee ausmacht. Man sollte seinen eigenen Geschmack nicht über den anderer Leute stellen, sondern ihnen mit Respekt und Verständnis entgegenkommen. Es passiert schon öfters, dass Kunden sehr extravagante Wünsche hinsichtlich ihres Kaffees bzw. der Zubereitung ihres Kaffees an der Bar äußern. Angefangen bei: »Ich hätte die Milch bitte gerne SEHR heiß geschäumt.« oder »Ich möchte, dass sie mir den Kaffee direkt aus der Espresso Maschine verlängern, also länger extrahieren lassen.« oder »Ich hätte gerne Soja Milch hinein und einen Karamell Sirup.« etc.

Solche Sachen machen wir nicht. Wir erklären dem Kunden auch unseren Standpunkt bzw. warum wir ihm bestimmte Wünsche nicht erfüllen wollen. Auch wenn dies aus seiner Sichtweise einen guten Kaffee ausmacht.

Man kann eben nicht Everybody's Darling sein ...

Das CafféCouture im Palais Ferstel / © www.facebook.com/pages/CaffèCoutureDas CafféCouture im Palais Ferstel / © www.facebook.com/pages/CaffèCouture

Worauf sollte ich als Laie zu Hause bei der Kaffeezubereitung achten?

Bringen wir es auf den Punkt:

  • Möglichst frischen, von einem regionalen Röster gerösteten Kaffee kaufen.
  • Frisches Wasser verwenden.
  • Regelmäßig seine Maschine bzw. andere der Zubereitung betreffende Gegenstände Filter etc. säubern.
  • Sich Zeit nehmen bei der Zubereitung.

PS: Für guten direkt gehandelten und sorgfältig verarbeiteten Kaffee gibt es keine »guten« Preise.

Gibt es auch beim Kaffee so etwas wie Food-Pairing? Welche Speisen würden Sie beispielsweise zu einem kräftigen Espresso empfehlen, welche zu einer Wiener Melange?
Ja, gibt es sehr wohl! Zu bestimmten Speisen können sehr wohl auch passende vom Geschmack sehr interessante, eigenwillige Espressi oder Filterkaffees gereicht werden. Allerdings würde die Beantwortung dieser Frage eher einen eigenen Beitrag erfordern.

Was die Wiener Melange angeht, finde ich sollte man sie in ihrem eigentlichen Umfeld lassen. Wer den Wusch hat seine Melange zu einer Süßspeise zu genießen, der soll dies gerne tun. Der Gedanke, eine Wiener Melange mit einem Süßwasserfisch oder einem Zwiebelrostbraten etc. in Verbindung zu bringen erscheint mir allerdings trotz aller Offenheit ziemlich abartig ...

Bleiben wir beim Essen: Auch in der Spitzenküche wird Kaffee als Zutat immer beliebter. Welchen Speisen könnte Kaffee eine ganz neue Note verleihen bzw. wie verwendet man Kaffee in der Küche am besten?
Aus eigener Erfahrung kann ich ihnen sagen, dass man die Charakteristika verschiedener Kaffees  sehr gut für Saucen verwenden kann.

Allerdings sehe ich diese Frage, am besten von einem kreativen Sternekoch beantwortet. Das ist nicht mein Business ...

Georg Branny vor seinem CafféCouture im 9. Bezirk / © Lucas VossoughiWelche Trends sind am Kaffee-Sektor auszumachen? Wie sieht es etwa mit Terroir-Kaffee oder dem Filtermaschinen-Boom aus?
Dass es einen Filtermaschinen Boom geben soll ist mir ehrlich gesagt neu. Was es allerdings gibt, ist eine stetig immer mehr steigende Nachfrage an verschiedenen Zubereitungsmethoden.

Terroir Kaffee bzw. Filterkaffee als »Trend« zu klassifizieren ist nicht in Ordnung, immerhin hat es das schon immer gegeben. Die Beachtung hat sich allerdings in den letzten drei Jahren sehr positiv verändert! Konsumenten wollen wie auch bereits in anderen kulinarischen Bereichen einfach wissen, wo die Rohstoffe herkommen bzw. wie sie verarbeitet wurden und auf welche Arten sie zubereitet werden können. Und dies möglichst mit händischem Geschick. Dabei spielen Ausdrücke wie: Handgemacht, Ursprung etc. eine zentrale Rolle. Diese Entwicklung ist als sehr positiv zu sehen.


Der Sommer naht: Ihr Tipp für einen unkomplizierten Drink mit Kaffee als Zutat?

Mein Tipp ist einfach mal mit kalt gebrühtem Kaffee zu experimentieren, dazu passend sind jetzt gerade ganz perfekt die frischen Kenianer mit ihren beerigen Aromen. Ich empfehle dazu, sich gute kompakte Eiswürfel vorzubereiten! Beim Verkosten wird man sicherlich die Inspiration für eine neue Zutat finden die man noch einbauen könnte.

Mit welcher berühmten Persönlichkeit (tot oder lebend) würden Sie gerne mal auf einen Kaffee gehen und warum?
(lacht) – diese Frage habe ich bereits oft in anderen Interviews gelesen und jetzt kriege ich sie selbst ... Habe mir allerdings nie darüber Gedanken gemacht ...

Und zum Abschluss: Wie trinken Sie Ihren Kaffee am liebsten und wie viel Kaffee kommt so im Laufe des Tages zusammen?
Das ist ganz unterschiedlich, hängt auch mit der Tageszeit zusammen. In der Früh sehr gerne Filter aus der V60 oder mal einen kleinen Cappuccino mit Doppel-Shot. Aber am liebsten koste ich einfach überall im Laufe des Tages und verkoste neue Kaffees, die ich geröstet habe für die jeweiligen Zubereitungsmethoden.

INFO
CafféCouture Showroom & RoastingLab
Garnisongasse 18, 1090 Vienna, Austria
Öffnungszeiten: Mo – Fr: 8.30–17 Uhr

CafféCouture District 1
Freyung 2, Palais Ferstel Passage, 1010 Vienna, Austria
Öffnungszeiten: Mo – Fr: 8-17 Uhr, Sa 10-17 Uhr

T: +43 676 3322076
(Tischreservierungen sind aufgrund begrenzter Platzanzahl leider nicht möglich)

www.caffecouture.com


(Marion Topitschnig)

Marion Topitschnig
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