Die besten Würstelstände Österreichs

Würstelstände sind eine Institution. Ob Hofräte, Manager, Nachtschwärmer oder Tagelöhner, allen geht es hier nur um die Wurst.

Am Würstelstand sind alle gleich. Nirgendwo zeigt sich das besser als beim »Bitzinger« neben der Wiener Staatsoper. Hier stehen Nadelstreif und Blaumann ebenso nebeneinander wie Champagner und Dosenbier. Den besten Umsatz macht Josef Bitzinger am Tag des Wiener Opernballs, wo die Ballbesucher in Frack oder Ballkleid Schlange stehen, um eine Käsekrainer oder ein Bier zu ergattern.

Käsekrainer ist Nummer 1
Wiener Würstelstände sind eine Institution, ein Bollwerk gegen globalisierte Imbisskultur. Betreiber von traditionellen Würstelständen sind sich einig, dass Angebote wie Kebab, Asia-Nudeln oder Pizzaschnitten nichts im Sortiment verloren haben. Burenwurst, De­breziner, Waldviertler, Käsekrainer, Bratwurst, Frankfurter und Leberkäse sind die Klassiker, um die sich alles dreht. Der unangefochtene Bestseller aber ist die gebratene Käsekrainer, die mit 40 Jahren in der langen Kulturgeschichte der Würste ein vergleichsweise junges Produkt ist.

Die »Big Mama« im »Leo« ist die Mutter aller ­Käsekrainer und wiegt ein halbes Kilo / © Ian Ehm

Qualität ist oberstes Gebot
Erfolgreiche »Standler« berichten, dass die Qualität der Ware der wichtigste Erfolgsfaktor für einen gut gehenden Würstelstand ist. Die Fleischlieferanten müssen daher mit Bedacht gewählt werden. Vera Tondl, die Betreiberin des »Leo«, des ältesten Würstelstands von Wien, lässt sich die Würsteln gar von fünf verschiedenen Fleischhauern liefern. Alleine für die Käsekrainer hat sie drei unterschiedliche Lieferanten. »Ich bin da ein bisschen eigen«, gesteht sie. »Aber es ist für die Qualität sehr förderlich, wenn man die Bestellmenge von Zeit zu Zeit reduziert.«

Beim »Leberkas-Pepi« gibt es ständig zwölf verschiedene Sorten Leberkäse / © Ian Ehm

Das Drumherum muss passen
Josef Bitzinger, der neben dem Standort bei der Oper auch einen Würstelstand beim Riesenrad im Wiener Prater betreibt, erzählt, dass viele Kollegen zu wenig auf die Qualität der Nebenprodukte achten. Senf und Kren seien ebenso wichtig wie Pfefferoni, »Gurkerln«, frisches Gebäck und ein wohl überlegtes Getränkeangebot. Bitzinger setzt hierbei auf frisch gezapftes »Opernbräu« – eine eigene Biermarke aus einer böhmischen Brauerei – und ein kleines, aber feines Angebot an Weinen und Champagnern.

Eine Bosna wird traditionellerweise mit Zwiebeln und Senf zubereitet / © Ian Ehm

Würstelstand-Slang
Die ersten Wiener Wurstverkäufer waren im 19. Jahrhundert noch mit Handkarren unterwegs, die Kessel wurden mit Holzkohle befeuert. Mit steigender Nachfrage wurden die Handkarren zu Wägen, die nach Geschäftsschluss in Garagen und Innenhöfen geparkt wurden. In den 1960er-Jahren wurden die mobilen Wurstverkäufer sesshaft und Stände wie wir sie heute kennen, in das Stadtbild integriert. Während es sich in Wien fast ausschließlich um frei stehende Buden handelt, ist man im übrigen Österreich häufiger in Geschäftslokalen angesiedelt. Institutionen wie der »Leberkas-Pepi« in Linz, die ehemalige »Schmatztruhe« in Graz oder der »Bosna Grill« in Salzburg sind in Häusern untergebracht. So einzigartig wie die Architektur der Wiener Würstelstände ist das So­zio­top, das man vor allem in den Nachtstunden antrifft. Wiener lieben ihren Würstl-Jargon und prahlen damit gerne vor Besuchern, aber bei den wenigsten wirkt es authentisch. Wer sonst hochdeutsch spricht, sollte diese vielzitierte Bestellung lieber unterlassen: »A Eitrige mit an Bugl, an Schoafn, an Krokodü und an Sechzehner-Blech.«

>> Wiener-Würstelstand-Jargon

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Text von Bernhard Degen 
Fotos von Ian Ehm
Aus Falstaff Nr. 01/2014

Bernhard Degen
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