Die besten Restaurants Europas

Erstmals bewertete Falstaff 200 Restaurants in 22 europäischen Städten. Die Wertungen unterscheiden sich zum Teil deutlich von Michelin und dem internationalen Ranking »San Pellegrino World’s 50 Best Restaurants«.

Es ist immer das gleiche Problem: Man reist in eine Stadt, in der man entweder noch nie oder erst selten war, und braucht ganz schnell ein gutes Restaurant. Natürlich gibt es diverse Restaurantguides, doch die meisten sind viel zu dick und unhandlich, um sie mitzuschleppen. Und wer hat schon die Zeit, auf die Schnelle mehrere Magazine durchzublättern, um dann immer noch nicht genau zu wissen, welches Restaurant in London, Paris, Athen, Stockholm, Budapest oder Zagreb momentan besonders angesagt ist?

Der im März dieses Jahres erschienene internationale Falstaff Restaurantguide 2011 kann da Abhilfe schaffen. Erstmals wurden nicht nur mehr als 1000 österreichische Restaurants, sondern darüber hinaus auch die besten Feinschmeckertempel in 22 Business-Metropolen Europas von rund 16.000 Gästetestern bewertet.

»Vau Kolja Kleeberg«: Kreationen eines Fernsehkochs / Foto: beigestelltHerausgekommen ist dabei ein kleiner, handlicher Guide, der leicht in jede Sakko­tasche passt und Aufschluss darüber gibt, ­wohin Reisende derzeit essen gehen sollten. Das Besondere dabei: Erstmals wurden auch Städte im ehemaligen Ostblock in die Liste ­auf­genommen, die nur selten oder gar nicht in den üblichen Guides zu finden sind – etwa ­Bukarest, Kiew oder Ljubljana.

In den westlichen Metropolen wie Paris, London oder Rom haben naturgemäß prominente Gourmettempel das Rennen gemacht. Doch auch dort haben die Publikumstester von Falstaff etwas anders entschieden als etwa die Gourmet-Inspekteure des Guide Michelin oder die Tester der momentan so populären Liste »San Pellegrino World’s 50 Best Restaurants«.

TV-Haudegen Kolja Kleeberg ­wurde von den Falstaff-Testern zum besten Koch Berlins gekürt / Foto: beigestellt

In Paris etwa wurde im internationalen ­Falstaff Restaurantguide der luxuriöse Genuss­tempel der lebenden Kochlegende Guy Savoy zur Nummer eins gekürt. Zwar erhielt das »Guy Savoy« im aktuellen Michelin-Guide wieder drei Sterne und zählt damit zu den 26 Drei-Sterne-Restaurants Frankreichs, im San-Pellegrino-Ranking der 50 besten der Welt kommt er allerdings gar nicht vor.

Die Küche der lebenden Koch­legende Guy Savoy hat die ­Tester im internationalen Vergleich am meisten beeindruckt – große ­Cuisine à la française / Foto: beigestelltWeitgehende Übereinstimmung herrscht dagegen bei Frankreichs nicht minder großem Koch Pierre Gagnaire. Die Falstaff-Publikumstester gaben dem Drei-Sterne-Koch 95 Punkte, womit er in Paris auf Platz zwei rangiert, und auch die San-Pellegrino-Prüfer reihten sein Res­taurant als zweitbestes in Paris – nach dem »Le Chateaubriand« des baskischen In-Kochs Inaki Aizpitarte.

Überraschend hingegen das Ergebnis des Deutschen Heinz Beck, der in Rom schon seit Langem als bester Koch der Ewigen Stadt gefeiert wird. Wie Guy Savoy erhielt auch Beck von den Falstaff-Testern 99 von 100 Punkten. Becks Küche gilt nicht gerade als ultramodern, viel eher als klassisch italienisch, dafür aber als sehr niveauvoll. Das bringt zwar drei Michelin-Sterne, aber keine Erwähnung in der ­San-Pellegrino-Liste. Mit Klassikern dieses ­Zuschnitts haben die Gourmettester im Zeichen der Mineralwassermarke offenbar ihre Probleme.

In London wiederum siegte im Falstaff Res­taurantguide mit 97 Punkten die aufstrebende, aber noch weitgehend unbekannte Küchenchefin Clare Smyth im Restaurant des englischen Starkochs Gordon Ramsay. Der schottische Großmeister hat in seinem Flagship schon lange den Kochlöffel weitergereicht und überlässt das tägliche Brutzeln seiner jungen Köchin. Smyth gibt eine unkonventionelle und moderne Linie vor, den Michelin-Testern ist ihre Küche drei Sterne wert, während das Restaurant im San-Pellegrino-Ranking erst gar nicht vorkommt. Dort rangiert mit dem »Ledbury« das erste Londoner Restaurant erst auf Platz 34.

»Matsalen«: regionale ­Produkte, aufwendig und eigenständig inszeniert / Foto: beigestelltDeutlich ist auch der Unterschied in der Einschätzung des sogenannten »besten Restaurants der Welt«. Während das britische »Restaurant Magazine« als Auftraggeber der San-Pellegrino-Liste das »Noma« in Kopenhagen bereits zum zweiten Mal zur Nummer eins weltweit erklärte, landete das über Monate ausgebuchte Kultlokal des dänischen Shootingstars René Redzepi im Falstaff Restaurantguide mit 97 Punkten nur auf Platz zwei der Gesamtwertung. Auch den Michelin-Tes­tern ist der momentan angesagteste Schlemmertempel nordischer Prägung nur zwei Michelin-Sterne wert.

In Brüssel hingegen gewann im Falstaff Res­taurantguide ein alter Klassiker der europäischen Spitzengastronomie: das »Comme chez soi«. Seit Jahrzehnten repräsentiert dieses legendäre Haus den Olymp belgischer Cuisine. Man speist in Jugendstilambiente, zu den Klassikern auf der Karte zählen Schnecken aus Namur, Austern in Trüffelsauce und eine Wildente nach Art des Hauses. Und auch nachdem Belgiens Kochlegende Pierre Wynants seinem Schwiegersohn Lionel Rigolet die Küchenleitung übergeben hat, ist die Küche Weltklasse. Wenngleich ein wenig mo­derner, bleibt sie immer noch tra­ditionell belgisch-französisch – mit Weinen zu atem­beraubenden Preisen. Kulinarischen Moden fühlt man sich dort nicht verpflichtet – wahrscheinlich der Hauptgrund, weshalb der weltberühmte Schlemmertempel im Ranking der 50 besten Restaurants der Welt keinerlei Erwähnung findet.

»Noma«: Auf der San-Pellegrino-Liste die ­Nummer eins der Welt, im Falstaff ­Restaurantguide Platz zwei in Europa / Foto: beigestellt

Auch was Berlin betrifft, gehen die Meinungen der Tester doch etwas auseinander. So haben die Falstaff-Tester das »VAU» von Kolja Kleeberg als die Nummer eins der Stadt bewertet – mit immerhin 95 Punkten. Kleeberg ist auch einer breiten Öffentlichkeit bekannt, denn er ist seit Jahren in sämtlichen deutschen Kochshows – von der »Koch­arena« auf VOX bis zu »Lanz kocht« im ZDF – unermüdlich im Einsatz. Von Michelin erhält der kochende TV-Zapano seit 1997 regelmäßig einen Stern, während »Fischers Fritz« mit Christian Lohse am Herd zuletzt zwei Sterne abgeräumt hat und damit von Michelin zur ersten Adresse Berlins gekürt wurde. Im Falstaff Restaurantguide rangiert Lohse hingegen knapp hinter Kleeberg auf Platz zwei.

Noma / Foto: beigestelltWohl im Sog des San-Pellegrino-Lieblings »Noma« erlebt die nordische Küche momentan einen noch nie da gewesenen Höhenflug. Das trifft nicht nur auf Kopenhagen, sondern auch auf Stockholm zu. Dort holte sich Mathias Dahlgren im Falstaff Restaurantguide Platz eins der Stadt. Mit 97 Punkten rangiert sein Restaurant »Matsalen« damit unter den besten Europas. Von Michelin erhielt es allerdings nur zwei Sterne. Genauso wie jener Stockholmer Feinschmeckertreff, der in letzter Zeit durch Walter Eselböck auch in Österreich einen hohen Bekanntheitsgrad erhalten hat: Im trendigen »Franzén/Lindeberg« soll sich der Burgenländer einem Bericht des »Standard« zufolge einige Anleihen für sein neues Konzept geholt haben – ohne freilich die Quellenangabe kenntlich zu machen. Das hat in der österreichischen Gourmetszene hohe Wellen geschlagen.

Top in Prag: das »­Allegro« im Hotel Four Seasons / Foto: beigestelltVor allem die Adressen in den Städten im Osten sind im internationalen Falstaff Restaurantguide ein wertvoller Service für Business-Traveller. Viele der Lokale sind in anderen Guides und Rankings noch nie aufgenommen worden. So hat sich etwa Ljubljana in Slowenien in den letzten Jahren zu einer interessanten Essmetropole gemausert, wo Küchenchef Janez Bratov im »JB« die Spitze hält. Auch in Kiew ist mittlerweile eine kosmopolitische Restaurantszene entstanden; wo früher gastronomischer Dau­erschlaf herrschte, ist längst eine lebendige ­Lokallandschaft erblüht – mit Buddha-Bar-Ableger, Lounge-Clubs und vorwiegend ita­lienischen Top-Restaurants. Die zwei besten Lokale der Stadt sind derzeit laut Falstaff-Wertungen das »Egoist«, ein aufwendig gestaltetes Restaurant mit ukrainischer und französischer Küche, sowie das »Pantagruel«, ein kleines italienisches Ristorante im Zentrum mit Schwerpunkt Fisch.

In Prag wiederum hat sich die Restaurant­szene aufgrund ständig neuer Top-Hotels ­deutlich gewandelt. Und so überrascht es nur wenig, dass im Falstaff Restaurantguide gleich zwei Hotelrestaurants als die besten kulinari­schen Adressen der Stadt gelistet sind: das »Allegro« im Hotel Four Seasons, wo der Italiener Andrea Accordi das Kunststück einer kulinarischen Kreuzung aus italienischer, böh­mischer und asiatischer Küchenstilistik vollbringt, und das »Essensia« im Luxushotel Mandarin Oriental, wo ebenfalls ein Mix aus asiatischer und tschechischer Küche geboten wird.

Der Klassiker »Comme chez soi« ist die beste Adresse in Brüssel / Foto: beigestellt

Was Luxus und Edeldekor betrifft, so spielen vor allem die Restaurants in Moskau in einer ganz eigenen Liga. Geld scheint für die Inves­toren dabei nur von geringer Bedeutung zu sein, die weltweit renommiertesten Designer und Gastronomieprofis geben sich in Russlands Hauptstadt schon seit Jahren die Tür­klinken in die Hand. So wurde etwa das »Turandot« wie das Bühnenbild einer Puccini-Oper gestaltet, eine aberwitzig opulente Res­taurantinszenierung, für die der in London lebende Asiate Alan Yau verantwortlich ist.

Küchenchef Lionel Rigolet hat die altehrwürdige Küche etwas modernisiert / Foto: beigestelltYau hat in London vor allem in den Neunzigerjahren mit Restaurants wie dem »Hakkasan« und dem »Wagamama« internationale Trends gesetzt.

Bizarre Lokale, exzentrische Clubs und kompromisslos auf Luxus getrimmte Schlemmer­oasen haben aus der einstigen Metropole der Weltrevolution ein Mekka für Maßlose gemacht. Als Nummer eins in Moskau werteten die Falstaff-Tester das »Bal­tschug Kempinski«, wo die Gäste mit Blick auf den Kreml eine sündhaft teure Luxusküche vorgesetzt be­kommen. Und auch im »Nedal’nij Vostock« herrscht Weltstadtatmosphäre. Inhaber Arkadij Nowikow hat beim Design den Sparstift sicherheitshalber in der Schublade gelassen. Als König der Moskauer Gastroszene kann er sich den Aufwand auch leisten, mit rund 40 Lokalen hat Nowikow in den vergangenen Jahren ein durchaus beachtliches Gastronomie-Imperium geschaffen.

Auf der San-Pellegrino-Liste der 50 besten Restaurants des Welt findet sich übrigens kein ­einziges Restaurant aus dem ehemaligen ­Ostblock. Dafür aber eines aus Österreich: Das »Steirereck« landete heuer im Ranking an 22. Stelle. Im Vergleich dazu die Wertung im Falstaff Restaurantguide 2011: 100 Punkte als Maximalwertung und damit – zusammen mit dem Salzburger »Ikarus« – bestes Restaurant ­Österreichs.

Eine Variation vom Lamm im Restaurant »Allegro« / Foto: beigestelltFALSTAFF RESTAURANTGUIDE INTERNATIONAL

Der Falstaff Restaurantguide ist im Buch- und Zeitschriftenhandel, bei Spar Gourmet und Wein & Co zum Preis von € 9,99 erhältlich. Der Guide ­bewertet und beschreibt rund 1100 österreichische und 200 europäische Top-Betrie­be. Erstmals gibt es auch den Falstaff Res­taurantguide International mit den bes­ten Restaurants in 22 Business-Metropolen als ­Extra-Booklet zum Guide. Damit erweist sich der Falstaff Res­taurantguide 2011 als guter und verlässlicher Begleiter auf den kulinarischen Streifzügen durch die heimische und inter­natio­nale Restaurant­szene. ­

ADRESSEN

BERLIN

Vau Kolja Kleeberg
Jägerstraße 54, 10117 Berlin
T: +49/(0)30/202 97 30
Mo.–Sa. 12–14.30 Uhr und 19–22.30 Uhr
www.vau-berlin.de
95 Punkte/4 Gabeln

Fischers Fritz Hotel Regent

Charlottenstraße 49, 10117 Berlin
T: +49/(0)30/20 33 63 63
Täglich 12–14 Uhr und 18.30–22.30 Uhr
www.fischersfritzberlin.com
94 Punkte/3 Gabeln

BRÜSSEL

Comme Chez Soi
Place Rouppe 23, 1000 Brüssel
T: +32/(0)2/512 29 21
Di. und Do.–Sa. 12–13.30 Uhr und 19–21.30 Uhr
Mi. 19–21.30 Uhr
www.commechezsoi.be
95 Punkte/4 Gabeln

 
KIEW

Egoist
Moskovskaya Street 44, 01015 Kiew
T: +38/044/280 22 22
Täglich 10–24 Uhr
88 Punkte/2 Gabeln

Pantagruel
Lysenko Street 1, 01034 Kiew
T: +38/044/279 73 01
Täglich 11–23 Uhr
www.pantagruel.com.ua
88 Punkte/2 Gabeln
 

KOPENHAGEN

Noma
Strandgade 93, 1401 Kopenhagen
T: +45/(0)32/96 32 97
Di.–Sa. 12–13.30 Uhr und 18.30–24 Uhr
www.noma.dk
97 Punkte/4 Gabeln

LJUBLJANA

JB
Miklosiceva 17, 1000 Ljubljana
T: +386/(0)1/474 72 19
Mo.–Fr. 11–23 Uhr, Sa. 18–24 Uhr
www.jb-slo.com
87 Punkte/2 Gabeln

LONDON

Gordon Ramsay
68–69 Royal Hospital Road
SW3 4HP London
T: +44/(0)20/73 52 44 41
Mo.–Fr. 12–14.30 Uhr und 18.30–23 Uhr
www.gordonramsay.com
97 Punkte/4 Gabeln

MOSKAU

Baltschug Kempinski
Ulitsa Balchug 1, 115035 Moskau
T: +7/(0)495/287 20 00
Täglich 7–24 Uhr
www.kempinski-moscow.com
91 Punkte/3 Gabeln

Nedal’nij Vostok

Tverskoi bulvar 15, 123104 Moskau
T: +7/(0)495/694 06 41
Täglich 12–24 Uhr
www.novikovgroup.ru
91 Punkte/3 Gabeln

Turandot
Tverskoi bulvar 26, 127051 Moskau
T: +7/(0)495/739 00 11
Täglich 12–0.30 Uhr
www.turandot-palace.ru
87 Punkte/2 Gabeln

PARIS

Guy Savoy
18 Rue Troyon, 75017 Paris
T: +33/(0)1/43 80 40 61
Di.–Fr. 12–14 Uhr und 19–22.30 Uhr
Sa. 19–22.30 Uhr
www.guysavoy.com
99 Punkte/4 Gabeln

Pierre Gagnaire
6 Rue Balzac, 75008 Paris
T: +33/(0)1/43 80 40 61
Mo.–Fr. 12–13.30 Uhr und 19–21.30 Uhr
So. 19–21.30 Uhr
www.pierre-gagnaire.com
95 Punkte/4 Gabeln

PRAG

Allegro im Hotel Four Seasons
Veleslavínova 2a/1098, 11000 Prag
T: +420/(0)22/142 68 80
Täglich 7–22.30 Uhr
www.fourseasons.com/prague
91 Punkte/3 Gabeln

Essensia im Mandarin Oriental
Nebovidská 459/1, 11800 Prag
T: +420/(0)23/308 88 88
Täglich 12–14.30 Uhr und 18–23 Uhr
www.mandarinoriental.com
91 Punkte/3 Gabeln

ROM

La Pergola
Via Cadlolo 101, 00136 Rom
T: +39/0635/09 21 52
Di.–Sa. 19.30–24 Uhr
www.romecavalieri.com
99 Punkte/4 Gabeln

STOCKHOLM

Mathias Dahlgren Matsalen

Södra Blasieholmshamnen 6
10327 Stockholm
T: +46/(0)8/679 35 84
Di.–Sa. 19–24 Uhr
www.mdghs.com
97 Punkte/4 Gabeln

Text von Herbert Hacker

Aus Falstaff Nr. 4/2011

Herbert Hacker
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